Das Jugendparlament hat einen seiner Anträge noch einmal überarbeitet. Aber nicht, weil die Verwaltung ihn abgelehnt hätte, sondern weil es vielleicht doch gar keine gute Idee war, einfach weiter neue Tafeln ins Stadtgebiet zu hängen. Vielleicht lassen sich ja deutlich bessere Formen der Erinnerung an die Verbrechen der NS-Zeit finden, die im Stadtbild tatsächlich kaum zu erkennen sind.

„Die Stadt Leipzig erkennt an, dass für die menschenverachtenden Verbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus zwischen 1939–1945 eine zeitgemäße Form der Erinnerung und Bewusstmachung notwendig ist und unterstützt die Initiative des Jugendparlamentes, das in der NS-Diktatur begangene Unrecht deutlicher in das Blickfeld der Öffentlichkeit zu rücken“, hatte das Dezernat seine Position zum Antrag des Jugendparlaments erläutert.Denn einen gewissen Stand der Vorarbeit gibt es ja durch die Arbeit des Erinnern an NS-Verbrechen in Leipzig e. V. „Mit der detaillierten Auflistung der Standorte (www.zwangsarbeit-in-leipzig.de/karte) lässt sich eine zeitgemäße Idee entwickeln, die sich zum Beispiel einer digitalen Darstellung und Verbreitung widmet. Die Umsetzung eines solchen digitalen Projektes hätte den Vorteil, dass besonders Schülerinnen und Schüler begleitend im Unterrichtsstoff oder in Projektarbeit sich mit dem Thema vertraut machen können“, betont das Dezernat.

Denn wenn einfach überall Tafeln hängen, wo zum Beispiel überall Zwangsarbeitslager waren, bringt das noch nicht wirklich einen Eindruck vom Ausmaß der Verbrechen der NS-Zeit. Wie macht man so die Lebensbedingungen in diesen Lagern sichtbar? Wie gibt man den dort Internierten – und oft auch dort Gestorbenen – ein Gesicht? Wie macht man jungen Menschen überhaupt klar, wie menschenverachtend der Umgang der Nationalsozialisten mit den Kriegsgefangenen und zur Zwangsarbeit nach Leipzig geschafften Menschen war? Gut möglich, dass sich das mit digitalen Angeboten viel besser darstellen lässt.

„Eine digitale Dokumentation hätte weiterhin den Vorteil, dass die Inhalte zu einer interaktiven und lebendigen Stadtkarte weiterentwickelt werden können“, betont das Kulturdezernat. „Ein solches Projekt kann gemeinsam mit dem Stadtgeschichtlichen Museum, dem Verein ,Erinnern an NS-Verbrechen in Leipzig e. V.‘ und der Gedenkstätte für Zwangsarbeit in Leipzig und weiteren Akteuren entwickelt werden.“

Und deshalb hat das Jugendparlament seinen Antrag zu diesem Thema noch einmal neu geschrieben.

Die Antragspunkte lauten nun:

1. Die Stadt Leipzig erkennt an, dass für die menschenverachtenden Verbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus zwischen 1933–1945 eine zeitgemäße Form der Erinnerung notwendig ist und unterstützt die Initiative, das in der NS-Diktatur begangene Unrecht deutlicher in das Blickfeld der Öffentlichkeit zu rücken.

2. Der Oberbürgermeister begrüßt ausdrücklich die Initiative des Jugendparlamentes und Jugendbeirates und unterstützt die Erforschung und Benennung der historisch belastetet Orte im Stadtgebiet.

3. Gemeinsam mit dem Stadtgeschichtlichen Museum, dem Verein „Erinnern an NS-Verbrechen in Leipzig e. V.“ und der Gedenkstätte für Zwangsarbeit in Leipzig soll eine zeitgemäße (zum Beispiel digitale) Gestaltung zur Erinnerung an diese Orte entwickelt werden.

Und wenn der Antrag flott durch die Gremien läuft, könnte er am 21. April Thema im Stadtrat werden.

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