Dass die „Querdenken“-Szene sich kaum von Rechtsradikalen abgrenzt, ist spätestens seit den Großdemonstrationen in Berlin im vergangenen Sommer offensichtlich. Dass sie sich aber teilweise sogar offen mit ihnen verbündet, zeigte sich in den vergangenen Monaten unter anderem im sächsischen Plauen. Dort trat der Busunternehmer Thomas Kaden mit Neonazi-Unterstützung bei der Oberbürgermeisterwahl an. Ob die 7,5 Prozent im ersten Wahlgang am vergangenen Sonntag, dem 13. Juni, eher ein Erfolg für ihn oder eher ein Erfolg für die Demokratie sind, ist umstritten.

Fakt ist: Von den sieben Bewerber/-innen erreichte Kaden das fünftbeste Ergebnis. Sieger im ersten Wahlgang wurde CDU-Bewerber Steffen Zenner. Er bekam rund ein Drittel der Stimmen. Auf dem zweiten Platz folgte mit knapp 24 Prozent die von Linken, Grünen und SPD unterstützte Silvia Queck-Hänel. In drei Wochen folgt der zweite Wahlgang, bei dem alle Bewerber/-innen erneut antreten dürfen. Dann gewinnt die Person mit den meisten Stimmen.Obwohl Kaden diese Wahl nicht gewinnen wird, selbst wenn er nochmal antreten sollte, war seine Bewerbung eine Zäsur für Plauen. Erstmals seit 1990 war ein „Vertreter des rechten Lagers“ bei der OBM-Wahl in der rund 65.000 Einwohner/-innen zählenden Kreisstadt des Vogtlandkreises angetreten, schrieb die lokale Tageszeitung „Freie Presse“ im Mai.

Kandidat der „Freien Sachsen“

Kaden selbst würde diese Einordnung wohl bestreiten, doch die Verbindungen sind zu offensichtlich. Da wäre vor allem die Tatsache, dass er für die „Freien Sachsen“ angetreten ist. Die Mitglieder dieser „Sammlungsbewegung“ wählten Martin Kohlmann im Februar zum Vorsitzenden. Der Rechtsanwalt zählte bei den rechtsradikalen Demonstrationen und Ausschreitungen in Chemnitz vor drei Jahren zu den maßgeblichen Akteuren, trat teilweise als Veranstalter auf.

Zu seinem Stellvertreter wählten die Mitglieder – neben Thomas Kaden – den NPD-Politiker Stefan Hartung. Dieser erlangte 2013 größere Bekanntheit, als er in Schneeberg mehr als 1.000 Menschen zu rassistischen Protesten gegen ein Heim für Asylbewerber/-innen mobilisierte.

Kaden selbst lässt mittlerweile aber auch wenig Zweifel daran, wo er politisch steht. Vor einem Jahr war er als verzweifelter Busunternehmer gestartet, der massiv unter den Corona-Einschränkungen leidet. Dann organisierte er im großen Stil die An- und Abfahrten von „Querdenkern“ zu Demonstrationen.

Asylbewerber/-innen als großes Problem

In seinem Wahlprogramm, das auf der Homepage der „Freien Sachsen“ veröffentlicht wurde, nennt er beim Thema „Ordnung und Sicherheit“ fast nur Asylbewerber/-innen als Problem. Zudem möchte er im kulturellen Bereich „sächsischen Nationalstolz“ fördern. Den sogenannten Kulturmarxismus – ein politischer Kampfbegriff der radikalen Rechten – lehne er hingegen ab.

Wo Kaden politisch steht, zeigte sich zuletzt bei Demonstrationen auch im bildlichen Sinn – direkt neben einem Mitglied der Neonazi-Partei „Der 3. Weg“. Dass diese ihn offiziell unterstützte, war laut „Freie Presse“ für Kaden kein Problem.

Ob die 7,5 Prozent für den „Querdenker“ Kaden ein Erfolg sind, ist bei seinen politischen Gegner/-innen umstritten. Während Rico Gebhardt, Vorsitzender der Linksfraktion im sächsischen Landtag, das Ergebnis als „bitter“ bezeichnete, teilte die Grünen-Landessprecherin Christin Furtenbacher mit: „Die Plauenerinnen und Plauener haben bei dieser Wahl für die Demokratie gestimmt und deren Feinden keine Chance gelassen.“

Anti-Rechts-Initiativen eher zufrieden

Auch zivilgesellschaftliche Organisationen werteten das Ergebnis eher als Misserfolg für Kaden. Die Initiative „Endstation Rechts“ sah ein „deutliches Scheitern“ und das Info-Portal „Blick nach Rechts“ schrieb, dass Kaden „trotz aufwendigem Wahlkampf lediglich 7,46 Prozent“ holte. Beide Organisationen gelten als SPD-nah.

Ein gemischtes Fazit zog hingegen das Bündnis „Dresden Nazifrei“. Dieses schrieb auf Twitter: „Aus Plauen vernehmen wir gute und schlechte Nachrichten. Die gute: Kaden, der für die rechtsradikale Wählervereinigung ‚Freie Sachsen‘ angetreten ist, bekam nur knapp 7,5 Prozent der Stimmen. Die schlechte: 1.865 Menschen wählten für einen Nazi-Kandidaten.“

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