Die Rückfrage von Leser „Christian“ ist nur zu berechtigt: Was hat OBM Burkhard Jung nun in der Ratsversammlung am 4. September tatsächlich geantwortet auf die Einwohneranfrage von Matthias Zimmermann, Sprecher der Bürgerinitiative „Gegen die neue Flugroute“, zu seinem Votum in der Gesellschafterversammlung zum weiteren Ausbau des Flughafens. Hat er nun mit Ja oder mit Nein gestimmt zum Halb-Milliarden-Ausbau für Volga-Dnepr?

„Die Mitteldeutsche Flughafen AG verkündete im Juni dieses Jahres das größte Investitionspaket seit dem Ausbau des Flughafens Leipzig-Halle in den 1990er Jahren. Zusammen mit der im Herbst des vergangenen Jahres gemeinsam mit DHL angekündigten Erweiterung des DHL-Drehkreuzes summieren sich die in den nächsten Jahren geplanten Investitionen auf rund eine halbe Milliarde Euro des Flughafens Leipzig-Halle und der derzeitigen Landesregierung“, hatte Zimmermann seine Einwohneranfrage formuliert.

„Wie der Presse zu entnehmen, wurde der Kurs von den Gesellschaftern engagiert unterstützt. ,Einstimmig haben die Gesellschafter jetzt den Weg für Investitionen in neue Vorfelder, Logistik- und Bürogebäude im Nord- und Südteil des Flughafens Leipzig/Halle freigemacht‘, so die Mitteilung der Flughafen AG. Zu den Gesellschaftern gehört auch die Stadt Leipzig. Wenn die Abstimmung, wie gemeldet, einstimmig war, muss auch die Stadt Leipzig, müssen Sie als Mitglied des Aufsichtsrates, ebenfalls zugestimmt haben.“

Der komplette Absatz aus der Meldung des Flughafens lautet: „Angesichts der steigenden Nachfrage hat der Aufsichtsrat der Mitteldeutschen Flughafen AG weitere strategische Weichenstellungen für den Ausbau des Flughafens vorgenommen. Einstimmig haben die Gesellschafter jetzt den Weg für Investitionen in neue Vorfelder, Logistik- und Bürogebäude im Nord- und Südteil des Flughafens Leipzig/Halle freigemacht. Damit entstehen künftig zahlreiche neue direkte und indirekte Arbeitsplätze in verschiedenen Tätigkeitsfeldern, wovon die gesamte Region nachhaltig profitieren wird.“

Der Verweis auf den Aufsichtsrat des Flughafens ist wichtig. Das spielte in der Antwort von Burkhard Jung am 4. September dann auch eine Rolle.

Weiter Zimmermann: „Durch Stadtratsbeschluss hat sich aber bekanntlich die Stadt Leipzig mit Schreiben vom Juni 2018 zum Regionalplan Leipzig-Westsachsen 2017 gegen den weiteren Ausbau des Frachtflughafens ausgesprochen. Zitat zum Kapitel 3.5 Luftverkehr: Die Entwicklung des Flughafens Leipzig-Halle zu einem internationalen Passagierflughafen wird von der Stadt Leipzig unterstützt. Die … Zielstellung ,Der Flughafen soll sich zu einem europäischen Frachtdrehkreuz entwickeln, ist abzulehnen, da damit eine weitere Zunahme des jetzt schon gesundheitsgefährdenden Fluglärms verbunden ist.‘“

Die Entscheidung zum weiteren Ausbau des Flughafens Leipzig/Halle fiel – so betonte dann Burkhard Jung am 4. September in Beantwortung der Einwohneranfrage – nicht in der Gesellschafterversammlung der Mitteldeutschen Flughafen AG (zu der die beiden Flughäfen Dresden und Leipzig/Halle gehören), wo er als Vertreter der Stadt Leipzig Mitglied ist. Die Stadt Leipzig hält nicht Anteile am Flughafen Leipzig/Halle, sondern an der Muttergesellschaft MFAG. Sie hält Anteile von 2,1 Prozent. Dort, so Jung, würde er ganz im Auftrag der Stadt und des Stadtrates agieren und sich auch an Beschlüsse des Stadtrates gebunden fühlen.

Die Entscheidung fiel aber im Aufsichtsrat, in dem Jung – so betonte er – natürlich die Interessen der Gesellschaft, also der MFAG, wahrnehmen müsse. Und es gilt das deutsche Recht für Aktiengesellschaften: Es gilt Geheimhaltungspflicht. Jung darf über das, was im Aufsichtsrat besprochen wurde, nicht öffentlich reden. Das sei sogar strafbewehrt. Deswegen wolle er auch die Meldung des Flughafen-Sprechers nicht kommentieren, ob die Entscheidung nun tatsächlich einstimmig erfolgte.

