Eigentlich ist alles geregelt. Sieben Punkte listete das Amt für Bauordnung und Denkmalpflege in seiner Stellungnahme zu einem Antrag der Linksfraktion auf, mit dem diese eine Grünsatzung für Leipzig gefordert hatte. Rechtlich betrachtet ein überflüssiger Antrag, weil doch schon lauter Gesetze und Paragrafen existieren, die Flora und Fauna in der Stadt schützen. Dumm nur, dass kaum einer dieser Paragrafen in Leipzig konsequent zur Anwendung kommt.

Emotionen gingen im Stadtrat hoch

Denn sie stehen in völlig verschiedenen Gesetzen, die meisten in der sächsischen Bauordnung. Aber im Grunde fehlt zu den kenntnisreichen Ausführungen des Amtes für Bauordnung und Denkmalpflege auch eine Auswertung, wie oft diese Rahmensetzungen für Natur- und Artenschutz außer Kraft gesetzt werden.

Oder gar kontrolliert werden. Das war ja in den vergangenen Jahren immer wieder Thema im Leipziger Stadtrat, dass genau dieses auch für die Kontrolle zuständige Amt stets erwiderte, es hätte gar nicht das Personal, die Einhaltung der naturschutzrechtlichen Rahmensetzungen zu kontrollieren.

Also wurden Vorgärten geschottert, gesunde Bäume gefällt, Nistplätze vernichtet, Stellplätze für Autos versiegelt, ganze Innenhöfe für Regenwasser undurchlässig gemacht … Umsonst schlugen ja die Emotionen im Stadtrat nicht so hoch.

Wenn der Ärger Wirkung zeigt

Doch der Ärger scheint Wirkung gezeigt zu haben. Das Amt für Bauordnung und Denkmalpflege beantwortete den Antrag der Linksfraktion zur Grünsatzung zwar in der ersten Stellungnahme  mit lauter Paragrafen, die aus Verwaltungssicht schon völlig genügen, die Ziele zu erreichen, die eine Grünsatzung bündeln soll.

Aber was nutzen Paragrafen in der Bauordnung, wenn Bauherren sich trotzdem nicht dran halten?

Das Amt besann sich also und ließ dieser ersten, völlig inakzeptablen Stellungnahme zur ersten Fassung des Linke-Antrags eine deutlich andere Stellungnahme zum neu gefassten Antrag der Linksfraktion-Fassung folgen.

Satzung in Arbeit

Und diese neue Fassung erzählte dann etwas, was die erste Fassung in durchaus seltsamem Licht erscheinen ließ: „Ein Entwurf einer Freiflächengestaltungssatzung (Begrünungssatzung) ist bereits erstellt. Integrierter Bestandteil dieses Satzungsentwurfs sind auch Vorgaben zur Gestaltung von Vorgärten, die unter einer Ordnungswidrigkeitenregelung bewehrt sind. Derzeit erfolgt die Beteiligung der Ämter, deren Aufgabenstellung von den Regelungen der Satzung berührt sind. Hierbei sind insbesondere die vorgeschlagenen Regelungen der Satzung mit den Inhalten anderer Satzungen und bestehenden oder sich in Arbeit befindenden kommunalen Richtlinien abzugleichen.“

Warum schreibt man erst eine paragrafengespickte Ablehnung, wenn man doch selbst die Notwendigkeit einer solchen Satzung sieht? Denn auch die Mitarbeiter des Amtes für Bauordnung und Denkmalpflege wohnen ja in Leipzig, dürften selbst erfahren haben, wie es sich anfühlt, in einer aufgeheizten Stadt ohne Schatten und Bäume zu leben.

Am Mittwoch, 10. November, landet der neu gefasste Antrag der Linken in der Ratsversammlung und könnte eine wichtige Entscheidung fallen. Die Parlamentarier/-innen werden dann wohl über die ursprünglich vom Ökolöwen entwickelte Idee zur Implementierung einer Grünsatzung abstimmen.

Ökolöwe voller Erwartungen

„Dafür haben wir anderthalb Jahre gekämpft. Im Mai 2020 haben wir Ökolöwen zum ersten Mal gefordert, dass Leipzig ein kommunales Gesetz für Bauherr/-innen erlässt“, sagt der umweltpolitische Sprecher der Ökolöwen, Jeremias Kempt.

„Darin werden Standards zum grünen Bauen definiert: bewachsene Fassaden, blühende Dachgärten und grüne Hinterhöfe mit Wiesen, Bäumen und Hecken. Diese Aspekte müssen mit Leipzigs Grünsatzung verbindlich werden und so bei jedem neuen Bauprojekte umgesetzt werden. Denn die Auswirkungen der Klimakrise und das Artensterben werden nur die Städte aufhalten können, in denen es ausreichend Stadtgrün und begrünte Gebäude gibt. In Leipzig geht der Trend jedoch hin zu Betonklötzen und Schottergärten.“

Deshalb hatte der Ökolöwe die Idee für eine Grünsatzung in Leipzig.

Die Fraktion „Die Linke“ hat die Forderung des Umweltverbandes aufgenommen und in den Stadtrat eingebracht.

Kritik des Ökolöwen

„Statt einer schnellen Zustimmung ist der Antrag jedoch monatelang am Amt für Bauordnung gescheitert“, kritisiert Kempt. „Es wurde fälschlicherweise behauptet, dass die Umsetzung nicht möglich sei. Doch von diesem vorgeschobenen Argument haben wir Ökolöwen uns nicht beirren lassen, ganz im Gegenteil: Wir haben weiter Druck gemacht – mit Erfolg.“

Nun, fast anderthalb Jahre später, hat die Stadtverwaltung ihre Position deutlich geändert. Das heißt konkret: Die Stellungnahme des Amtes für Bauordnung empfiehlt jetzt, eine Grünsatzung zu erarbeiten. Und sie zeigt, dass das Baudezernat bereits an einem Entwurf arbeitet, der Ende des ersten Quartals 2022 vorliegen soll.

„Wir appellieren deshalb an alle Stadträt/-innen: Stimmen Sie der Grünsatzung zu!“, sagt Jeremias Kempt. Sie könne freilich auch der Stellungnahme der Verwaltung zustimmen, die ja diese Grünsatzung für das Frühjahr 2022 in Aussicht stellt.

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