Es war zwar keiner der drei Hauptpreise, die gingen nach Leisnig, Weißwasser und Dresden. Aber zwei Sonderpreise im Wettbewerb „Kultur.LEBT.Demokratie“ gingen an Kulturprojekte aus dem Landkreis Leipzig. Am Samstag, 14. August, wurden die Wettbewerbsteilnehmer in Görlitz prämiert.

Der Preis wurde vom Landesverband Soziokultur Sachsen e. V. zum dritten Mal ausgeschrieben und stand unter der Schirmherrschaft der Sächsischen Staatsministerin für Kultur und Tourismus Barbara Klepsch. Bewerben konnten sich Träger und Akteure der Kulturellen Bildung, die mit ihren Projekten oder dauerhaftem Engagement demokratische Prozesse befördern.In diesem Jahr wurden aus 60 Einreichungen fünf Projekte gewürdigt, die allesamt in kleinstädtischen und ländlichen Räumen Sachsens wirken. Die drei Hauptpreise in Höhe von je 2.500 Euro gingen an den Kulturbahnhof Leisnig e. V. für die Gründung eines kulturellen Begegnungsortes, den Mobile Jugendarbeit und Soziokultur Weißwasser e. V. für sein Projekt „TalkStube“ und die Filmgalerie Phase VI e. V. Dresden für das Projekt „Coffee and Cinema – Der Wert der Demokratie“.

Der mit 1.000 Euro dotierte Sonderpreis wurde an zwei Projekte vergeben. Die „Patentbaustelle für visionäre Gesellschaftsideen“ des Netzwerks für Demokratie und Kultur e. V. aus Wurzen und das umweltkulturelle Beteiligungsprojekt PartiZirkussion der Initiative Natur- und Umweltzirkus Großpösna erhielten jeweils 500 Euro.

Staatsministerin Barbara Klepsch sagte aus gegebenen Anlass: „Die zahlreichen Einreichungen belegen eindrucksvoll, welche Bindekraft kulturelle Bildung auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt entfaltet und dass es in Sachsen zahlreiche Engagierte und Ehrenamtliche gibt, die sich der ständigen Aufgabe annehmen, eine demokratische Kultur zu befördern. Ich danke allen Akteurinnen und Akteuren für ihr Engagement und ihr Wirken. Sie sind eine Bereicherung für Sachsens vielseitige Kulturlandschaft.“

„Die Relevanz der Ausschreibung ‚Kultur.LEBT.Demokratie‘ hat nicht an Bedeutung verloren, das zeigt der kontinuierlich hohe Zuspruch aus ganz Sachsen. Wir freuen uns, dass die Qualität der Beiträge gestiegen ist. Es ist herausragend, dass viele der prämierten Projekte Menschen aus unterschiedlichen Milieus zusammenbringen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern. Dies ist unverzichtbar, gerade in Krisenzeiten“, betonte am Samstag Anne Pallas, Geschäftsführerin des Verbandes.

Freude in Großpösna

„Für uns unglaublich, aber wahr: der Natur- und Umweltzirkus NAUMZI ist einer von fünf Preisträgern des diesjährigen Sächsischen Preis für Kulturelle Bildung“, gab Frank Beutner vom Natur- und Umweltzirkus NAUMZI aus Großpösna seine Freude über die Auszeichnung kund. Schon in dieser Woche geht die Projektarbeit weiter mit einer Zirkuswoche in der Kulturinsel Einsiedel.

„Mit dem Rückenwind des Preises wollen wir erneut an die Gemeindeverwaltung Großpösna herantreten, um ein partizipatives Kinder- und Jugendareal vorzuschlagen, z. B. als kontinuierliches Angebot für Schulklassen, Ferienlager, Familienferien, Weiterbildung und zirzensische Eventkulisse für Jugendfeiern oder auch Hochzeiten, etc.“

Damit tut sich die Gemeindeverwaltung in Großpösna ja bekanntlich schwer, die noch immer den alten Projektideen im Neuseenland anhängt, an den Seeufern möglichst viel touristische und wirtschaftliche Nutzung anzusiedeln, obwohl sich die meisten Bewohner des Neuseenlandes vor allem naturnahe Erholung wünschen. Ein Anliegen, das der Natur- und Umweltzirkus teilt und in der Bürgerbeteiligung zur Ufernutzung am Störmthaler See immer wieder vorgebracht hat.

Die Preisträger – die Hauptpreise

Kulturbahnhof Leisnig – Kulturbahnhof Leisnig e. V.: Eine Gruppe von Musikerinnen und Musikern hat sich seit Juli 2020 des brachliegenden Bahnhofs in der mittelsächsischen Kleinstadt Leisnig angenommen. Unter großem ehrenamtlichen Einsatz wurde aus dem maroden Bahnhofsgebäude dank umfangreicher Aufräum- und Sanierungsarbeiten ein kulturelles Herzstück der Stadt, welches mit Kulturveranstaltungen und offenen Angeboten Menschen verbinden und in Dialog bringen will.

Die Jury war einhellig davon überzeugt, dass dieses wegweisende Engagement unbedingt prämierungswürdig ist, da es eine große Ausstrahlkraft ins lokale Gemeinwesen besitzt und einen unverzichtbaren und nachhaltigen Beitrag zur kulturellen Wiederbelebung des öffentlichen Raums leistet.