Normalerweise landen Investitionsentscheidungen des Flughafens auch in der Gesellschafterversammlung. Denn bei den meisten Investitionsentscheidungen zum Ausbau des Flughafens mussten die Gesellschafter in der Vergangenheit zusätzliches Geld zuschießen.

Das ist aber, so Jung, bei der Erweiterung für die Frachtfluggesellschaft Volga-Dnepr nicht geplant. Die Erweiterung erfolge ohne zusätzliche Gelder der Gesellschafter.

Was Matthias Zimmermann dann trotzdem unverständlich fand, warum Jung dennoch nicht über seine Position bei einem für Leipzig so elementaren Thema berichte. Dann seien ja sämtliche Stadtratsbeschlüsse das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben sind. Und der Leipziger Stadtrat habe sich ja nun einmal eindeutig gegen eine Erweiterung des Flughafens ausgesprochen.

Hat er tatsächlich. Darauf ging Jung auch kurz ein. Das aber hat wieder mit einem anderen Gremium zu tun, einem, bei dem auch mehrere Leipziger Stadträte und Stadträtinnen in der Verbandsversammlung sitzen.

Wenn man Jungs Aussagen zur Entscheidung des Aufsichtsrats der MFAG zusammenfasst, dann hat dieser Aufsichtsrat eine rein unternehmensinterne Entscheidung getroffen, bei der die im Aufsichtsrat vertretenen Kommunen und Länder kein Geld zuschießen müssen.

Leipzigs Einspruch müsste an anderer Stelle wirksam werden: Bei der politischen Entscheidung, ob der Flughafen sich erweitern darf. Die fällt im Regionalen Planungsverband Westsachen.

Dazu kommen wir gleich. In Teil 2 “Leipzig hat sich eigentlich nur indirekt gegen einen Ausbau des Frachtflughafens Leipzig/Halle ausgesprochen”

Die Ratsversammlung vom 4. September 2019, Einwohneranfrage zum Flughafen

Video-Quelle: Livestream der Stadt Leipzig

Eine Einwohneranfrage zu Burkhard Jungs Abstimmungsverhalten in der MFAG-Gesellschafterversammlung

Eine Einwohneranfrage zu Burkhard Jungs Abstimmungsverhalten in der MFAG-Gesellschafterversammlung

Hinweis der Redaktion in eigener Sache: Eine steigende Zahl von Artikeln auf unserer L-IZ.de ist leider nicht mehr für alle Leser frei verfügbar. Trotz der hohen Relevanz vieler unter dem Label „Freikäufer“ erscheinender Artikel, Interviews und Betrachtungen in unserem „Leserclub“ (also durch eine Paywall geschützt) können wir diese leider nicht allen online zugänglich machen.

Trotz aller Bemühungen seit nun 15 Jahren und seit 2015 verstärkt haben sich im Rahmen der „Freikäufer“-Kampagne der L-IZ.de nicht genügend Abonnenten gefunden, welche lokalen/regionalen Journalismus und somit auch diese aufwendig vor Ort und meist bei Privatpersonen, Angehörigen, Vereinen, Behörden und in Rechtstexten sowie Statistiken recherchierten Geschichten finanziell unterstützen.

Wir bitten demnach darum, uns weiterhin bei der Erreichung einer nicht-prekären Situation unserer Arbeit zu unterstützen. Und weitere Bekannte und Freunde anzusprechen, es ebenfalls zu tun. Denn eigentlich wollen wir keine „Paywall“, bemühen uns also im Interesse aller, diese zu vermeiden (wieder abzustellen). Auch für diejenigen, die sich einen Beitrag zu unserer Arbeit nicht leisten können und dennoch mehr als Fakenews und Nachrichten-Fastfood über Leipzig und Sachsen im Netz erhalten sollten.

Vielen Dank dafür und in der Hoffnung, dass unser Modell, bei Erreichen von 1.500 Abonnenten oder Abonnentenvereinigungen (ein Zugang/Login ist von mehreren Menschen nutzbar) zu 99 Euro jährlich (8,25 Euro im Monat) allen Lesern frei verfügbare Texte zu präsentieren, aufgehen wird. Von diesem Ziel trennen uns aktuell 500 Abonnenten.

Alle Artikel & Erklärungen zur Aktion Freikäufer“

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar