VideoDie Grünen wollten gern Petitionen der Bürger aus ihrer Sicht stärken, indem Livestreams und Videos aus dem beratenden Ausschuss und Debatten auf der Seite leipzig.de ermöglicht würden. Zudem solle der Petitionsausschuss ein beschließender sein, was jedoch den bislang öffentlich beschließenden Stadtrat schwächen könnte. Dass vor allem dies wohl auch die bisherige Zusammensetzung des Ausschusses ändern könnte, waren weitere Befürchtungen. Ein Gegenvorschlag der Verwaltung versuchte, es auf eine Prüfung von Verbesserungsmöglichkeiten der Arbeit des Petitionsausschusses zu reduzieren. Der Schlagabtausch wurde kommunalwahlkampfbedingt etwas heftiger.

Einbringer des Antrages der Grünen war dabei Stadtrat Tim Elschner. Aus Sicht der Grünen sei es an der Zeit, die Petitionen in Leipzig weiter zu modernisieren und dabei auch die Seite leipzig.de der Stadt zu stärken. „In Zeiten, wo die Menschen den Zeitungen den Rücken kehren“, sei es aus Sicht Elschners auch förderlich, auch Debatten auf leipzig.de zu Petitionen zu ermöglichen. Ob dies gerade Webzeitungen wie auch die L-IZ.de gerne hörten, ist eher unwahrscheinlich. Bereits in den vergangenen Monaten hatte es Debatten gegeben, ab wann eigentlich eine kommunale Webseite in den freien Pressemarkt eingreift – ob ein solches Forum nebst Moderation ein solcher steuerfinanzierter Eingriff wäre, ist offen.

Doch die Diskussion entzündete sich eher an der aktuellen Zusammensetzung der sechs gleichberechtigten Vertreter der aktuellen Fraktionen (ohne Gewichtung nach Fraktionsgröße), der vertrauensvollen Arbeit des Ausschusses eben durch Nichtöffentlichkeit und die Frage, ob man mit Livestreams die Anliegen der Bürger noch ernster nähme. Tim Elschner kündigte an, dass sich die Grünen dem Prüfauftrag der Verwaltung anschließen würden, welcher eine Vorlage von Änderungsmöglichkeiten bis zum VI. Quartal 2019 vorsah.

Konrad Riedel (CDU) nannte den Vorschlag der Grünen im Laufe der vielen Redebeiträge verlogen. An Michael Schmidt (Grüne) gewandt, warf er diesem vor, in fünf Jahren, wo dieser Ausschussvorsitzender sei, nicht ein einziges Mal einen Bürger in den Ausschuss zur persönlichen Anhörung eingeladen zu haben.

Naomi-Pia Witte (FDP, Freibeuter) warf dieser später signalisierten Ablehnung des Grünen-Vorschlages durch Stadtrat Riedel für die CDU-Fraktion, sinnbildlich flankierend ihren schwäbischen Kartoffelsalat in die Debatte. Um zu demonstrieren, dass dieser noch immer so gut sei, wie einst von ihrer Großmutter übernommen. Man solle alles bei den Petitionen so lassen wie bislang, so Witte, die eher den zwar quantitativen Anstieg der Petitionen durch die Onlineeinreichung bei gleichzeitig sinkender Qualität der Bürgereingaben kritisierte. Dass man die Bürger zwingend ernster nähme mit Liveübertragungen aus dem Ausschuss konnte sie eher nicht erkennen.

Schwäbischer Kartoffelsalat mit Naomi-Pia Witte (FDP, Freibeuter). Foto: L-IZ.de
Schwäbischer Kartoffelsalat mit Naomi-Pia Witte (FDP, Freibeuter). Foto: L-IZ.de

Tim Elschner (Grüne) hatte dazu noch etwas nachzutragen. Er schilderte Nachfragen und Hinweise von Bürgern bei ihm, dass es wohl Zeit gewesen wäre, diesen Antrag zu stellen. Sie schilderten eher Bedenken, wie man so im Ausschuss mit Petitionen umgehe, er sähe hier eher die Möglichkeit, dass sich Petenten ernster genommen fühlten. Und verwies auf Petitionen, welche bereits von 3.000 Menschen und mehr unterzeichnet worden waren, Menschen, die eben von den Beratungen im Ausschuss nichts mitbekommen bislang.