TalkStube – Mobile Jugendarbeit und Soziokultur e. V. Weißwasser: Der Jugend eine Stimme geben und Diskurse in der Stadtgesellschaft anregen, so könnte man das Anliegen des Projektes „TalkStube“ beschreiben. Hervorgegangen aus dem Jugendbildungsprojekt MedienStube wurde mit der „TalkStube“ das erste stadteigene Talk-Format von und mit jungen Menschen aus Weißwasser initiiert. Umgesetzt im digitalen und analogen Raum, schafft das Projekt eine raumgreifende Auseinandersetzung mit gesellschaftlich, lokal und lebensweltlich relevanten Themen.

Die Jury war sich einig, dass die zeitgemäße Kombination aus Partizipation, Meinungs- und Medienbildung sowie der Bezug zur Region Lausitz das kulturelle und demokratische Miteinander in der sächsischen Kleinstadt stärkt. Das Projekt ist damit auch ein wichtiger Baustein zur Bearbeitung der Herausforderungen, die der Strukturwandel mit sich bringen wird.

Coffee and Cinema – Der Wert der Demokratie – Filmgalerie Phase IV e. V. Dresden: Der Phase VI e. V. steht für Filmkultur in Dresden und fördert mit einem gut sortieren Filmverleih das Kulturgut Film – für Liebhaber und Neugierige. Im Jahr 2019 entschloss sich der Verein zu einem Projekt der besonderen Art: Kurzfilmkino mit moderierten Diskussionen in drei sächsischen Justizvollzugsanstalten Sachsens.

In Zeithain, Dresden und Chemnitz waren Inhaftierte eingeladen, ausgewählte Kurzfilme mit kritischen, brisanten und berührenden Themen zu rezipieren und anschließend bei einem Espresso darüber zu debattieren. Ein hervorragend konzipiertes Ausnahmeprojekt befand die Jury. Es widmet sich einer Zielgruppe, die im Kontext von kultureller Bildung und Demokratieförderung fast nie ins Blickfeld gerät. Ein wertvolles und couragiertes Projekt, das Würdigung und Nachahmung verdient.

Die Sonderpreise

Her mit dem schönen Leben?! Patentbaustelle für visionäre Gesellschaftsideen – Netzwerk für Demokratische Kultur e. V. Wurzen: Wer kennt einen Roboter, der die Welt sauber hält oder ein Müsli, dessen Verzehr zu solidarischem Verhalten führt? Noch sind diese Produkte nicht auf dem Markt erhältlich, aber die Ideen für diese visionären Alltagshelfer sind bereits geboren.

In mehreren Workshops wurden in Schulen, Wohngruppen, Jugendgruppen, in der Jugendstrafvollzugsanstalt, im interkulturellen Frauentreff und im soziokulturellen Zentrum Patentideen entwickelt, welche die Gesellschaft verbessern und Krisen überwinden helfen sollen. Dieser herausragende methodische Ansatz überzeugte die Jury. Hier zeigt sich besonders deutlich, wie mit erfinderischem Ideenreichtum und kreativ-kulturellen Methoden zum Umdenken und Nachdenken angeregt werden kann.

PartiZirkussion – Initiative Natur- und Umweltzirkus NAUMZI Großpösna: Eine Trauminsel namens EDMANOLOJALI, das ist das Ergebnis eines umweltkulturellen Beteiligungsprojektes, in dem sich Kinder künstlerisch mit der Zukunft ihrer Umgebung befassten. In der ehemaligen Kohleregion hat sich die Initiative NAUMZI zum Ziel gesetzt, die nachhaltige Entwicklung am Störmthaler See zu begleiten und Kindern eine Stimme zu geben.

Das Projekt „PartiZirkussion“ setzte sich über Artistik, Clownerie und Kunst mit Klima- und Strukturwandel in der Region auseinander. Seit 2018 gibt es im Leipziger Neuseenland Zirkusprojekte dieser Art. Die Jury war beeindruckt von der Symbiose aus ökologischer und künstlerischer Bildung sowie von den vielseitigen methodischen Ansätzen, mit denen Kinder frühzeitig und spielerisch an die großen Fragen unserer Zukunft herangeführt werden.

Moderiert wurde die Jurysitzung von Andrea Gaede und Kathrin Weigel vom Landesverband Soziokultur Sachsen e. V. In die Jury berufen waren:

Markus Franke, Abteilungsleiter Kunst im Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus; Dr. Antje Thiersch, Leiterin Referat für Politische Bildung im Sächsischen Staatsministerium für Kultus ; Dr. Carola Rupprecht, Abteilungsleiterin Kulturelle Bildung am Deutschen Hygiene-Museum; Annett Geinitz, Netzwerkstelle für Kulturelle Bildung im Kulturraum Vogtland-Zwickau; Franziska Vorberger, Musikvermittlerin im Gewandhaus zu Leipzig; Bernd Heidenreich, stv. Leiter Landesjugendamt Chemnitz; Christian Klämbt, Geschäftsführer im Mobile Jugendarbeit und Soziokultur e. V. – Soziokulturelles TELUX Weißwasser.

Weitere Informationen zum Preis sowie den Preisträgern gibt es unter https://soziokultur-sachsen.de/preis-kulturelle-bildung

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