Am 5. Juli 2020 traten in sechs Leipziger Stadtgebieten die vom Stadtrat beschlossenen sozialen Erhaltungssatzungen in Kraft. Und seither war gerade von Immobilieneigentümern eine Menge geharnischter Kritik zu hören – die Satzungen würden wichtige Modernisierungen und Anpassungen an die Bedarfe der Mieter unmöglich machen. Aber wenigstens für die ersten sechs Monate im Jahr 2020 gilt das nicht, informierte am 24. Juni Baubürgermeister Thomas Dienberg.

Er beantworte damit ein Fragenpaket der CDU-Fraktion im Stadtrat.Und auch wenn die CDU-Fraktion auch noch die Zahlen von 2018 und 2019 haben wollte, beschränkte sich Dienberg auf die Anträge, die in den Geltungszeitraum der sozialen Erhaltungssatzung fielen. Das waren immerhin 92 Genehmigungsanträge, also Anträge, die so sehr in die Bausubstanz eingreifen, dass das Amt für Bauordnung und Denkmalpflege sein o.k. dazu geben muss.

Wobei Dienberg anmerkte, dass deutlich mehr Wohnungen in diesem Zeitraum saniert wurden. Aber wo es keine Änderungen an der Bausubstanz selbst gibt, braucht es auch keine Genehmigung. Weshalb die Stadt zu den vielen nicht genehmigungspflichtigen Sanierungen auch keine Zahlen hat.

Von den 92 Anträgen waren 78 einfach baugenehmigungspflichtig, berührten aber nicht das Regulierungsfeld der sozialen Erhaltungssatzung, die ja vor allem eine deutliche Aufwertung der Wohnung (Stichwort: Luxussanierung) verhindern soll.

In dieses Feld fielen 14 Anträge, von denen 11 abgelehnt wurden, so Dienberg.

Wobei diese 11 Anträge allesamt auf einen einzigen Antragsteller entfielen, der in seinen Häusern die schon bestehenden Wechselsprechanlagen durch Video-Wechselsprechanlagen ersetzen wollte. Eindeutig also eine Aufwertung, die mit den vor Ort geltenden Standards nichts zu tun hat, wo in der Mehrzahl der Häuser klassische Wechselsprechanlagen üblich und vorhanden sind.

Aber natürlich werden auch Bauanträge, die zum Beispiel in Denkmalschutzbelange eingreifen, nicht einfach durchgewinkt.

Das war dann von der dritten Frage der CDU-Fraktion mit erfasst: „Bei wie vielen der unter Frage 1 aufgeführten Bauvorhaben, konnte durch Planungsanpassungen seitens der Bauvorhabenträger die Umsetzung schließlich ermöglicht werden?“

Und hier gab Dienberg im Grunde einen kleinen Einblick in die tägliche Arbeit des Amtes für Bauordnung und Denkmalpflege. Denn von den 92 Bauanträgen wurden eben nicht alle einfach so durchgewinkt. Bei 25 Anträgen wurden die Bauherren bzw. die von ihnen beauftragten Architekten zur Erörterung eingeladen, um die beantragten Maßnahmen anzupassen, sodass sie den Leipziger Vorschriften genügen. Und alle 25 Erörterungen führten auch dazu, dass die Maßnahme letztlich genehmigungsfähig wurde.

Natürlich ist das erst einmal nur ein Ausschnitt und betrifft nur die ersten sechs Monate der Gültigkeit der sozialen Erhaltungssatzungen. Aber Dienbergs Auskunft macht schon deutlich, dass es die unvereinbaren Fronten, wie sie zuweilen im politischen Schlagabstausch zelebriert werden, so nicht gibt. Auch wenn natürlich spürbar wird, dass die Satzungen tatsächlich einen wunden Punkt getroffen haben.

Wer Häuser bzw. Wohnungen in den sechs Erhaltungsgebieten besitzt, kann nicht mehr einfach so den Bestand aufwerten, um anschließend deutlich höhere Mieten verlangen zu können. Er ist jetzt an den Rahmen gebunden, die Wohnungsbestände nur in dem Maß zu modernisieren, dass es nicht zur Verdrängung von Mietern mit niedrigen Einkommen kommt.

Was nicht bedeutet, dass die Mieten nicht trotzdem steigen können. Denn zum Beispiel Neubau im Gebiet wird von der sozialen Erhaltungssatzung nicht berührt, verändert aber zwangsläufig das durchschnittliche Mietniveau.

Die Debatte vom 24. Juni 2021 im Stadtrat

Video: Livestream der Stadt Leipzig

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