Bis 2020 wollte der Markranstädter Stadtrat nicht mehr als 2,5 Millionen Euro für die Sanierung des Stadtbads ausgeben. In der jüngsten Stadtratssitzung wurde über Baukosten von fast 7 Millionen Euro debattiert. Mittlerweile ist die Bürgermeisterin Nadine Stitterich des Themas Stadtbad, das nicht auf ihrem eigenen Mist gewachsen ist, schon eher müde. Im Gespräch mit der Leipziger Zeitung (LZ) vor der Ratssitzung sagte sie, es brauche nun endlich mal einen Beschluss.

Dieser kam am Donnerstag, dem 6. April 2023 mit 18 Stimmen dafür, 0 Gegenstimmen und einer Enthaltung. Er sieht vor, dass das Stadtbad basierend auf dem Vorschlag des Planungsbüros Bauconzept aus Lichtenstein (Sachsen) saniert werden soll. Er umfasst eine Komplettsanierung des liebevoll „Diva“ genannten Schwimmbads.

Ob eine derartige Einigkeit über den Beschluss herrschen würde, war im Vorfeld der Sitzung unklar. Zwar hatten alle Fraktionsparteien den Neubau des Schwimmbads in ihren Wahlprogrammen gehabt. Auch die Markranstädter*innen wünschen sich natürlich eins der Markenzeichen ihrer Stadt zurück. Der gefasste Baubeschluss legt nicht nur den Grundstein für die Sanierung, sondern lässt auch Hoffnung aufkommen, dass das Thema nun endlich vorwärtskommt.

Das alte Stadtbad "Diva" im vorigen Jahrhundert. Foto: Präsentation Stadt Markranstädt
Das alte Stadtbad “Diva” im vorigen Jahrhundert. Foto: Präsentation Stadt Markranstädt

Ein zwielichtiges Verfahren und steigende Kosten

Die Sanierung des Stadtbades beschäftigt die Stadträt*innen schon seit mehreren Jahren. Zunächst waren die Baukosten auf 2,5 Millionen Euro angedacht worden. 2020 verschärfte sich die Diskussion, weil das Bad die Auflagen zur Wiedereröffnung nicht einhalten konnte. Diskutiert wurde auch, ob Markranstädt ein Stadtbad überhaupt brauche oder ob nicht der Kulkwitzer See genutzt werden könne.

Im September 2020 wurde ein Teilsanierungskonzept der Firma Bauplanung Bautzen für circa 3,3 Millionen Euro beschlossen. Direkt im November musste die neu gewählte Bürgermeisterin Nadine Stitterich jedoch einen Planungsstopp verkünden: wegen fast verdoppelter Kosten. Vorwürfe wegen Verstößen gegen das Vergaberecht wurden laut LVZ durch die Freien Wähler laut.

Jens Spiske, der bis November 2020 Bürgermeister war, sagte nach Angaben der LVZ bei seinem Abschiedsgespräch, dass die Vergabe an Bauplanung Bautzen der einzige Beschluss sei, den er bereue und von dem er nie überzeugt gewesen sei. Nach jüngster Angabe der Linken-Abgeordneten Heike Kunzemann werde die CDU einen Antrag zur Akteneinsicht geben, die dem Stadtrat mehr Klarheit bezüglich des Wechsels des Planungsbüros liefern soll.

Im September 2021 verkündete die Verwaltung, dass ein Baugrundgutachten einen Bedarf nach Komplettsanierung ergeben habe. Deshalb wurde sich von der Bauplanung Bautzen getrennt und das Projekt wurde neu ausgeschrieben. Ein halbes Jahr später wurde das Projekt der Firma Bauconzept aus Lichtenstein (Sachsen) übergeben.

Neuer Versuch mit solider Planung

2021 wurde im Doppelhaushalt 2022/23 ein finanzieller Rahmen von 4,5 Mio. € gesetzt. Die Planung von Bauconzept Lichtenstein (Sachsen) sieht nun jedoch Kosten in Höhe von 6,8 Mio. € vor. Die fehlenden 2,6 Mio. € sollen durch das Lebendige Zentren Programm (LZP) des Bundes mit der Sächsischen Aufbaubank (SAB) als Fördermittelgeber gedeckt werden.

Über das LZP wird aber nicht nur das Stadtbad saniert. Die Förderung umfasst weitere städtebauliche Maßnahmen. Da das Stadtbad aber Schlüsselmaßnahme ist, sei die Umsetzung der Sanierung laut SAB Grundlage für die Auszahlung aller Fördermittel. Das heißt: Findet die Sanierung nicht statt, gibt es gar keine Gelder für Markranstädt.

Bedenken zu diesem Verfahren und zu den hohen Kosten gab es in der Stadtratssitzung am 6. April 2023 – aber auch den Wunsch, endlich mal etwas voranzubringen. So wurden von Jens Schwertfeger (CDU) Bedenken angemeldet, was die laufenden Personalkosten angehen werde. Auch Heike Kunzemann führte aus, dass auf keinen Fall Erhöhungen von Kita-Beiträgen Grundlage für eine Finanzierung der Kosten des Bades sein dürften. Man dürfe die Bürger*innen nicht so gegeneinander ausspielen.

Aus der aktuellen Planung lässt sich erkennen, dass die Verwaltung ihr Bestes getan hat, um die Kosten zu kalkulieren und zu decken und damit diesen weiteren Anlauf zur Sanierung des Stadtbades endlich erfolgreich werden zu lassen. Vonseiten der CDU wurde kritisiert, dass die Zahlen zur Finanzierung dem Stadtrat nicht vor der Sitzung zur Verfügung gestellt worden seien.

Schlussendlich waren sich die Stadträt*innen jedoch einig, dass es endlich wieder ein Bad zum Schwimmenlernen für die Markranstädter Kinder brauche. Über die konkrete Ausgestaltung, die im vorliegenden Beschluss festgelegt wird, des Bades wurde nicht diskutiert.

Es wird kompliziert bleiben

Frank Meißner (SPD, Bündnis 90/Die Grünen) fasste die Situation sehr gut zusammen: Personalkosten werde es immer geben, die 25-jährige Diskussion über das Bad müsse zu einem gemeinsamen Ende aller Stadträt*innen kommen, auch wenn es Bedenken gebe.

Das bedeutet: so ganz kann niemand einschätzen, ob das alles klappt, aber lieber vorangehen, anstatt auf der Stelle zu treten. Konkret machen den Stadträt*innen die Betriebskosten, die sich laut Stadtverwaltung um fast 16 000 € jährlich erhöhen werden. Außerdem räumte die Stadtverwaltung ein, dass die SAB nicht auf den Wunsch der Stadtverwaltung eingegangen sei, mit aufgrund der Inflation steigenden Baukosten zu kalkulieren.

Ob der neue Beschluss nun krisenfest genug ist, damit die Markranstädter*innen ein neues Bad bekommen, wird sich zeigen. Die ersten bewilligten Fördermittel gehen bis 2025. Konkrete Zahlen, ob und wann mit einer Fertigstellung zu rechnen ist, finden sich in der Beschlussfassung jedoch nicht.

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