Die Umfrage zum Leipziger Neuseenland war überdeutlich: Nur 13 Prozent der Befragten im Landkreis Leipzig befürworteten einen "intensiven Tourismus" auf dem Zwenkauer See, unter den Leipziger Befragten waren es 12 Prozent. Doch zumindest ein Spieler im Leipziger Neuseenland hält von sanftem Tourismus gar nichts: Das ist Zwenkaus Bürgermeister Holger Schulz. Die Stadt hat gleich mal 320 Motorboote für den See genehmigt.

Das hat mit den nun seit Monaten von der Steuerungsgruppe Leipziger Neuseenland versprochenen Berücksichtigung der Interessen der Bewohner des Neuseenlandes nichts mehr zu tun. Aber es zeigt auch, dass die Harmonie unter den Akteuren in der Gruppe nur vorgetäuscht ist. Da halfen auch alle Versuche des scheidenden Landrats des Landkreises Leipzig, Dr. Gerhard Gey, nichts, nach außen Harmonie zu demonstrieren. Die Interessen der Akteure gehen weit auseinander. Während Leipzig und Markkleeberg für sanften Tourismus plädieren und auch die 2014 verkündete Elektrobootstrategie unterstützen, sieht sich Zwenkaus Bürgermeister nicht gehalten, den Konsens mit den anderen zu suchen. Er will den Zwenkauer See zum Motorboot-Dorado machen.

Doch dabei verlässt er nicht nur bewusst den Konsens der Gruppe – er versucht damit auch das laufende Verfahren der Landesdirektion zur künftigen Schiffbarkeitserklärung zu unterlaufen. Denn die Landesdirektion hat schon lange deutlich gemacht, dass es – wenn die Schiffbarkeit erklärt wird – nur eine Regel für alle Tagebauseen und ihre Verbindungsgewässer im Südraum geben wird.  Eine Regel für alle.

Das Neuseenland hat schon seit ein paar Jahren die Begehrlichkeit von Unternehmern geweckt, die mit dem Verkauf, der Vermietung und der Wartung von Motorbooten gern Geld verdienen wollen auf den Seen. Auch unter dem Risiko, dafür die anderen Nutzungen stark einzuschränken oder gar zu gefährden.

Für den Ökolöwen eine mehr als bedrohliche Entwicklung: “Die Seen um Leipzig stehen immer mehr im Fokus der Motorbootlobby, die den Städten und Kommunen große Einnahmen aus dem touristischen Geldbeutel verspricht. Die Stadt Zwenkau hat diesem Druck jüngst nachgegeben und einen Weg gefunden, die öffentliche Beteiligung des laufenden offiziellen Verfahrens zu umgehen”, kommentiert der Umweltverein die Vorgänge im Zwenkauer Rathaus. “Sie beantragte beim Landratsamt des Landkreises Leipzig die Gestattung der Nutzung des Sees mit 320 motorisierten Sportbooten. Diese Mastergenehmigung soll nun gelten, bis das offizielle Verfahren zur Feststellung der Fertigstellung des ehemaligen Tagebaus die Schiffbarkeit erklärt.”

Das nennt man dann “Tatsachen schaffen”, so wie es viele Besucher der Seetaufe am 9. Mai schon erlebten, als die ersten Motorboote übers Wasser zischten.

“Das ist gelebte Demokratie”, sagt Anja Werner vom Ökolöwe – Umweltbund Leipzig e.V. ironisch. “Im laufenden Verfahren der oberen Wasserbehörde wird die Öffentlichkeit beteiligt. Über den Weg der Mastergenehmigung versucht Zwenkau jetzt, die Vielzahl der Meinungen, die Motorschiffe ablehnen, zu umgehen. Und die Genehmigung könnte gegen zahlreiche Naturschutzgesetze verstoßen. Deshalb haben wir Widerspruch eingelegt. Bis wir die notwendigen Umweltprüfungen nicht vorliegen haben, können wir die Genehmigung nicht hinnehmen.”

Das offizielle Verfahren dauert aus gewichtigen Gründen an: In den bestehenden Raumordnungsplänen sind weite Teile des Sees für Erholung und Naturschutz vorgesehen. Und: es schließen sich hochrangige EU-Schutzgebiete direkt an den See an. Würden die Ziele, die mit den Schutzgebieten erreicht werden sollen, beeinträchtigt, verstieße die Motorschifffahrt gegen EU-Recht. Zudem brauchen unzählige geschützte Vogelarten die Seen als Brut-, Rast- und Überwinterungsstätten. Eine Störung durch Motorboote könnte sich dramatisch auf ihren Bestand auswirken und zugleich das Bundesnaturschutzgesetz brechen.

“Zum Sportboot-Vergnügen einiger weniger einen ganzen See zu verlärmen, scheint aus Sicht des Naturschutzes und der naturbezogenen Naherholung kein fairer Handel”, so Werner. Der Lärm ist nicht das einzige, worauf sich die Erholungssuchenden künftig einstellen müssten. Absehbar seien auch deutliche Schadstoff- und Geruchseinträge in die Seen und ihre Umgebung.

