Die CDU-Fraktion hatte es besonders eilig und wollte schon im April wissen, wie teuer die Coronakrise die Stadt Leipzig zu stehen kommen wird. Was nur zu verständlich ist. Fast täglich vermelden diverse Wirtschaftsinstitute neue Zahlen, rechnen den Wirtschaftseinbruch aufs Komma in Prozenten hoch. Aber diese Rechnerei trügt. Schon deshalb, weil auch Leipzig noch mittendrin steckt in Hilfsprogrammen und Kontaktbeschränkungen. Finanzbürgermeister Torsten Bonew (CDU) hat trotzdem versucht zu antworten.

Auch wenn die CDU-Fraktion in ihrer Anfrage selbst zugestehen musste: „Die Corona-Pandemie ist eines der schwierigsten Ereignisse der letzten Jahre, evtl. sogar der letzten Jahrzehnte. Die Spur, die diese in der Wirtschaft und bei den Menschen hinterlassen wird, ist groß und kann per heute noch nicht abgeschätzt werden. Auch die Stadtverwaltung spürt dies derzeit schon bei Mitarbeitern, Aufgaben und Prozessen, die sich geändert haben oder noch ändern müssen. Auch der finanzielle Schaden ist derzeit noch nicht abschließend einschätzbar.“

Nach Informationen der Grünen-Fraktion muss Leipzig mit einem Rückgang der Gewerbesteuereinnahmen von geschätzt 140 Millionen Euro (von etwas über 300 Millionen Euro) rechnen. Mutmaßungen aber zu gestrichenen Investitionsvorhaben kann der Finanzbürgermeister nicht bestätigen. Hier seine kompleten Antworten auf die Fragen der CDU-Fraktion:

Wie schätzt der Oberbürgermeister die finanzielle Situation der Stadt Leipzig ein?

Die Folgen der Corona-Pandemie betreffen die Belange der sächsischen Wirtschaft und der kommunalen Haushalte erheblich.

Sowohl in 2020 als auch für 2021/2022 ist ein massiver Einbruch der kommunalen Steuererträge zu erwarten. Die Landeszuweisungen aus dem FAG wirken derzeit noch stabilisierend. Gleichwohl besteht das Risiko, dass bei einer unveränderten Durchführung des Gleichmäßigkeitsgrundsatzes weitere Mindereinnahmen auf die Kommunen zukommen.

Konkrete seriöse Prognosen zur Höhe des Defizits sind zum jetzigen Zeitpunkt sehr diffizil. Der Deutsche Städtetag prognostiziert derzeit ein zweistelliges Milliardendefizit. Inwieweit die wegbrechenden Steuererträge durch den Bund und den Freistaat unter Berücksichtigung der angezeigten Rettungsschirme überhaupt kompensiert werden können, bleibt abzuwarten.

Wann erwartet der Oberbürgermeister erste konkrete Zahlen, die finanziellen Auswirkungen betreffend?

Wie bereits unter Punkt 1.) ausgeführt, ist die Hochrechnung konkreter Zahlen sehr schwierig.

Eine erste vorsichtige Prognose für 2020 zum Stand 31.03.2020 wurde durch das Dezernat Finanzen erarbeitet. Diese Prognose einschließlich eines Ausblicks auf die Jahre 2021/2022 mit den einzelnen Planungsprämissen sowie Annahmen sollen dem erweiterten FA Finanzen am 11.05. durch die Verwaltungsspitze vorgestellt werden.

Welche Maßnahmen zur Sicherung des Haushaltsausgleiches wurden bereits unternommen?

Wie wird die Wirksamkeit eventueller Maßnahmen eingeschätzt?

Zunächst ist die Sicherung der Handlungsfähigkeit der Stadt wichtig. Dies ist in den letzten Wochen gut gelungen und daran muss die Stadt weiter prioritär arbeiten.

Unter Berücksichtigung der aktuellen Situation wird ein erhebliches Defizit für den Ergebnishaushalt 2020 prognostiziert. Auf den Erlass einer Haushaltssperre wurde vorerst jedoch verzichtet, auch um keine weiteren Beeinträchtigungen in diesen schwerwiegenden Wochen zu riskieren.