Michael Schmidt (Grüne) assistierte, wie ernst man denn die Petenten wohl nähme, wenn man diesen nicht die Möglichkeit gebe, ihre Argumente auch noch einmal im Ausschuss öffentlich vorzutragen, in die Debatte mit den Stadträten zu gehen. Sofern gewünscht, hatte bereits vorab Elschner eingeräumt, könnte man den Livestream auch unterlassen, wenn es die oder der Petent wünschten.

Sören Pellmann (Linke) griff ebenfalls in die Debatte ein und verwies darauf, dass die öffentlichen Auseinandersetzungen auf Bundesebene gang und gäbe seien, sofern sie die Persönlichkeitsrechte der Petenten nicht verletzt würden. Doch der Idee, dass der Ausschuss statt des Rates beschließend sein solle, erteilte er unter dem Nicken von OB Burkhard Jung eine Absage. In der Gemeindeordnung Sachsens sei festgelegt, dass er die Petitionen „behandeln“, nicht aber beschließen könne. Jung bekräftigte dies im Anschluss und merkte an: „… und es unterhöhlt die repräsentative Demokratie, nämlich diesen Stadtrat“.

Tobias Keller (AfD) wies am Ende der Debatte darauf hin, dass der Petitionsausschuss ja auch dazu sei, überhaupt festzustellen, was jeweils eine Petition sei und was nicht. Er fragte sich, was „dieser Antrag eigentlich soll“, was klarmachte, dass hier die Grünen wohl keine Mehrheit erhalten würden. Naomi-Pia Witte stellte noch einmal fest, dass es nicht um die Menge der Unterschriften gehen könne, auch „die Oma, die einen Verbesserungsvorschlag für das Sozialamt macht“, sei genauso viel wert.

Im Beschluss ging es dann knapp zu. 27 Ja-Stimmen standen beim Prüf-Vorschlag der Stadtverwaltung 29 Nein-Stimmen und einer Enthaltung gegenüber. Der Urantrag der Grünen fand mit 25 zu 30 Gegenstimmen und 3 Enthaltungen noch weniger Anklang. Es bleibt demnach bei der Bearbeitung der Petitionen der Bürger Leipzigs alles wie gehabt.

Die Debatte zum Petitionsausschuss vom 17. April 2019 im Stadtrat

Video: Livestream der Stadt Leipzig

Zum Nachlesen der (abgelehnte) Beschlussvorschlag der Stadtverwaltung Leipzig

Der Petitionsausschuss wird zu einem beschließenden Ausschuss nach § 41 (1) SächsGemO umgewandelt. Die Hauptsatzung der Stadt Leipzig und die Geschäftsordnungen von Ratsversammlung und Petitionsausschuss sind entsprechend anzupassen.

Folgende Vorschläge und Verfahrensregelungen sind dabei mit umzusetzen: Grundsätzlich sind alle zulässigen Petitionen, die in die Zuständigkeit des Stadtrates fallen, in öffentlichen Sitzungen des Petitionsausschusses zu behandeln, es sei denn, die Petent*innen lehnen dies ab oder datenschutzrechtliche Gründe sprechen dagegen.

Öffentliche Sitzungen des Petitionsausschusses sollen mittels Livestream verfolgt werden können. Stattgefundene öffentliche Sitzungen sollen per Video-on-Demand nachbetrachtet werden können.
Auf Einladung des Petitionsausschusses ist den Petent*innen ein Rederecht einzuräumen, so dass sie ihre Anliegen dem Petitionsausschuss in seinen Sitzungen ggf. persönlich vorstellen können.

Zur Vertiefung eines Sachverhalts ist dem Petitionsausschuss auch die Möglichkeit der Anhörung externer Sachverständiger einzuräumen. Der Oberbürgermeister wird aufgefordert, die Einsicht in Akten zum entsprechenden Vorgang einzuräumen.

Der Petitionsausschuss legt dem Stadtrat jährlich einen Tätigkeitsbericht als Informationsvorlage in Bezug auf das zurückliegende Jahr vor. Der Petitionsausschuss stellt im Rahmen einer Pressekonferenz seinen jährlichen Tätigkeitsbericht vor. Er wird dabei von der Stadtverwaltung unterstützt.

Leipzigs Petitionsausschuss soll endlich ein öffentlich tagendes Gremium werden

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