Im Oktober machten mehrere Hausbesetzungen von sich Reden. Die Aufregung war groß. Die Polizei räumte. Aber das Problem, das damit öffentlich wurde, beschäftigt die Stadt schon seit Jahren: Weit mehr als 100 Wohnhäuser in Leipzig stehen leer, obwohl der Druck auf den Mietmarkt enorm ist. Die Eigentümer können nicht oder wollen nicht sanieren. Eigentlich ein Fall für die Stadt, einzugreifen, fand die Linksfraktion und fragte konkret zu den drei zeitweilig besetzten Wohngebäuden nach.

Und die Stadt nimmt das Thema durchaus wahr, stellte nun das Amt für Wohnungsbau und Stadterneuerung in seiner Antwort fest. Und schilderte auch konkret, wie es um die drei besetzten Wohngebäude steht.

Die drei besetzten Gebäude

Lützner Straße 99: Das Gebäude ist der Verwaltung als Leerstand bekannt. Das Gebäude ist im aktuellen Zustand nicht bewohnbar. Es besteht nach Aktenlage eine private Eigentümerschaft. Aus privaten Gründen konnte das Gebäude von den Voreigentümern nicht saniert werden, obwohl sie dies geplant hatten.

Mit den „ursprünglichen“ Eigentümern wurden Beratungen zum Erhalt des Gebäudes durchgeführt und die Möglichkeiten einer Sanierung bzw. eines Verkaufs erörtert. Letztendlich haben sich die Eigentümer 2024 zu einem Verkauf entschlossen. Der Erwerber hat das Objekt allerdings weiterverkauft. Mit dem aktuellen Eigentümer laufen mit der Stadt zurzeit Vorabstimmungen zur Modernisierung/Sanierung.

Im März fand eine Bauberatung vor Einreichen des Bauantrages unter Teilnahme der Ämter, des Planers und des Bauherren statt. Der neue Eigentümer bereitet einen Bauantrag vor.

Waldstraße 9: Das Gebäude ist als Leerstand bekannt. Das Gebäude ist im aktuellen Zustand nicht bewohnbar. Es besteht nach Aktenlage eine private Bauherrin/Eigentümerschaft.

Für das Gebäude liegt eine Baugenehmigung vor: Nutzungsänderung und Umbau von zwei Mehrfamilienhäusern zu einem Hotel. Mit der Ausführung wurde begonnen, diese ist jedoch aktenkundig seit Januar 2023 unterbrochen. Es liegt ein Bescheid vor, der eine Verlängerung der Geltungsdauer der Ausnutzung der Baugenehmigung vom 22.03.2019 und eine Wiederaufnahme der Bauarbeiten bis zum Januar 2027 ermöglicht.

Die Stadt Leipzig ist bisher nicht aktiv gegen den Leerstand vorgegangen, da von einer Weiterführung der Umbauarbeiten ausgegangen wurde.

Julius-Krause-Straße 8: Das Gebäude war als Leerstand bislang nicht bekannt. Das Gebäude ist im aktuellen Zustand nicht bewohnbar. Es besteht nach Aktenlage eine private Eigentümerschaft.

Zum Objekt gab es im Oktober 2024 eine Anfrage an die Bauberatung zu Umbaumaßnahmen am Gebäude. Auf die ggf. erforderliche Baugenehmigung wurde in diesem Zusammenhang hingewiesen. Ein Bauantrag liegt derzeit nicht vor.

Die Stadt Leipzig ist nicht bisher nicht aktiv gegen den Leerstand vorgegangen.

Hohe rechtliche und finanzielle Hürden für die Stadt

Die Zweckentfremdungssatzung spielt für alle drei Gebäude keine Rolle, da ja die Wohnungen nicht vermietet sind. Aber wie kann die Stadt die Hauseigentümer zwingen, die Wohnungen endlich wieder dem Leipziger Wohnungsmarkt zur Verfügung zu stellen?

„Kämen auch Modernisierungs- bzw. Instandhaltungsgebote (entsprechend § 177 BauGB) und/oder auch Baugebote (entsprechend § 176 BauGB) infrage, um eine Nutzbarmachung zu bewirken?“, fragte deshalb die Linksfraktion.