Gern werde in Tourismuskonzepten ausgeblendet, dass die Schiffbarkeit auch indirekte Folgen hat, so der Ökolöwe: Mit ihr erhöht sich der Nutzungsdruck auf die Gewässer. Und dieser zeigt sich beispielsweise in einer Verbauung der Ufer oder in steigenden Mülleinträgen durch größere Touristenströme. Wer sich dann noch hier erholen mag, fragt der Ökolöwe.

Und noch einmal die Zahlen im Detail: Aus dem Landkreis Leipzig sprachen sich 13 Prozent der Befragten für einen naturbelassenen, 24 für einen naturnahen Zwenkauer See aus, weitere 40 Prozent für sanften Tourismus – zu dem Motorboote eindeutig nicht gehören.

Das Zwenkauer Rathaus macht also eindeutig Politik für eine Minderheit und versucht intensive Motorbootnutzung auf einem See zu etablieren, auf dem sie so nie geplant war.

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Es gibt 10 Kommentare

Auch für Sie hoffe ich, dass Sie sich wirklichen Problemen zuwenden können.

In Ihrem Einsatz für das TdJW blitzt ja so etwas wie positives Engagement auf. Mehr davon! 🙂

Wenn Sie keine anderen Probleme haben, dann ist doch alles in bester Ordnung.

Werter Klaus,

ich bin durchaus erstaunt über Ihr Verhalten bei Diskussionen.

>traurig, dass solche Leute wie Stefan noch die Kommentarfunktion der L-IZ nutzen dürfen

Warum nicht? Art. 5 GG hilft. Mir und Ihnen.

>harmlos ausgedrückt – ein “Knallkopp”
Ich könnte jetzt einen Anwalt fragen, ob Art. 5 Abs. 2 in Anwendung gegen Ihre Wortwahl kommen könnte. Heute abend treffe ich sogar einen befreundeten Anwalt… aber ich weiß nicht, ob mir selbst die eine Minute zu schade ist, ihm den Sachverhalt zu schildern.

>Stefan, haben Sie zu tief ins Glas geschaut, weil Sie so einen Schwachsinn schreiben?
Ich tue das mal als rhetorische Frage ab. Bei Sachsens Justiz muss man allerdings auch bei rhetorischen Fragen ein wenig aufpassen.

>Sie Zwenkau der Stadt Leipzig zuordnen.
Wie bitte? Ich würde sagen, Sie haben mich nicht verstanden. Für Sie zum Mitmeißeln: Nach Ihrer Logik (“Die wenigsten dieser Kritiker davon werden aus Zwenkau sein.”) dürften Sie als Zwenkauer keine Kritik an der Leipziger Stadtverwaltung üben.
Machen Sie aber, und das ist auch in Ordnung so.

Sie, Klaus, täten sich übrigens leichter, wenn Sie nicht permanent versuchten, einen Mitschreiber zu diskreditieren. Es wäre bei Ihrem Wissen uns mehr gedient, würden Sie einmal ordentliche Argumente zuwege bringen.
Das tun Sie aber einfach nicht.

Hallo Olaf, natürlich hat sich jede Kommune im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung an Recht und Gesetz zu halten. Nun bin ich kein Experte bezüglich der gesetzlichen Regelungen für das Benutzen solcher Gewässer und will es auch gar nicht sein.

Nach meiner Kenntnis verfügt die Stadtverwaltung Zwenkau über durchaus fachlich gute bzw. sehr gute Mitarbeiter. Deshalb bin ich bei meinen Kommentar davon ausgegangen, und gehe übrigens weiter davon aus, dass die Stadtverwaltung Zwenkau rechtmäßig handelt. Sollte das nicht der Fall sein, dann haben Sie Recht.

“denn Sie hätten keinen Grund, permanent die Leipziger Stadtverwaltung und auch nicht Leipziger Leser anzugreifen.”

Stefan, haben Sie zu tief ins Glas geschaut, weil Sie so einen Schwachsinn schreiben? Dass Sie von Tuten und Blasen nicht die Bohne Ahnung haben, zeigt beispielsweise, dass Sie Zwenkau der Stadt Leipzig zuordnen. Aber was will man von so einen unqualifizierten und ungehobelten Schreiberling auch erwarten. Ende!!!

Es ist traurig, dass solche Leute wie Stefan noch die Kommentarfunktion der L-IZ nutzen dürfen. Hier ist doch – harmlos ausgedrückt – ein “Knallkopp” am Werk, wie meine längst verstorbene Oma Emma im feinsten Sächsisch gesagt hätte, Oma Emma war ein kluge Frau.

>Nun hat eine Kommune – also die Stadt Zwenkau – von ihrem kommunalen Selbstverwaltungsrecht Gebrauch gemacht und von vielen Seiten hagelt es Kritik.

Wie der geschätzter Herr Maruhn darlegt, muss auch eine Kommune sich an das Recht halten.

>Die wenigsten dieser Kritiker davon werden aus Zwenkau sein.

Ist es für die Beurteilung einer Rechtssache von Relevanz, dass man aus Zwenkau ist?

