Die Mieten in Leipzig steigen. Und das führt auch dazu, dass immer mehr Menschen, die auf Transfers angewiesen sind, zu hohe Mieten gegenüber dem Regelsatz haben. Sie werden dann in der Regel aufgefordert, Miete bzw. Betriebskosten zu senken. Die Zahl der Betroffenen steigt immer weiter an. Das Ergebnis ist dann: Entweder zahlen sie die „Wohnkostenlücke“ aus dem eh schon knappen Regelbedarf. Oder die Stadt muss immer mehr Geld aufbringen, um ihnen unter die Arme zu greifen. Die Linksfraktion hat dazu aktuelle Zahlen abgefragt.

„Zunehmend müssen immer mehr Bedarfsgemeinschaften Wohnkosten aus dem Regelbedarf bestreiten. Die Zahl der Bedarfsgemeinschaften mit einer sogenannten Wohnkostenlücke steigt weiter an. Hierzu besteht zur Antwort VIII-F-00994-AW-01 weiterer Informationsbedarf“, hatte die Linksfraktion in ihrer Anfrage in Bezug auf das Jobcenter festgestellt.

Am 26. November fragte Linke-Stadtrat Enrico Stange dazu nach. Denn die Zahlen, die ihm das Sozialamt dazu liefern konnte, sind nicht vollständig und umfassen letztlich nur die Fälle direkt aus dem Jobcenter, nicht die Gesamtzahl aus dem Bereich der Arbeitsagentur Leipzig. Dazu hat der Oberbürgermeister den Auftrag, diese Frage direkt mit der Arbeitsagentur zu klären. Im Januar, so OBM Burkhard Jung, gäbe es dazu ein Spitzengespräch.

Immer mehr Bedarfsgemeinschaften mit zu hohen Kaltmieten

Aber auch die Zahlen aus dem Jobcenter sprechen eine klare Sprache, wie das Sozialamt mitteilte: „Von 31.572 Bedarfsgemeinschaften insgesamt wurden bei 29.119 Bedarfsgemeinschaften Kosten der Unterkunftsart Miete anerkannt. Davon wiesen 2.915 Bedarfsgemeinschaften eine Differenz zwischen laufenden, tatsächlichen und anerkannten KdU (Nettokaltmiete) auf. Die durchschnittliche Differenz zwischen den monatlichen laufenden tatsächlichen und anerkannten KdU belief sich in diesen Fällen auf 108,22 Euro je Bedarfsgemeinschaft.

Daten für 2025 liegen nur bis Juli 2025 vor. Eine statistische Vergleichbarkeit mit den Jahreswerten für 2024 ist daher nicht gegeben. Alternativ wird eine Auswertung bereitgestellt, die Daten aus Juli 2024 und Juli 2025 gegenüberstellt.“

Danach wurden im Juli 2024 bei insgesamt 31.680 Bedarfsgemeinschaften die Kosten der Unterkunft bei 29.330 Bedarfsgemeinschaften anerkannt. Bei 3.655 Bedarfsgemeinschaften überstiegen die Wohnkosten die KdU-Richtwerte. Im Juli 2025 waren die Zahlen schon deutlich angestiegen: Von 31.111 Bedarfsgemeinschaften wurde 28.029 die Kosten der Unterkunft anerkannt. Bei 4.135 aber überstiegen die Wohnkosten deutlich die Richtwerte. Und zwar im Schnitt um 132 Euro (im Vorjahr waren es noch 124 Euro).

Was die Stadt zwingt, die Kosten der Unterkunft in nächster Zeit wieder anzuheben.

Der Wettlauf zwischen Mieten und KdU

Denn gerade bei den Wohnkosten wird deutlich, dass eine Erhöhung der Kosten der Unterkunft meist auch wieder eine Erhöhung des Mietniveaus nach sich zieht. Ein Zusammenhang, dem die Stadt sich nicht entziehen kann, wie Sozialbürgermeisterin Dr. Martina Münch bestätigte. Das würde nur gelingen, wenn es der Stadt gelingen würde, genügend neue Wohnungen mit Mietpreisbindung zu bauen. Aber es entstehen schlicht zu wenige, wie Martina Münch betonte.

