Heute vor genau 78 Jahren hatten US-amerikanische Streitkräfte die Stadt Leipzig von der nationalsozialistischen Terrorherrschaft befreit und besetzt. An das historische Ereignis wurde bei zwei Veranstaltungen in Leipzig erinnert. Und: Einsatzkräfte der Polizei durchsuchten heute das Haus eines Mannes in der Nähe von Hoyerswerda, der Bezug zur Szene sogenannter Reichsbürger haben soll. Offenbar wurden die Ermittler fündig. Die LZ fasst zusammen, was am Dienstag, dem 18. April 2023, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Das Massaker von Abtnaundorf

Es ist ein kurzes, aber wichtiges Kapitel der Leipziger Stadthistorie: die Besetzung durch amerikanische Truppen zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Am Abend des 18. April 1945 hatten Truppen der 2. und 69. US-Infanteriedivision die Messestadt erreicht – nur Stunden, nachdem mindestens 80 Gefangene bei einem Massaker im Nordosten Leipzigs durch NS-Schergen erschossen oder verbrannt worden waren, weitere starben später an schweren Verletzungen.

Das Verbrechen in einem Leipziger Außenlager von Buchenwald ging als „Massaker von Abtnaundorf“ in die Geschichte ein. Auch dort gab es heute eine offizielle Gedenkveranstaltung, hierbei wurden unter anderem zeitgenössische Berichte von Anwohnern und Betroffenen verlesen.

Veranstaltungen zum Gedenken auch an der Runden Ecke und im Capa-Haus

An der „Runden Ecke“ in Leipzig bezogen die US-Amerikaner nach der Übernahme Leipzigs ihr Hauptquartier, zeitweise war hier auch die Alliierte Militärregierung untergebracht. Vor Ort fand heute um 14 Uhr eine musikalisch umrahmte Gedenkveranstaltung statt, bei welcher Finanzbürgermeister Torsten Bonew, Runde-Ecke-Museumsleiter Tobias Hollitzer und US-Generalkonsul Kenichiro Toko kurze Redebeiträge lieferten.

Dabei wurde unter anderem auch auf die jetzige politische Situation und den mörderischen Ukraine-Krieg verwiesen.

Eine Anschlussveranstaltung gab es um 15 Uhr im Capa-Haus (Jahnallee 61), benannt nach dem US-Kriegsreporter Robert Capa (1913–1954). Durch diesen war das ebenso traurige wie berühmte Foto des jungen US-Soldaten Raymond J. Bowman entstanden, der auf einem Balkon durch einen Scharfschützen tödlich getroffen worden war, er wurde nur 21 Jahre alt.

Historischer Hintergrund: US-Besatzung Leipzigs 1945

Schon kurz nach dem Einzug in Leipzig hatte sich die US-Armee um eine Beruhigung der Situation bemüht. Am 20. April, Hitlers letztem Geburtstag nur zehn Tage vor seinem Tod, war die Einnahme der Stadt mit dem Einmarsch der 2. US-Infanteriedivision im Norden beendet (hier eine Zeittafel der Stadt Leipzig des Jahres 1945).

In einer Proklamation kündigte der alliierte Oberbefehlshaber und spätere US-Präsident Dwight D. Eisenhower (1890–1969) die Beseitigung von NS-Strukturen und den Aufbau demokratischer Institutionen an. Unter anderem wurden Wilhelm Johannes Vierling als OBM Leipzigs und Heinrich Fleißner als Polizeipräsident eingesetzt, Major Richard J. Eaton übernahm den Posten des Stadtkommandanten.

Doch die US-Besatzung blieb eine kurze Episode: Schon Anfang Juli zogen sich die Amerikaner aus Leipzig zurück und übergaben die Stadt gemäß von Abmachungen der Siegermächte an die Sowjetarmee. Leipzig wurde Teil einer kommunistischen Diktatur, die erst 1989 ihr Ende fand. Wieder eine andere Geschichte …

„Jom haSchoa“ und Marsch des Lebens in Leipzig

Mit bis zu 200 Teilnehmenden und Interessierten fand heute in Leipzig wie an unzähligen Orten weltweit der sogenannte „Marsch des Lebens“ statt. Der jüdisch-israelische Holocaustgedenktag namens „Jom haSchoa“ ist der Jahrestag des Warschauer Ghettoaufstands im April 1943, welcher sich in diesem Jahr zum 80. Mal jährte.

„Dabei gedenkt Jom haSchoa nicht allein der Opfer des Holocaust, sondern auch der vielen Helden, die damals gegen den Plan der Nazis, alle Juden auszurotten, entschlossen aufgestanden sind“, ist dazu auf der Seite „Marsch des Lebens“ nachzulesen.