Herr Thomas Dienberg (Bündnis 90/Die Grünen), Beigeordneter für Stadtentwicklung und Bau, im Leipziger Stadtrat am 29.10.25. Foto: Jan Kaefer
Thomas Dienberg (Bündnis 90/Die Grünen), Beigeordneter für Stadtentwicklung und Bau, im Leipziger Stadtrat am 29.10.25. Foto: Jan Kaefer

Aber auch da sind die Möglichkeiten der Stadt begrenzt, stellt das Amt für Wohnungsbau und Stadterneuerung fest: „Mit einem Baugebot (§ 165 BauBG) kann eine Gemeinde im Geltungsbereich eines Bebauungsplans den Eigentümer durch Bescheid dazu verpflichten, das Grundstück zu bebauen bzw. ein vorhandenes Gebäude den Festsetzungen des Bebauungsplans anzupassen. Eine Anordnung der Wiedernutzbarmachung ist dadurch nicht möglich.

Mit einem Modernisierungs- und Instandhaltungsgebot (§ 177 BauGB) kann eine Gemeinde den Eigentümer einer baulichen Anlage verpflichten, bauliche Missstände und Mängel zu beseitigen. Eine Anordnung von einem Modernisierungs- und Instandhaltungsgebot kann das Wiedernutzbarmachen eines Gebäudes zur Folge haben. Die Anwendung dieses Instrumentes ist allerdings mit hohen rechtlichen und finanziellen Hürden verbunden.“

So wie es der Gesetzgeber wollte. Nur ja Eigentümern nicht zu viel zumuten, selbst wenn ihr Haus jahrelang leer steht. Was die Verwaltung in ihrer Antwort dann auch deutlich betont: „Da Eigentum in der Bundesrepublik ein hohes rechtliches Gut ist, sind verpflichtende politische Maßnahmen und die Möglichkeiten der Stadtverwaltung sehr begrenzt. Aktuell versucht die Stadtverwaltung Eigentümer eher durch Anreize (z.B. Wohnungsbauförderung, Beratungsangebote) zu einer Sanierung bzw. zum Verkauf der Wohngebäude zu bewegen.“

Wenn Eigentümer jedes Gespräch verweigern

Und viele Eigentümer tun sich nicht nur schwer, mit der Stadt zu kooperieren: Viele verweigern sich regelrecht.

„Das Amt für Wohnungsbau und Stadterneuerung (AWS) erörtert kontinuierlich mit verschiedenen Eigentümern von leeren und verwahrlosten Wohnimmobilien, was diese mit den Gebäuden vorhaben (Sanierung, Verkauf) und welche Unterstützungsmöglichkeiten es gibt. Von 28 verwahrlosten und leerstehenden Wohnimmobilien wurden die Eigentümer kontaktiert.

Daraufhin wurden mit 20 gesprächsbereiten Eigentümern Beratungen durchgeführt. Im Ergebnis haben einige der kontaktierten Eigentümer ihre Immobilien verkauft oder planen dies zu tun, andere sanieren ihre Objekte. Der Großteil der Eigentümer zeigt sich jedoch nicht gesprächs- oder handlungsbereit“, zieht das Amt eine letztlich frustrierende Bilanz.

„Die Anwendung des Modernisierungs- und Instandsetzungsgebot ist sehr komplex und mit hohen rechtlichen und finanziellen Hürden verbunden. Durch die Anordnung eines Gebotes wird der Eigentümer zur Instandsetzung verpflichtet. Die dadurch entstehenden Kosten hat er allerdings nur zum Teil selbst zu tragen. Den anderen Teil hat die Gemeinde zu tragen. Die Stadt Leipzig hat aus diesen Gründen bisher keine Modernisierungs- und Instandsetzungsgebote erlassen.“

Denn – man schaue auf die aktuelle Haushaltssituation: Die finanziellen Spielräume der Stadt sind durch eine verfehlte Finanzpolitik in Bund und Land auf null geschrumpft. So macht man Kommunen handlungsunfähig – auch in Bezug auf leer stehende und verwahrloste Wohnhäuser mitten in der Stadt.

Dazu, wie die Stadt künftig mit dem Leerstand umgehen will, fragte in der Ratsversammlung am 29. Oktober Linke-Stadträtin Juliane Nagel nach. Baubürgermeister Thomas Dienberg ging in seiner Antwort auch noch einmal auf die enorm hohen Hürden ein, die der Gesetzgeber den Städten beim Umgang mit leer stehenden Häusern zumutet.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Grundgedesetz Artikel 14 Absatz 2 “Eigentum verpflichtet.” Haben wir Handhabe gegen Grundgesetzverstösse? “Ehm nö, die Hürden liegen bei Eigentum sehr hoch.” BRD ist echt ein Witz.

Schreiben Sie einen Kommentar