Und das wird zum Problem, wie Enrico Stange feststellte. Denn dann bleiben die Bürgergeldbezieher in den „zu teuren“ Wohnungen in der Regel auf im Schnitt 108 Euro im Monat sitzen. Wie oft und wie lange, das weist die Statistik des Jobcenters nicht aus, auch nicht, ob es den Empfängern gelang, die Miete gesenkt zu bekommen oder ob sie die Differenz aus dem Bürgergeld bestritten.

Auch immer mehr Leipziger in Grundsicherung betroffen

Aber die abgefragten Zahlen der beiden Anfragen der Linksfraktion machen sichtbar, wie die steigenden Mieten und Betriebskosten das Leben gerade derjenigen Leipziger immer mehr belasten, die eigentlich keine Spielräume haben, das irgendwie abzufedern. In den Kosten der Unterkunft stecken ja nicht nur die Kaltmieten, sondern auch die Betriebskosten, die ja ebenfalls deutlich gestiegen sind.

Die Betriebskostennachzahlungen durch das Leipziger Sozialamt von Januar bis September 2025. Grafik: Stadt Leipzig
Betriebskostennachzahlungen durch das Leipziger Sozialamt von Januar bis September 2025. Grafik: Stadt Leipzig

Zahlen dazu hat die Linksfraktion auch zum Sozialamt nachgefragt, das für viele einkommensarme Haushalte die letzte Anlaufstelle ist, wenn ihnen die Betriebskosten über den Kopf wachsen. Hier sind es vor allem, die Leipziger mit „Grundsicherung im Alter“, die betroffen sind. Hier waren es von Januar bis September 2025 immerhin 558 Haushalte, die mit Mietsenkungsaufforderungen durch das Sozialamt betroffen waren, deren Wohnkosten also über den „Angemessenheitswerten“ lagen.

Da landet der Leipziger nach einem Arbeitsleben sowieso schon in einer eh schon knappen „Grundsicherung“, bekommt dann aber trotzdem Ärger, weil seine Miete zu hoch ist.

Und es ist ja nicht nur die Miete, die den Betroffenen Ärger macht. Immer mehr Haushalte können ihre Betriebskosten nicht mehr bezahlen. Und dann muss das Sozialamt tatsächlich einspringen und die Betriebskosten ausgleichen.

Die Linksfraktion hatte das Thema gesondert abgefragt: „In wie vielen Fällen hat das Sozialamt im Jahr 2024 sowie in den Monaten Januar bis einschließlich September 2025 Betriebskostennachzahlungen übernommen? (Bitte aufstellen nach Anzahl nach Größenklassen der jeweiligen Kostenübernahme bis 200 Euro, bis 400 Euro, bis 600 Euro, bis 800 Euro, bis 1.000 Euro, über 1.000 Euro!)“

Die Antwort des Sozialamtes: „Im Zeitraum Januar 2025 bis September 2025 hat das Sozialamt Betriebskostennachzahlungen in 1.686 Fällen übernommen.“

Und da wird es dann teuer. In 100 Fällen musste das Amt über 1.000 Euro ausgleichen. Das ist die Kehrseite einer Sozialpolitik, bei der Politiker glauben, sie könnten bei „denen da ganz unten“ immer weiter sparen und sie mit Daumenschrauben zu noch mehr Verzicht zwingen. Die Kosten für Wohnen und Heizen fallen aber trotzdem an und die Kommunen werden zur letzten Rettungsinstanz, bevor die Betroffenen dann auch noch mit Kündigung und Wohnungslosigkeit konfrontiert werden. Ein Problem, das in Leipzig ebenfalls zunimmt.

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