Eigentlich sollte sich der Stadtrat am 22. Januar auch mit der neuen Polizeiverordnung beschäftigen. Doch die Grünen wollten diesen Punkt von der Tagesordnung nehmen und hatten dank der Unterstützung der AfD auch Erfolg mit ihrem Absetzungsantrag. „Es bestehen zu viele offene Fragen hinsichtlich einzelner Regelungsbereiche“, hieß es seitens der Grünen. Was zu einer drastischen Auskunft des Oberbürgermeisters Burkhard Jung führte.

Aufgrund einer Nachfrage erklärte er bereits zum Beginn der Sitzung am 22. Januar 2020, dass er die Absetzung der Abstimmung zur neuen Polizeiverordnung Leipzigs nach ihrer Rechtmäßigkeit prüfen müsse. Denn die neue Verordnung muss nach 10 Jahren Gültigkeit der alten, welche Ende Dezember 2019 ausgelaufen sei, bis zum 8. Februar 2020 beschlossen sein.

„Wir laufen damit in eine gesetzlose Situation hinein“, quittierte deshalb Jung dann auch den mit 30 Stimmen am Ende positiv votierten Absetzungsantrag, welcher auch für die Fortsetzung der Sitzung am kommenden Mittwoch galt. Zuvor hatte er einen Kompromiss angeboten, die Debatte zur Polizeiverordnung gleich auf den 29. Januar 2020 zu verlegen. Jung selbst kann als Oberbürgermeister nur einen Monat Übergangszeit seit dem 8. Januar 2020 gewährleisten.

Da hätte die neue Polizeiverordnung bereits die alte ersetzen sollen, doch der Verwaltungsvorschlag kam wohl zu spät und trug eine äußerst merkwürdige Handschrift.

Heiko Rosenthal versuchte noch einmal darauf hinzuweisen, dass der Stadtrat die Neufassung seit dem 10. Dezember 2019 vorgelegen hätte. Zuvor hatte Jürgen Kasek (Grüne) den Absetzungsantrag seiner Fraktion so begründet, dass es hier um ein „grundlegendes Thema für das Zusammenleben in Leipzig“ geht. Die Zeit sei nicht gewesen, sich inklusive der Einbeziehung der Bevölkerung mit dieser neuen Vorlage zu befassen.

Demnach könnte es sein, dass die am 22. Januar vorgenommene Absetzung des Beschlusses bis zur Fortsetzung der Sitzung am Mittwoch, 29. Januar 2020, aufgrund der Rechtsungültigkeit durch den OBM zurückgenommen werden muss und die neue Polizeiverordnung erneut zur Abstimmung gestellt wird. Wie sich diese aufgrund der etwa ein Dutzend umfassenden Änderungswünsche bis dahin noch verändert ist offen, aber wohl in der kurzen Zeit nicht mehr zu klären.

Eine reine Ablehnung der neuen Polizeiordnung wäre, sollte die Rechtslage sich so darstellen, am 29. Januar nicht mehr möglich. Der Stadtrat tritt danach erst wieder am 26. Februar 2020 zusammen, bis dahin hätte Leipzig keine gültige Verordnung. Weshalb die Grünen noch vor dem 8. Februar eine Sondersitzung des Rates überlegen.

Weil die Tagesordnung auch in anderen Punkten an diesem Tag nicht abgearbeitet werden konnte, wird die Ratsversammlung so oder so am 29. Januar fortgesetzt.

Die Debatte zur Absetzung am 22. Januar 2020 im Stadtrat

Video: Livestream der Stadt Leipzig

Grüne beantragen Absetzung und Neufassung der Polizeiverordnung in der heutigen Ratsversammlung

Grüne beantragen Absetzung und Neufassung der Polizeiverordnung in der heutigen Ratsversammlung

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