Da wunderten โ€“ bzw. รคrgerten โ€“ sich nicht nur die Grรผnen im Leipziger Stadtrat. Denn am 18. April 2018 beschloss der Stadtrat auf Initiative der Fraktion Bรผndnis 90 / Die Grรผnen die Erarbeitung eines โ€žMaรŸnahmenkatalogs zum Schutz von Wild- und Honigbienen in Leipzigโ€œ. Nur kam der einfach nicht. Nicht 2019. Nicht 2020. Auch nicht 2021. Und so stand am 15. Juni die vierte Nachfrage der Grรผnen zum Bienenschutz auf der Tagesordnung der Ratsversammlung.

Die Antwort aus dem Amt fรผr Umweltschutz auf diese neue Anfrage der Grรผnen war dann doch etwas frappierend, denn sie gab einen kleinen Einblick in das Rรคderwerk einer Verwaltung, in der alle beteiligten ร„mter die Vorlage mitzeichnen mรผssen, bevor sie in die Dienstberatung des Oberbรผrgermeisters und dann in den Stadtrat geht.

Stellt sich nur ein Amt quer, weil ein Konflikt aus Sicht von Amtsleiterin oder Amtsleiter nicht gelรถst ist, geht die Vorlage zurรผck. Und das scheint ausgerechnet dem โ€žMaรŸnahmenkatalog zum Schutz von Wild- und Honigbienen in Leipzigโ€œ mehrmals passiert zu sein.

Scheitern im ร„mterdurchlauf

Das Amt fรผr Umweltschutz schildert dieses Scheitern der Verwaltung an sich selbst so:

โ€žIn Aufgabenwahrnehmung als untere Naturschutzbehรถrde hat das Amt fรผr Umweltschutz (AfU) der Stadt Leipzig einen ersten Entwurf erarbeitet und im Jahr 2019 mit den stรคdtischen ร„mtern, dem Eigenbetrieb Stadtreinigung Leipzig und den Tochterunternehmen der Leipziger Gruppe (Stadtwerke, Verkehrsbetriebe, Wasserwerke und Sportbรคder) und der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH (LWB) abgestimmt. โ€“ Insbesondere zwischen dem Amt fรผr Stadtgrรผn und Gewรคsser (ASG) und AfU fand ein intensiver fachlicher Austausch statt. Zahlreiche Anmerkungen des ASG wurden bei der รœberarbeitung des ersten Entwurfes in die vorliegende Fassung รผbernommen.โ€œ

So weit schien das alles noch seinen Gang zu gehen. Aber 2020 (da hatten die Grรผnen schon zwei Mal nachgefragt) begannen die Probleme erst richtig: โ€žNach einer zweiten Beteiligungsrunde im Jahr 2020 wurde unter Abwรคgung der eingegangenen Stellungnahmen die vorliegende 1. Fassung des โ€šMaรŸnahmenkataloges zum Schutz von Wild- und Honigbienen in Leipzigโ€˜ erstellt. โ€“ Wie in der Antwort auf die schriftliche Anfrage in der Ratsversammlung vom 01.07.2021 ausgefรผhrt, befand sich diese Vorlage im Mitzeichnungsverfahren. Infolge Nichtmitzeichnung dieser Vorlage, u. a. Formulierung eines Stellenmehrbedarfs, musste die Vorlage รผberarbeitet werden.โ€œ

Was ja nur verstรคndlich ist. Wenn man mehr Personal braucht, um den Bienenschutz in Leipzig zu organisieren, muss man den Bedarf anmelden.

Doch das scheint irgendwie schwierig zu sein. Obwohl der Bedarf ja mit dem MaรŸnahmenkatalog hรคtte formuliert werden kรถnnen. Ein Bienenschรผtzer? Zwei? Drei?

Irgendjemand in den beteiligten ร„mtern jedenfalls stellte sich stur und unterzeichnete einfach nicht. Die Vorlage kam einfach nicht heraus aus dem ร„mterumlauf.

Auch 2022 noch kein Land in Sicht

Und das geht noch immer so weiter, wie das Amt fรผr Umweltschutz schreibt: โ€žDie Neufassung wurde im Ergebnis der Gesprรคche zum Doppelhaushalt 2023/2024 wiederum in das Mitzeichnungsverfahren gegeben. Auch aktuell liegen Nichtmitzeichnungen vor. Ziel ist es trotzdem, die Vorlage nunmehr zeitnah fรผr die Dienstberatung des Oberbรผrgermeisters und damit fรผr den Stadtrat zur Beschlussfassung anzumelden.โ€œ

Dieses Ziel bestรคtigte am 15. Juni in der Ratsversammlung auch Umweltbรผrgermeister Heiko Rosenthal: Im September soll der โ€žMaรŸnahmenkatalogโ€œ endlich vorliegen.

Aber das glaubt Grรผnen-Stadtrat Norman Volger nach dieser Antwort der Verwaltung einfach nicht. โ€žWir verlieren da ein bisschen die Geduldโ€œ, sagte er. Und glaubt nicht wirklich daran, dass die Vorlage es bis zum September in die Dienstberatung des OBM schafft. Weshalb er direkt OBM Burkhard Jung fragte, was da los sei.

Denn normalerweise kommen auch die Vorlagen in seine Dienstberatung, bei denen sich die Dezernate und ร„mter nicht einigen kรถnnen. Dann kann er durchaus selbst eine Vorlage formulieren, den ursprรผnglichen Antrag aufzuheben โ€“ wenn das Anliegen tatsรคchlich nicht umsetzbar ist. Oder er kann die Streithรคhne aus der Verwaltung an einen Tisch holen und den Dissens klรคren.

Da merkte man am 15. Juni schon, dass auch Jung etwas รผberrascht war, weil er von einem Dissens dieser Art noch gar nichts erfahren hatte. โ€žIch kann mich nicht erinnern an einen Konflikt.โ€œ

Vielleicht ist es auch keiner und ein Mitzeichner will einfach seine kleine Macht erproben, eine รผberfรคllige Vorlage auszubremsen, nur weil sein eigenes Anliegen nicht berรผcksichtigt wurde. Oder nicht ausreichend berรผcksichtigt. Denn wenn es nur um mehr Personal geht, wรคre genau jetzt der richtige Zeitpunkt, diese Stellen fรผr den Doppelhaushalt 2023/2024 anzumelden. Wenn aber der โ€žMaรŸnahmenkatalogโ€œ nicht zum Beschluss kommt, braucht es die Stellen nicht, gibt es also keinen weiteren Bienenschutz in Leipzig.

Nach fleiรŸigen Bienchen also klingt die Antwort der Verwaltung nicht wirklich. Eher nach Leuten, die kein Problem damit haben, dieselben Vorlagen jahrelang ihre Runden drehen zu lassen, ohne dass es je zu einem Beschluss kommt. Burkhard Jung jedenfalls will sich jetzt kรผmmern. Vielleicht erfahren wir dann wirklich, wer da so vehement etwas gegen den Schutz der Bienen in Leipzig hat.

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