Das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) steht womöglich vor dem nächsten Skandal. Linke Aktivisten deckten am Samstag, 15. August, auf, dass die Behörde möglicherweise einen AfD-Funktionär beschäftigt. Erste Hinweise auf seine geheime Tätigkeit lieferte der Politiker selbst.

Der Fall besteht aus einer Reihe von Puzzleteilen, die zusammengesetzt die Behörde, die im Freistaat Demokratiefeinde überwachen und bekämpfen soll, in ein schlechtes Licht rücken. Hendrik Seidel bewarb sich zur Landtagswahl 2014 um einen Platz auf der AfD-Liste. Der stellvertretende Vorsitzende des Kreisverbands Mittelsachsen gab in seinem öffentlichen Bewerbungsschreiben an, er arbeite seit 1994 für das sächsische Innenministerium, wo er 1996 zum Verwaltungsbeamten ernannt worden sei.

Dort begleite er “seither mehrere Aufgaben in Bezug auf Innere Sicherheit mit Schwerpunkt Extremismus und verfasse entsprechende Analysen.“ Dies ist bekanntermaßen Aufgabe des Inlandsnachrichtendienstes, welcher in den genannten Jahren im Aufbau war und dringend Personal suchte.

Da die „Alternative für Deutschland“ eine rechtspopulistische, aber nach Definition der Sicherheitsbehörden keine rechtextreme Partei ist, ist die AfD-Mitgliedschaft eines Verfassungsschützers für sich genommen bestenfalls anrüchig, aber kein Kündigungsgrund. Brisanz erhalten die Vorgänge um Seidel durch den Umstand, dass Beobachter den mutmaßlichen Verfassungsschützer zum rechtsextremen Parteiflügel zählen. Dessen Kreisverband lud mehrmals neurechte Referenten zu Veranstaltungen ein, was zeitweilig auch die Aufmerksamkeit der sächsischen Verfassungsschützer erregte, jedoch zu keiner neuen Sichtweise auf die AfD führte.

Fragwürdige Thesen der AfD

Und Seidel war am Entwurf des Abschnitts „Innere Sicherheit“ des Wahlprogramms der sächsischen AfD beteiligt. Dieser, öffentlich stark kritisierte, Entwurf wurde vom Sprecher des LfV gegenüber dem Studentenradio “mephisto 97.6” mit dem Hinweis kommentiert, die AfD sei kein Beobachtungsobjekt seines Amtes. Würden die im Papier enthaltenen Vorschläge jedoch durch die AfD weiter verfolgt werden, könnte die Partei unter Beobachtung fallen. Die 2014 erarbeiteten Thesen waren demnach also teilweise eher als verfassungsfeindlich und gegen den Staat gerichtet einzustufen.

“Ich halte es für höchst fragwürdig, wenn der sächsische Geheimdienst Analysen zum Extremismus von einer Person erarbeiten lässt, die selbst Positionen vertritt, die mit dem Grundgesetz nur schwerlich in Einklang zu bringen sind. Insofern ist es nicht verwunderlich, wenn es auf meine parlamentarischen Initiativen zu extrem rechten Inhalten und Verbindungen der sächsischen AfD keinerlei Antworten gegeben hat”, meint die Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz (Linke). Die Grimmaer Politikerin möchte das Gespräch mit LfV-Präsident Gordian Meyer-Plath suchen.

Innenministerium und Geheimdienst äußerten sich bislang nicht zu dem Fall.

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