Noch in diesem Jahr sollen die Bürgerbüros Böhlitz-Ehrenberg und Südwest-Zentrum schließen. Die Entscheidung, die am vergangenen Freitag mitgeteilt wurde, war Anlass für eine Dringliche Anfrage von CDU-Stadtrat Michael Weickert. In der Ratsversammlung am 29. Oktober verteidigte Verwaltungsbürgermeister Ulrich Hörning (SPD) seine Entscheidung.

Leipzig habe im Vergleich mit ähnlich großen Städten in Deutschland viele Bürgerbüros mit langen Öffnungszeiten. Aktuell sind es noch 13 Standorte. Laut Verwaltungsbürgermeister Hörning bedeuten die vielen Standorte aber auch enormen Organisationsaufwand und hohe Kosten. Nachdem der Stadtrat allgemein mehr Haushaltsdisziplin gefordert hatte, sei das nun eine konkrete Maßnahme.

Warum diese beiden Standorte? Es sei möglich gewesen, zeitnah aus den Mietverträgen auszusteigen, die Nachfrage sei vergleichsweise gering gewesen und andere Bürgerbüros in Leutzsch beziehungsweise am Ratzelbogen seien nicht weit entfernt.

Diskussion über angebliche Nähe

Doch genau die angebliche Nähe zu anderen Bürgerbüros war einer der großen Diskussionspunkte in der Ratsversammlung. Weickert verwies auf die jahrelangen Arbeiten an den Georg-Schwarz-Brücken, die die Verbindung zwischen Leutzsch und Böhlitz-Ehrenberg einschränken würden. Hinsichtlich der Situation im Südwesten wurde vielfach auf den Umbau in der Dieskaustraße hingewiesen. Einige Abschnitte sind abgeschlossen; andere folgen in den nächsten Jahren.

Dem von Lucas Schopphoven (CDU) geäußerten Vorwurf, dass der Eindruck entstehen könne, die Stadt ziehe sich aus den Randgebieten zurück, entgegnete Hörning, dass eben jene Baumaßnahmen das Gegenteil belegen würden.

Kritik wurde auch aus den Fraktionen von Linken, Grünen und SPD geäußert. So bemängelte beispielsweise Grünen-Stadträtin Kristina Weyh, dass die Maßnahmen nicht im Stadtrat diskutiert wurden. Während Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) zumindest sagte, die Kritik anzunehmen, ließ Hörning durchblicken, auch künftig nicht anders handeln zu wollen. Solche Maßnahmen seien Verwaltungshandeln.

Große Eiche ungeeignet

Weickert hatte auch gefragt, ob die „Große Eiche“ als neuer Standort für ein Bürgerbüro im Leipziger Westen geprüft wurde. Laut Verwaltungsdezernat gab es mehrere Vor-Ort-Besuche und das Ziel, die Bürgerbüros Böhlitz-Ehrenberg und Leutzsch in der „Großen Eiche“ zusammenzulegen.

Doch „insbesondere die sicherheitsrelevanten Rahmenbedingungen genügen nicht den Mindestanforderungen“, heißt es aus dem Dezernat.

Ab Ende 2025 wird der Leipziger Westen zumindest auf dem Papier gegenüber anderen Gegenden deutlich benachteiligt sein. Während es in den drei östlichen und in den drei mittigen Stadtbezirken jeweils vier Bürgerbüros gibt, werden es in den vier westlichen Bezirken nur noch zwei Büros sein. Hinzu kommt der Mobile Bürgerservice, der künftig verstärkt in Böhlitz-Ehrenberg zum Einsatz kommen soll.

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Es gibt 5 Kommentare

Mit Verweisen auf’s “platte Land” kann man sich bestens diese Kürzungen rosarot ummalen!

Irgendwie ist die Diskussion auch ein bisschen schräg.
Der eingesparte Betrag ist ziemlich gering. Dem kann ich nur zustimmen. Es zeigt allerdings auch, wie katastrophal die Haushaltssituation mittlerweile ist – und die Personalsituation.
Was die Wahl der Bürgerämter angelangt: Im Laufe der Jahre habe ich fast alle kennengelernt. Die Distanzen sind nicht so groß, dass man die Wege hier als unzumutbare Weltreise deklarieren muss.
Was sollen erst die Leute vom platten Land sagen, wo es nur 1 Bürgeramt für eine Großgemeinde mit >20 Dörfern gibt. Ja, auch dort müssen die Menschen mit Einschränkungen sehen wie sie hinkommen, während man in Leipzig sehr komfortable mit den Öffis auch aus der letzten Ecke Leipzigs zu einem Bürgeramt kommt.

Genau, lieber “TLpz”, mit der Ihrigen Sicht läßt sich eine Abwärtsspirale allerbestens starten bzw. antreiben! Klaus Staeubert von der LVZ kann man gar nicht genug zustimmen, wenn er von einem “fatalen Signal” schreibt. 76k€ eingesparte Jahres-Warmmiete (inkl. Betriebskosten) sind albern gegen den Schaden, der bei den Leuten der besagten Ortsteile entsteht. Und mal ganz expressis verbis: Digitalisierung wird nie-nie-niemals ein Ersatz für ein mit Menschen besetztes Bürgerbüro sein!

@Christian
Sie übersehen, das die Personalsituation auch in den anderen Bürgerbüros angespannt ist. Die Mitarbeiter benötigen keine neuen Arbeitsplätze, sondern werden auf die bestehenden verteilt. Man kann somit auch die Personalstärke in den größeren Büros sicherstellen. Außerdem sind die kleineren Bürgerbüros schwieriger abzudecken im Krankheitsfall und ggf. entfallen langfristig auch Mietzahlungen. Zugrunde richten die Verwaltung eher dass ständige Schlechtreden durch Kommentare von außerhalb (die z. Bsp. nach dem Stadtrat rufen obwohl der hier garnicht zuständig ist) oder von vorneherein rechtswidrigen Anträgen diverser Stadtratsfraktionen zu Themen, die nicht in die Zuständigkeit des Stadtrates fallen.

Nachdem ich heute las, dass Herr Hörning mit dem Wegfall von zwei Bürgerbüros nicht einmal 80.000 Euro im Jahr sparen kann oder will, ordne ich diese pflichtbewusste Maßnahme der Verwaltung getrost als Nebelkerze ein.

Die Ausgaben für das Personal verschwinden ja nicht – im Gegenteil: Irgendwo muss man für diese Menschen nun wieder neue Arbeitsplätze herrichten.

Und da stellt sich mir die Frage: Wo bleibt eigentlich die Rahmenkompetenz des Stadtrates?
Darf Herr Hörning die Verwaltung nach Belieben zugrunde(richten) – ganz wie Herr T. dies jenseits des Atlantiks vormacht?

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