Die aktuelle Steuerschätzung für Sachsen, die das Finanzministerium am Freitag, 14. Mai, veröffentlichte, zeigt recht deutlich, dass die Steuerausfälle durch die Corona-Maßnahmen schon 2021 und 2022 deutlich geringer ausfallen werden als noch im Oktober 2020 prognostiziert. Was eben auch bedeutet, dass Sachsen ein paar mehr finanzielle Spielräume hat, drängende Zukunftsthemen anzupacken. Zum Beispiel den überfälligen Breitbandausbau.

Denn der entscheidet darüber, ob Sachsen nach Corona noch wettbewerbsfähig bleibt in einer Welt, in der Computerisierung und Digitalisierung immer stärker die Wirtschaft bestimmen, Schulen und Verwaltungen digital funktionieren müssen und auch Unternehmen in ländlichen Regionen dringend darauf angewiesen sind, große Datenmengen über leistungsfähige Glasfaserkabel versenden und empfangen zu können.Die neue Steuerschätzung ist gut für Sachsen. Steuermehreinnahmen von 663 Millionen Euro in den Jahren 2021/22 bringen uns zwar nicht auf das Niveau von vor Corona. Aber sie eröffnen mindestens indirekt Möglichkeiten, in wichtige Vorhaben zu investieren – vor allem in das sogenannte Graue Flecken-Programm. Die Blockade muss hier endlich gelöst werden, im Sinne Sachsens“, sagt Dirk Panter, der in der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag auch der Sprecher für die Finanzpolitik ist.

„Die Koalition ist schon ein gutes Stück des notwendigen Weges gegangen. Natürlich ist nicht nur der SPD, sondern allen Koalitionspartnern klar, wie wichtig dieses Programm für schnelles Internet ist: für die Versorgung vor allem der ländlichen Regionen einerseits und für die Wettbewerbsfähigkeit der sächsischen Wirtschaft andererseits. Deshalb hatte das Kabinett bereits am 10. November 2020 einen entsprechenden Beschluss gefasst.“

Nur stehen die nötigen Gelder dafür trotzdem noch nicht im Entwurf für den Haushalt 2021/2022, der in der nächsten Woche im Sächsischen Landtag zur Entscheidung ansteht. Ohne Ergänzungsmittel aus dem Landeshaushalt aber lassen sich die vom Bund für den Breitbandausbau bereitgestellten Gelder nicht abrufen. Und wenn Sachsen nicht entsprechend nachlegt, werden es andere Bundesländer sein, die sich die Mittel sichern.

Im Kabinettsbeschluss vom 10. November 2020 hieß es aber sehr deutlich: „Die Staatsregierung bekennt sich zum flächendeckenden Breitbandausbau im Freistaat, um eine vollständige Abnahme künftiger vom Bund ggf. bereitgestellter Mittel zur Unterstützung des flächendeckenden Aufbaus von Gigabitnetzen in ,grauen Flecken‘ zu gewährleisten. Der kommunale Eigenanteil soll entsprechend der kommunalen Finanzkraft berücksichtigt werden. Dazu werden künftig verfügbare Mittel im angemessenen Umfang dem Breitbandfonds zugeführt.“

Dass die Kommunen das allein nicht leisten können, ist Panter klar. Die werden genug damit zu tun haben, nach Corona ihre Haushalte wieder einigermaßen in Ordnung zu bringen. Wenn sie aber auf den Breitbandausbau verzichten, verlieren sie eines der stärksten Argumente im Wettbewerb um Unternehmensansiedlungen oder verlieren gar Unternehmen, die auf ein leistungsfähiges Internet angewiesen sind.

Was dann den Trend wieder verstärkt, dass die Wirtschaft in die großen Städte abwandert, wo das Internet meist wesentlich besser ausgebaut ist, – und logischerweise Arbeitsplätze und qualifizierte Arbeitskräfte mitnimmt. Das demografische Problem des Freistaats verstärkt sich also.

„Weil der Haushaltsentwurf der Staatsregierung die Mittel nicht enthielt, haben wir das Thema in den Haushaltsberatungen der Koalitionsfraktionen immer wieder aufrufen müssen. Weder wurde die Wichtigkeit in Abrede gestellt noch eine andere Priorisierung der Haushaltsausgaben in den Verhandlungen vorgeschlagen. Auch nicht von der CDU. Es war auch allen in der Koalition klar: Eine Nichtbeteiligung an dem Programm ist keine Option“, erzählt Panter aus dem zähen Ringen darum, den Posten doch noch zum Teil des Doppelhaushalts 2021/2022 zu machen.

„Trotz guter Verhandlungen stehen wir noch immer an dem Punkt, dass der Haushalt keine Vorsorge für das Graue Flecken-Programm trifft, weil außer der SPD niemand – weder die Staatsregierung noch die anderen Fraktionen – einen Finanzierungsvorschlag dafür gemacht hat. Doch einen Abbruch bei der Digitalisierung kann Sachsen sich nicht leisten!“

Das Problem ist eben auch das durchaus noch konservative Denken bei den Koalitionspartnern, die seit Jahren das Sparen als Regierungsmaxime verinnerlicht haben und denen es schwerfällt, in der Coronakrise an die nötigen Investitionen zu denken, die das Land für die Zeit danach wettbewerbsfähig machen.

„Dass uns die gute wirtschaftliche Lage und die damit verbundenen Steuermehreinnahmen jetzt einen Ausweg eröffnen, sollte man als Wink des Schicksals verstehen“, findet Panter. „Fachlich sind die Hausaufgaben erledigt. Jetzt muss entschieden werden. Wir wollen jetzt nicht weiter über Schuldzuweisungen sprechen, sondern das Problem lösen. Sachsen muss sich am Programm beteiligen können, ehe die Bundesmittel alle sind.“

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