Am Dienstagabend, 14. September, fand die zweite Podiumsdiskussion des BUND Leipzig zur Bundestagswahl 2021 statt. Veranstaltungsort war der Garten des Budde-Hauses. Abermals anwesend waren Vertreter/-innen von: Bündnis 90 / Die Grünen, CDU, SPD, FDP und Die Linke. Diesmal durften die Direktkandidat/-innen des Nordens ­– Wahlkreis 152: Leipzig I – zu wichtigen sozial-ökologischen Themen Stellung beziehen. Schön im Freien, am Ende auch mit frechen Mücken.

Ein bunter Mix aus ausgelosten Fragen, Diskussionsrunden, kurzen Vorträgen und Zuschauerfragen sorgte für einen kurzweiligen Abend. Die zahlreichen Besucher/-innen erlebten größtenteils faire, wenn auch durchaus hitzig geführte Debatten über gerechtere Steuerpolitik, Ressourcenverbrauch, Klima- und Energiepolitik sowie nachhaltiges Wohnen. Hierfür lieferte die gemeinschaftliche Zukunftsagenda des BUND und Paritätischen Wohlfahrtsverbands abermals die Diskussionsbasis.Wobei zu betonen ist – was auch Martin Hilbrecht als Vorsitzender des BUND Leipzig und Moderator des Abends ansprach –, dass die fünf Kandidat/-innen im Grunde sehr fair miteinander umgegangen sind und gezeigt haben, dass eine demokratische Debatte auch möglich ist, wenn man schwer vereinbare Positionen vertritt. Wobei eine Zuschauerfrage ja darauf zielte, ob sich Grüne und SPD überhaupt eine konsistente Klimapolitik vorstellen können mit einem möglichen Koalitionspartner CDU oder FDP?

Eine eigentlich verzwickte Frage, was auch René Hobusch, der FDP-Kandidat, nur zu gern ansprach, denn was in den nächsten vier Jahren umsetzbar ist, entscheidet sich in den Koalitionsverhandlungen. Und dort spielt eine eminente Rolle, wie stark jeder einzelne Koalitionspartner im Bundestag vertreten ist. Fühlt sich da der kleinste Koalitionspartner übergangen, weil die anderen beiden schon vorab Vereinbarungen getroffen haben, wird es schwierig.

Aber schwierig wird es auch danach – das sprach Linke-Kandidatin Nina Treu zum Beispiel an –, dann wird man in einigen Wirtschaftsbereichen, wo dringend starke Änderungen notwendig sind, mit heftigem Widerstand und großen medialen Kampagnen rechnen müssen, egal, ob das nun das Ende der Automobilität in der heutigen Form sein wird, Tempo-Beschränkungen in den Städten oder eine sozial-ökologische Wohnungspolitik, bei der gerade großen Wohnungskonzernen die Spielräume beschnitten werden, die Mieter aber von den Lasten der ökologischen Sanierung möglichst verschont werden sollen.

Der BUND hat seine Forderungen zur Bundestagswahl zusammen mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband in einem Forderungspapier niedergeschrieben. Nachlesen kann man es hier.

Die Kandidat/-innen für das Podium im Gespräch. Foto: LZ
Die Kandidat/-innen für das Podium im Gespräch. Foto: LZ

Und bei der Vorstellungsrunde am abendlichen Buddehaus wurde schon deutlich, dass es da mit den Kandidat/-innen von Grünen, Linken und SPD große Übereinstimmungen gibt.

Jens Lehmann (CDU) musste sich zwar im Lauf des Abends mehrfach vorwerfen lassen, dass gerade seine Partei sich bis heute schwertut, wirklich Ziele bei der Herstellung der Klimaneutralität in Deutschland zu setzen.

Aber deutlich wurde auch an diesem Abend, dass zumindest Lehmann und FDP-Kandidat René Hobusch deutliche Veränderungen (im Vergleich zu dem, was ihre Parteien auf Bundesebene bislang abgeliefert haben) in der Einstellung zur Notwendigkeit eines großen Umsteuerns in der Klimapolitik zeigten.

Auch wenn Jens Lehmann eher auf Wissenschaft und Innovationen setzen mag. Hobusch machte sich zwar nicht gerade lieb Kind beim Publikum, als er immer wieder aus der Position eines starken Befürworters der zentralen Rolle des freien Marktes argumentierte.

Aber auch er ist überzeugt, dass ein steigender CO2-Preis die wohl stärkste Triebkraft für den Umbau sein wird. Denn natürlich stecken wir in einer freien Marktwirtschaft. Und daran wird auch die Bundestagswahl nichts ändern. Und da gibt es nun einmal zwei entscheidende Steuerungsmittel: die Steuern und die Preise.

Das Wahlpodium des BUND am Buddehaus. Foto: LZ
Das Wahlpodium des BUND am Buddehaus. Foto: LZ

Zu den möglichen zu erhebenden Vermögens- und höheren Einkommenssteuern sowie der Einführung einer Finanztransaktionssteuer durften die Kandidat/-innen schon zu Beginn der Runde Stellung nehmen. Und während sich Lehmann und Hobusch gegen Steuererhöhungen deutlich aussprachen (Lehmann befürwortet immerhin die Finanztransaktionssteuer), sprachen die anderen drei Kandidat/-innen die Notwendigkeit an, gerade die Reichen und Vermögenden beim ökologischen Umbau der Gesellschaft stärker in die Pflicht zu nehmen.

