„Handschwengelpumpen wiederbeleben!“, forderte die Grünen-Fraktion im Leipziger Stadtrat am 30. April, schrieb aber noch keinen Antrag, sondern schickte der Verwaltung erst einmal ein paar Fragen. Denn bevor man eine Wiederbelebung der einst 282 Leipziger Handschwengelpumpen fordert, muss man wissen, was das eigentlich kostet und ob es funktioniert. Auch Handschwengelpumpen brauchen Wasser.

Dabei hatten die Grünen zumindest ein paar Zahlen. „In Leipzig gibt es 30 sanierte und über 30 verfallene Handschwengelpumpen. Weitere in ihrer Zahl nicht bezeichnete sind im Stadtbild nur noch am Sockel oder gar nicht mehr zu erkennen. Auf sie weisen steinerne Grundplatten hin. Insgesamt sind 147 dieser historischen Brunnen in der Denkmalliste verzeichnet“, benannten sie das verfügbare Zahlenmaterial.„Die früher sehr bedeutsamen und oftmals kunstvoll gestalteten Handschwengelpumpen haben mit der Modernisierung der Wasserversorgung an Bedeutung verloren. Doch städtische Brunnen und Trinkwasserstellen sind im Rahmen der Klimaanpassung breit kommuniziertes Thema geworden.“

Die historischen Handschwengelpumpen, die zwar kein Trinkwasser führen, könnten aus Sicht der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen jedoch zu Zwecken der Abkühlung und zum Gießen von Bäumen in den Sommermonaten neue Bedeutung erlangen. Daneben seien sie ein beliebtes spielerisches Objekt für Kinder und touristische Attraktion.

„Handschwengelpumpen fallen im öffentlichen Raum sichtlich auf – gerade auch wenn sie rostig und desolat sind. Sie könnten stärker ins Blickfeld geraten und durch Quartiersplätze aufgewertet werden“, meinte Katharina Krefft, Stadträtin und Fraktionsvorsitzende der Grünen. „Mit dem Bewässerungskonzept, das wir weiterhin erwarten, könnten sie auch in ihrer Nutzbarkeit entdeckt werden – wie viel einfacher lassen sich Gießaktionen für unser Straßengrün bewerkstelligen, wenn Wasser nicht aus der Wohnung herangeschleppt werden müsste. Handschwengelpumpen haben Zukunft.“

Aber um die grundlegenden Fragen zu klären, wandte sich die Grünen-Fraktion mit einer Anfrage erst einmal an die Stadtverwaltung. Auch eine Aufnahme der Handschwengelpumpen in das Spendenaktionswesen der Stadt (ergänzend zu Brunnen, Bäumen und Grabmalen) oder der Leipziger Bürgerstiftung (Bänke) wäre aus bündnisgrüner Sicht denkbar. Dann könnten auch alle Leipziger/-innen sich an der Wiederbelebung dieser historischen Wasserquellen beteiligen!

Dabei hat die Stadt die historischen Pumpen gar nicht aus dem Fokus verloren, wie nun das Dezernat Stadtentwicklung und Bau betont: „Der Erfassung und Pflege der Pumpen kam bereits seit den 1950er Jahren hohe Aufmerksamkeit von Stadtgestaltern und Denkmalpflegern zu. Auch in den späten 1980er und den 1990er Jahren wurden die historischen Handschwengelpumpen als Teile öffentlicher Daseinsvorsorge, der Wasserversorgungssysteme und gründerzeitlicher Straßenplanungen ergänzend erfasst und von den Leipziger Wasserwerken instandgesetzt und gepflegt.“

„Von den ehemals 282 Handschwengelpumpen sind bis heute mehr als die Hälfte erhalten. Davon stehen 142 als Kulturdenkmale unter Denkmalschutz. Das Verkehrs- und Tiefbauamt der Stadt Leipzig ist zuständig für die historischen Handschwengelpumpen im öffentlichen Raum. Um das Jahr 2000 wechselte auch der Betrieb von den Leipziger Wasserwerken zum Verkehrs- und Tiefbauamt. Aktuell gibt es 20 funktionstüchtige Standorte, die vom Verkehrs- und Tiefbauamt unterhalten und bei Bedarf instandgesetzt werden. Bei weiteren 100 Standorten, die nicht mehr in Funktion bzw. rudimentär erhalten sind, sorgt das Verkehrs- und Tiefbauamt für die Sicherheit“, so das Dezernat.

„Aber nicht alle Standorte lassen sich auch wieder funktionstüchtig machen. So kann es bei den 120-jährigen Brunnenschächten zu Standsicherheitsproblemen bei zu großem Grundwasserentzug und sinkendem Grundwasserspiegel kommen“, wie das Planungsdezernat feststellt. Und „letztlich ist auch der Grundwasserentzug an sich zu bedenken, der lokal ggf. zu weiteren negativen Effekten führt.“

Die Brunnenschächte sind in der Regel zehn Meter tief. Das heißt: Man darf nicht nur den Pumpenkörper überm Straßenniveau betrachten, sondern muss auch die Standfestigkeit des Brunnens überprüfen. Das entscheidet dann auch mit darüber, wie teuer eine Pumpensanierung wird. Ein Budget dafür gibt es im Leipziger Haushalt tatsächlich, aber nur ein kleines.

„Nach derzeitigem Stand müssen für die Wiederherstellung eines kompletten Pumpenstandortes Kosten von mindestens 50.000 € kalkuliert werden. Dies setzt voraus, dass der unterirdische Pumpenschacht noch intakt ist. Andernfalls erhöhen sich die Kosten nochmals um 20.000 bis 25.000 €“, teilt das Planungsdezernat mit. „Bisher sind im Haushalt dafür jährlich Finanzmittel unter dem PSP-Element 1.100.54.1.0.01.08 in Höhe von 20.000 € bereitgestellt. Mit diesen Mitteln konnten in den vergangenen Jahren je Haushalt ca. 2 Handschwengelpumpen in geringerem Umfang restauriert werden.“

Das ist wirklich nicht viel und reicht wirklich nicht, um ein umfassendes Instandsetzungsprogramm für die noch unsanierten Handschwengelpumpen in Gang zu setzen: „Der Erhalt und die Sanierung der historischen Handschwengelpumpen kann daher nur schrittweise mit den zur Verfügung gestellten Mitteln erfolgen. Planungen für eine stadtweite Sanierung und Wiederinbetriebnahme der Handschwengelpumpen bestehen derzeit nicht.“

Was wohl auch heißt, dass die Grünen gar nicht so falsch lagen, als sie die Aufnahme der Handschwengelpumpen ins Leipziger Spenderprogramm ansprachen. Das bestätigt auch das Planungsdezernat: „Eine planmäßige Instandsetzung und Restaurierung der Handschwengelpumpen auf der Grundlage eines Konzeptes und die Aufnahme in das Spendenwesen der Stadt Leipzig sind wünschenswert. Um das Thema zu priorisieren, bedürfte es der entsprechenden personellen und finanziellen Ausstattung des Baufachamtes und der Klärung von Haftungsfragen.“

Es geht also auch hier nur mit zusätzlichem Geld und zusätzlichem Personal, auch wenn man die Pumpen trotzdem nicht nutzen kann, um das Leipziger Bewässerungsprogramm abzusichern. Dafür ist das Abpumpen für die großen Wasserbehälter der Stadtreinigung zu umständlich. Für lokale Aktionen von Anwohnern freilich, die damit ihre Patenbäume gießen wollen, sei das Wasser aus den Pumpen ganz gut geeignet.

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