Da Sie, Klaus, nach Ihrer Aussage also kein Leipziger sind, müssten Sie sich hier aus der Kommentarspalte urückziehen; denn Sie hätten keinen Grund, permanent die Leipziger Stadtverwaltung und auch nicht Leipziger Leser anzugreifen.

(Ach so, das Niveau, wie Sie es sich neulich vorstellten… Wissen Sie was? Sie, Klaus, haben sich hier bei Lizzy definitiv zum rüpelhaftesten Kommentarschreiber entwickelt. Guten Abend noch.)

http://www.recht.sachsen.de/Details.do?sid=6822131101834&jlink=p5&jabs=10
http://www.recht.sachsen.de/Details.do?sid=6822131101834&jlink=p26&jabs=32

Mastergenehmigung:
§ 5 SächsWG ist nach der Novellierung des SächsWG 2013 der Nachfolger des § 46 a SächsWG a.F.. Gerne nachzulesen in der Gesetzesbegründung.

Weder der alte, noch der neue § des SächsWG, der einen Ausnahmetatbestand (!) darstellt, da die vom Gesetzgeber gewollte Nutzung und damit das gesetzliche Leitbild der Gewässernutzung der Gemeingebrauch, also die muskelbetriebene Nutzung ist, lassen eine “Mastergenehmigung” zu. Vielmehr ist jeder einzelne Ausnahmetatbestand für sich zu prüfen. D.h., es ist für jedes einzelne Motorboot ist ein gesonderter Antrag zu stellen, der auch gesondert zu beurteilen ist. Die Beurteilung hat i.Ü. vor dem gesetzlichen Leitbild (Gemeingebrauch) zu erfolgen.

Tourismus, um den es vorliegend nicht einmal geht, ist kein Grund, sich vom gesetzlichen Leitbild einer unmotrisierten Gewässernutzung zu verabschieden. Insbesondere dann nicht, wenn das gesetzliche Leitbild des Gemeingebrauchs und darüber hinaus auch noch weitere maßgebliche Gründe des Gemeinwohls, wie z.Bsp. Umwelt- und Naturschutz, gegen die Annahme der Rechtfertigung der Zulassung eines Ausnahmetatbestandes sprechen.

Ebenso begibt sich die Untere Wasserbehörde offensichtlich rechtswidrig des lediglich ihr zustehenden Hoheitsrechtes (Zulassung und Erteilung einer wasserrechtlichen Gestattung) und übergibt dieses unzulässigerweise Dritten.
Was i.Ü. auch schon am Hainer See geschehen ist. Dort wurde eine sogenannte Mastergenehmigung an die Blauwasser Seenmanagement GmbH vergeben. GF ist Herr Conrad, der im Rahmen eines PPP-Projektes für die Stadt Markkleeberg mit der Pier 1 GmbH (& Co.KG?) den Cospudener See vermarktet.
Gerüchte sprechen von einer ähnlichen Regelung, also Erteilung einer Mastergenehmigung, für den Störmthaler See.

Desweiteren Herr Pfiffig, Art. 28 GG regelt “lediglich” die Planungs-, Personal- und Finanzhoheit einer Kommune. Das Recht der kommunalen Selbstverwaltung, was man angesichts hiesiger Entwicklungen eigentlich abschaffen müßte, ist begrenzt und umfaßt derartige Tatbestände gerade nicht!

“Das Zwenkauer Rathaus macht also eindeutig Politik für eine Minderheit und versucht intensive Motorbootnutzung auf einem See zu etablieren, auf dem sie so nie geplant war.”

Jedes Ding hat bekanntlich zwei Seiten, was nach meiner Ansicht bei dieser Sichtweise zu sehr vernachlässigt wird.

Ich wohne weder in Zwenkau, besitze kein Motorboot und bin auch kein Vertreter irgendwelcher Lobbyvereine. Ich bin einer großer Naturfreund und natürlich der “Finanzrevisor Pfiffig..”.

Ich möchte aber darauf hinweisen, dass die kommunale Selbstverwaltung als eine der größten Errungenschaft nach der Wiedervereinigung angesehen wird, was sie auch ist.

Nun hat eine Kommune – also die Stadt Zwenkau – von ihrem kommunalen Selbstverwaltungsrecht Gebrauch gemacht und von vielen Seiten hagelt es Kritik. Die wenigsten dieser Kritiker davon werden aus Zwenkau sein.

So einfach ist diese Thematik also nicht!!!

Was denken die in Zwenkau sich eigentlich?

Motorboote drecken die Gewässer einfach mal nur ein. Niemand geht an einen Strand baden, wenn Motorboote im See rumgurken. Selbst wenn der Zwenkauer Bürgermeister (der ja im Namen der Stadt den Antrag gestellt haben dürfte) öffentlichkeitswirksam ein Glas Zwenkauer Seewassers trinken würde, um die Sauberkeit zu demonstrieren.

Aber wie so oft in Sachsen: das Ausland fängt an der Landesgrenze an, und keiner von den siebengescheiten Lokalpolitikern schaut sich im gebrauchten Westen mal so eine motorbootbetriebene “Seenlandschaft” an. Da ist eine beidseits begrünte Autobahn ja noch schöner.

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