In Leipzig verantwortete seit 2012 die Versammlung, welche auch in diesem Jahr aus einem Marsch und einer Schlussveranstaltung bis etwa 20 Uhr auf dem Richard-Wagner-Platz bestand, wie in jedem Jahr die „TOS-Gemeinde“ mit Gästen wie unter anderem Küf Kaufmann (Vorsteher der Jüdischen Gemeinde Leipzigs).

Am Ende lud Stefan Haas von der TOS-Gemeinde alle Anwesenden zum 9. Internationalen Fußballbegegnungsfest im Rahmen der Jüdischen Woche im Juni dieses Jahres ein. Dann sind die Gemeinde zusammen mit dem Verein Tüpfelhausen wieder auf dem Wagnerplatz zu Gast.

SEK stürmt Haus eines mutmaßlichen Reichsbürgers

Den „antitotalitären Konsens“ hatte in seinem Redebeitrag Tobias Hollitzer beschworen, Leiter der Gedenkstätte in der „Runden Ecke“, wo die Stasi bis zum Ende der DDR ihre Bezirksverwaltung hatte: Man müsse sich allen extremistischen Tendenzen entgegenstellen, egal ob von linker, rechter oder islamistischer Seite.

Eine potenzielle Gefahr von rechts hat sich in Sachsen jedenfalls heute mal wieder gezeigt: Wie der MDR berichtet, durchsuchten Polizeikräfte seit dem Morgen das Haus eines Mannes in Lauta nahe Hoyerswerda. Der 62-Jährige stehe im Verdacht, Ausgangsmaterialien für die Herstellung von Sprengstoff zu lagern. Gegen ihn liegt zudem ein Erzwingungshaftbefehl wegen eines zivilen Gerichtsstreits vor, der Betreffende wurde in Gewahrsam genommen. Zuvor hatte sich ein Spezialeinsatzkommando gewaltsam Zutritt zu seinem Haus verschafft.

Hinweise deuten offenbar auf eine Zugehörigkeit oder Verbindung des 62-Jährigen zur Szene sogenannter Reichsbürger. Diese ist, bei allen verschiedenen Strömungen, allgemein bekannt dafür, die Existenz der Bundesrepublik Deutschland mit Scheinargumenten zu leugnen. Entsprechend wird Institutionen, Gerichten und Behörden sowie deren Personal die Legitimität abgesprochen. Bedrohungen und körperliche Gewalt gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Ämtern kommen immer wieder vor.

Schockierende Bekanntheit erlangte die Gemeinde Georgensgmünd (Mittelfranken), wo 2016 ein Polizist bei einem Einsatz gegen einen sogenannten Reichsbürger durch selbigen erschossen worden war. Der Täter bekam lebenslange Haft.

Worüber die LZ heute berichtet hat:

1. FC Lok Leipzig: Der Löwe-Anteil

Quartalsbericht Nr. 4/2022: Warum bekommen Leipzigs Frauen immer weniger Kinder, was ist da los?

Quartalsbericht Nr. 4/2022: Ukrainer sind jetzt die stärkste ausländische Bevölkerungsgruppe in Leipzig

UFZ-Studie zeigt: Eine informierte Bevölkerung bewertet naturbasierte Hochwasservorsorge positiver

Mit Trinkwasserspender und Beobachterstuhl: Gohliser Anger wurde zum grünen Stadtplatz + Video

Gustav-Esche-Brücke über die Neue Luppe: Eine Überarbeitung des Projekts ist jetzt überfällig

Riesige Kosten und viele Bedenken: Markranstädter Stadtrat entscheidet über Stadtbad-Sanierung

Der Fluch des Imperiums: Polen, die Ukraine und 300 Jahre imperiales Denken in Russland

Was sonst noch wichtig war:

In Leipzig haben am Ranstädter Steinweg Markierungsarbeiten für eine neue Radspur begonnen.

Mehr und mehr russische Staatsbürgerinnen und -bürger fliehen nach Deutschland, was sich neben Putins repressivem Regime wohl vor allem durch den Ukraine-Krieg und eine drohende Einberufung zum Militär erklärt.

Apropos: Putin (70) höchstselbst soll offiziellen Angaben zufolge die ukrainischen Regionen Cherson und Luhansk erstmals seit Kriegsbeginn besucht haben. Dabei habe das russische Staatsoberhaupt auch mit Soldaten und Militärs geredet. Ein genauer Zeitpunkt der Visite wurde nicht kommuniziert.

Generell bleibt die Migrations- und Asylpolitik Deutschlands ein emotionsgeladenes Thema. Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg (58) wirft Bundesinnenministerin Nancy Faeser (52, SPD) eine Täuschung über die Flüchtlingszahlen in der Bundesrepublik vor.

Das EU-Parlament hat eine Ausweitung des CO₂-Handels beschlossen.

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