Offiziell ging der Leipziger Mängelmelder im April online. Schon allein in den ersten Wochen gab es über 1.000 Meldungen der Leipziger/-innen, wie jetzt eine Anfrage von Linke-Stadtrat Oliver Gebhardt ergab. Augenscheinlich war es höchste Zeit für diese Möglichkeit, Ordnungsamt und Stadtreinigung über Müll und Schäden im öffentlichen Raum zu informieren.

Dabei ging der Mängelmelder ja erst am 19. April online. Aber tatsächlich machte er ja ziemlich schnell deutlich, wie rücksichtslos etliche Mitbürger mit dem öffentlichen Raum umgehen. Es überrascht nicht, dass zwei Drittel aller gemeldeten Mängel sich mit Müll im öffentlichen Raum beschäftigen. Zuweilen hat man ja wirklich das Gefühl, einige Zeitgenossen betrachten die Stadt als öffentliche Müllkippe.Es landen ja nicht nur weggeworfene Kaffeebecher, Pizzakartons, Hundekackbeutel und Zigarettenkippen auf den Straßen. Mittlerweile häufen sich die ganz privaten „Sperrmüllplätze“, an denen einige Menschen ihren Hausrat abwerfen – meist wohl mitten in der Nacht, wenn keiner sieht, wie sie kaputte Sessel, Spielsachen, Stühle, Mixer und Kinderzimmerinhalte wegschaffen, weil ihnen der Weg zum nächsten Sperrmüllplatz zu weit ist.

Etliches landet ja auch direkt in den Leipziger Flüssen, obwohl eigentlich alle wissen, dass es dort Frühjahr für Frühjahr mühsam wieder herausgefischt werden muss.

Und auch die vielen Schrottfahrräder finden Erwähnung, die immer wieder im Straßenraum auftauchen, wild abgestellt und an den seltsamsten Stellen angekettet – und binnen kurzer Zeit verschwinden Räder und Ketten, Lenker und Sattel – nur das rostige Gerippe erinnert dann noch daran, wie gleichgültig einige Leute mit einem Gegenstand wie ihrem Fahrrad umgehen.

Gebhardt hatte auch gleich noch die Gesamtzahlen abgefragt. Denn bis Mitte Mai waren ja weitere Meldungen zusammengekommen, auch wenn sich am Übergewicht der Meldung von Müllproblemen nichts änderte.

Interessiert hat ihn natürlich, ob Ordnungsamt und Stadtreinigung auch abgerechnet haben, was sie von all diesen Meldungen geschafft haben abzuarbeiten. Aber gerade diese Auswertung bekommt er nicht.

Was auch Gründe hat, wie der Eigenbetrieb Stadtreinigung betont: „Es ist nicht auswertbar, welche Mängel im Monat April behoben worden sind. Es ist lediglich auswertbar, wie viele Mängel als ,erledigt‘ eingestuft worden sind. Dabei ist nach Art des Mangels und des verantwortlichen Bereiches zu differenzieren. Grundsätzlich bedeutet erledigt, dass der Vorgang bearbeitet wurde. Im Ergebnis muss nicht immer die Behebung des Mangels stehen, z. B. wenn es sich nicht um ein Schrottfahrrad handelt oder die Müllablagerung tatsächlich nicht im öffentlichen Bereich lag.“

Die Mängelmeldungen aus dem April 2021. Grafik: Stadt Leipzig
Die Mängelmeldungen aus dem April 2021. Grafik: Stadt Leipzig

Bei Schrottfahrrädern taucht dann meist eine Banderole am sichtlich verlotterten Fahrrad auf, mit der ein möglicher Besitzer darauf hingewiesen wird, das sein Fahrrad demnächst ordnungsamtlich abgeholt wird. Erst wenn sich kein Besitzer meldet, werden diese Fahrradleichen dann entsorgt.

Falschmeldungen gibt es auch, aber auch dazu gibt es keine Auswertung. Wobei die Stadtreinigung davon ausgeht, dass sich die Zahl der Meldungen noch erhöhen wird, je bekannter der Mängelmelder wird.

Was dann auch erhöhten Personalbedarf mit sich bringt, um die Mängel auch zeitnah beseitigen zu können: „Seitens des EB SRL ist eine zusätzliche personelle und technische Ausstattung mit mindestens drei Fahrzeugen und sechs Mitarbeitern notwendig, um eine zügigere Bearbeitung zu ermöglichen. Nach knapp einem Monat Betrieb des Mängelmelders Leipzig befinden sich alle Beteiligten nunmehr aufgrund vorliegender erster praktischer Erfahrungen im Abstimmungsprozess.“

Drei zusätzliche Fahrzeuge und sechs zusätzliche Mitarbeiter allein im Eigenbetrieb Stadtreinigung?

Was natürlich auch wieder zeigt, dass Müll eben nicht einfach „verschwindet“. Im Gegenteil: Die Leute, die ihren Müll einfach in den Straßenraum, Parks und Flüsse schmeißen, verursachen sogar höhere Kosten, nur dass nicht sie diese Kosten bezahlen, sondern die Allgemeinheit.

Hinweis der Redaktion in eigener Sache

Seit der „Coronakrise“ haben wir unser Archiv für alle Leser geöffnet. Es gibt also seither auch für Nichtabonnenten alle Artikel der letzten Jahre auf L-IZ.de zu entdecken. Über die tagesaktuellen Berichte hinaus ganz ohne Paywall.

Unterstützen Sie lokalen/regionalen Journalismus und so unsere tägliche Arbeit vor Ort in Leipzig. Mit dem Abschluss eines Freikäufer-Abonnements (zur Abonnentenseite) sichern Sie den täglichen, frei verfügbaren Zugang zu wichtigen Informationen in Leipzig und unsere Arbeit für Sie.

Vielen Dank dafür.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Es gibt 2 Kommentare

Es gibt durchaus Strafen @Christian. Aber wenn das Risiko erwischt zu werden nahezu bei Null liegt, dann haben noch so hohe Strafen auch bloß keine steuernde Wirkung. Das ist wie mit den zugeparkten Radwegen…

Einerseits eine sehr gute Sache; öfter sieht man, wie sogenannte Bürger von Leipzig ihre Stadt verschandeln.

Andererseits ärgere ich mich, dass nun auch die Übeltäter genüsslich davon ausgehen können, dass ihr illegal entsorgter Müll schnell entsorgt wird.

Gibt es eigentlich Strafen dafür und sind diese abschreckend?

Schreiben Sie einen Kommentar