Auch aus einem ganz rationalen Grund: Es sind die Gutverdiener im Land, die das höchste Aufkommen an CO2-Emissionen haben, indem sie mehr konsumieren, mehr Energie verbrauchen, mehr reisen und auch im Alltag mehr mit Auto mobil sind.

Eigentlich ein ganz simpler Marktgedanke, dass diejenigen, die das Klima stärker schädigen, auch mehr bezahlen für den Umbau des Landes.

Und es wird eine Herkulesaufgabe. Das wurde auch klar. Denn der massive Ausbau der alternativen Energiegewinnung muss praktisch sofort in großem Tempo vorankommen. Denn allein um die Chance zu wahren, die eigenen Klimaziele zu erreichen, muss Deutschland bis 2030 aus der Kohle raus, nicht erst 2038. Das betonte Marie Müser (Grüne). Wobei Holger Mann (SPD) so ganz nebenbei noch etwas anmerkte, was kaum für Aufsehen sorgte, aber wahrscheinlich so passieren wird: Dass die steigenden CO2-Preise dafür sorgen werden, dass der Kohleausstieg schon in fünf Jahren passiert.

Denn einerseits sorgt die (Billig-)Stromproduktion der Kohlekraftwerke dafür, dass die EEG-Umlage den Strom für alle verteuert. Andererseits sorgt das auch dafür, dass alternativer Strom regelrecht ausgebremst wird, die Energiewende den Konsumenten also über den Strompreis nicht zugutekommt.

Aber aufhorchen durfte man auch bei Jens Lehmanns Aussage, dass er Elektromobilität für einen Holzweg hält. Auch er sieht, dass der ÖPNV in Deutschland (und Leipzig) überhaupt nicht so weit ausgebaut ist, dass er tatsächlich zum Träger der Mobilitätswende werden kann. Hier wurden schon vor Jahrzehnten die falschen Weichen gestellt.

Die dann auch zu den fatalen Zuständen auf dem flachen Land geführt haben, die René Hobusch so schön beschrieb. Und natürlich hat er damit recht, dass die Probleme in den ländlichen Räumen schon heute viel größer sind als in den Großstädten – und dass bislang noch niemand wirklich Ideen hat, wie man die Menschen in den ländlichen Räumen mitnehmen kann, auch wenn das beim Thema Windkraftausbau zumindest angerissen wurde.

So gesehen tatsächlich die spannendste und erhellendste Bundestagswahldiskussion der letzten Tage, gerade auch weil sie vom BUND auf drei zentrale Fragen im Klima-Wahlkampf fokussiert wurde. Und gerade Jens Lehmann und René Hobusch ließen spüren, dass sie aus den vergangenen Wahlpodien sehr wohl gemerkt haben, dass das zentrale Thema dieser Wahl die Klimapolitik ist.

Und dass keine Partei, die dann nach dem 26. September in der Regierungskoalition sitzen wird, umhinkommen wird, wirklich handfeste Klimapolitik für Deutschland zu machen. Und damit – so fordert es Marie Müser – auch auf europäischer Ebene.

Aber lassen Sie sich selbst von der zweistündigen Runde unterhalten (und von einigen frechen Mücken, die besonders Nina Treu zu schaffen machten).

Was aus Sicht des BUND wichtig war

Im Hinblick auf eine allgemeine sozial-ökologische Transformation betont Holger Mann (SPD), wie wichtig ein gerechtes Steuersystem ist: „Durch die CO2-Bepreisung werden wir überproportional Belastungen für die Menschen bekommen, die wenig verdienen. Deswegen braucht es hier eine Entlastung […] Stärkere Schultern müssen mehr Lasten tragen“.

Insbesondere bei zukünftigen Fragen des Energieverbrauches muss energieeffizienter, aber sozial verträglich Strom erzeugt werden. Marie Müser (Grüne) möchte „Klimaschutz sozial gestalten“ und schlägt konkret als Möglichkeit einen „Transformationsfond“ vor. Dieser soll dabei helfen, den Ausstieg aus der schädlichen fossilen Energiegewinnung zu beschleunigen, ohne die betroffenen Beschäftigten zu vergessen.

Nina Treu (Die Linke) geht noch ein Stückchen weiter und stellt klar: „Wenn wir wirklich eine Energiewende haben wollen, müssen wir auf eine demokratische Energieerzeugung umstellen […] Für eine Energiewende müssen wir uns mit den Konzernen anlegen.“ Eine Energiewende könne demnach nicht geschehen, wenn die Wirtschaftsstruktur insgesamt nicht infrage gestellt wird.

In der Vergangenheit hat die Politik Klima- und Umweltschutz oftmals ignoriert und wichtige Chancen nicht genutzt. Die Bundestagswahl 2021 ist eine Klimawahl. Wir werden sehen, ob die neue Regierung auch im Sinne des Klimaschutzes handelt oder abermals leere Versprechungen den Wahlkampf prägten.

BUND-Podiumsdiskussion zur Bundestagswahl

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