Der Beigeordnete für Finanzen hat vor diesem Hintergrund am 20.03.2020 eine Ergänzung zur Haushaltsverfügung vom 28.11.2019 bzgl. der Bewirtschaftung der Haushaltsansätze in Anlehnung an § 28 SächsKomHVO ausgesprochen. Damit wurde geregelt, dass weitere Budgetfreigaben im Ergebnishaushalt nur auf Einzelantrag der Fachämter durch das Dezernat Finanzen erfolgen. Bisher sind diese im Durchschnitt zu 70 % frei. Darüber hinaus sollen dem Grunde nach keine neuen vertraglichen Verpflichtungen zur Erfüllung von freiwilligen Leistungen eingegangen werden.

Zur Begrenzung der Personalaufwendungen hat das Dezernat Allgemeine Verwaltung entsprechende personalwirtschaftliche Maßnahmen eingeleitet. So erfolgt z. B. die Freigabe zur Stellenbesetzung nur mit Begründung des dringenden Erfordernisses.

In diesem Kontext ist jedoch zu beachten, dass für die Investitionsmaßnahmen keinerlei haushalterischen Beschränkungen gelten. Die Investitionsbudgets sind vollständig freigegeben.

Vom SMI liegen mit Schreiben vom 31.03.2020 Hinweise zur buchungstechnischen Umsetzung der im Rahmen der Corona-Pandemie anfallenden Erträge und Aufwendungen bzw. Ein- und Auszahlungen vor. Diese Hinweise werden durch die Stadt Leipzig umgesetzt, alle Corona-bedingten Aufwendungen werden im Sonderergebnis verbucht.

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass die Kommunen es aus eigener Kraft nicht schaffen werden, die Corona-bedingten Ertragsausfälle zu kompensieren. Infolgedessen hat der Freistaat Sachsen in der Medieninformation 070/2020 erklärt, dass es einen sächsischen Rettungsschirm für die Kommunen geben muss.

Es wurde eine Arbeitsgruppe – bestehend aus Vertretern der Staatsministerien des Innern und der Finanzen sowie der kommunalen Spitzenverbände – eingerichtet. Aufgabe dieser Arbeitsgruppe ist es, sämtliche Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die kommunale Ebene zu untersuchen, rechtliche und finanzielle Handlungsbedarfe aufzuzeigen und Maßnahmen vorzuschlagen, mit denen die Kommunen bei der Bewältigung der finanziellen Folgen der Pandemie angemessen unterstützt werden können.

Darüber hinaus vertritt der Deutsche Städtetag die kommunalen Interessen gegenüber dem Bund.

Die Stadt Leipzig geht davon aus, dass es gemeinsame Lösungen geben muss, damit ein gravierender Einbruch bei den kommunalen Aufträgen und Leistungen vermieden werden kann, und wird ihren Beitrag dazu leisten.

Welchen Einfluss hat die aktuelle Situation auf die Aufstellung des Doppelhaushaltes 2021/2022?

Das Haushaltsplanverfahren wurde gestoppt und zeitlich verschoben. Nach aktueller Planung soll der Haushaltsplanentwurf am 16.12.2020 in den Stadtrat eingebracht und im Mai 2021 beschlossen werden (vgl. Vorlage VII-DS-01107).

Wie hoch schätzt der Oberbürgermeister das Risiko ein, dass ein Konsolidierungskonzept beschlossen werden muss?

Wie wird zukünftig mit freiwilligen Leistungen der Stadt Leipzig umzugehen sein?

Nunmehr ist die Sicherung der kommunalen Haushalte die oberste Priorität für die Haushaltsplanung 2021/2022.

Auch wenn möglicherweise eine Kompensation der Steuerausfälle durch den Rettungsschirm des Bundes und des Freistaates erfolgen sollte, verbleiben die Erträge aus Steuern unter Berücksichtigung dieser Kompensationswirkungen maximal auf dem Niveau des Haushaltsplanes 2020. Eine Anpassung an die geänderte Ertragssituation ist demzufolge unabwendbar, sodass eine Neu-Priorisierung der kommunalen Aufgaben für 2021/2022 zwingend notwendig ist.

Die Verwaltungsspitze wird im Rahmen der Haushaltsdurchführung sowie insbesondere im Rahmen der Haushaltsplanung genau prüfen müssen, an welchen Stellen Einschränkungen vertretbar sind.

Welchen Einfluss haben ausfallende Förderleistungen seitens des Bundes und/oder des Landes auf die Haushalts- und Vorhabenplanung?

Hierzu kann zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussage getroffen werden. Ausfallende Förderleistungen seitens des Bundes und/oder des Landes liegen konkret nicht vor.

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