Wer gedacht hatte, mit dem zuvor als Kultusminister eher zögerlich agierenden Christian Piwarz als neuem Finanzminister in Sachsen würde sich irgendetwas an der Finanzpolitik der Staatsregierung ändern, der wurde am Donnerstag, dem 3. April, eines Besseren belehrt. Die Saiten, die er in seiner Einbringungsrede im Landtag anschlug, waren dieselben wie bei seinen Vorgängern Georg Unland und Hartmut Vorjohann.
Mit dem Frame „Generationengerechtigkeit“ werden auch die nun geplanten Einschnitte im nächsten Haushalt begründet. Seine Rede nutzte Piwarz, um indirekt die grundgesetzlich geregelte Lockerung der Schuldenbremse auf Bundesebene zu kritisieren und davor zu warnen, „leichtfertig Kredite aufzunehmen“.
„Nur wenn die nächsten Generationen von den öffentlichen Investitionen profitieren, ist es zu rechtfertigen, sie als Nutzer auch an den Kosten zu beteiligen. Umso wichtiger ist es für die Politik, strengstens auf die effiziente Verwendung staatlicher Mittel zu achten. Alles andere wäre eine Hypothek für kommende Generationen“, wiederholte er eine Argumentation, die quasi von einem sächsischen Finanzminister auf den nächsten vererbt wird. „Generationengerechtigkeit im Haushalten, das muss unser aller Anspruch sein.“
In den vergangenen Jahren hat Sachsen unter dem Label „Generationengerechtigkeit“ auch Jahr um Jahr zu wenig in die Infrastrukturen im Land investiert. Piwarz aber redete gleich von der nächsten Konsolidierungsrunde, die jetzt starten soll. Dabei geht es jetzt vor allem ans Personal.
Zu viel Personal?
„Der Regierungsentwurf ist ein Übergangshaushalt. Wir erkaufen uns damit Zeit, um notwendige Strukturreformen vorzubereiten. Wir müssen staatliche Aufgaben und Leistungen hinterfragen. Nur so schaffen wir uns Gestaltungsspielräume, die wir für die finanziell schwierigen Jahre, die vor uns liegen, dringend benötigen“, so Piwarz.
„Unser Ziel muss es sein, die Investitionsquoten wieder zu steigern, die Wirtschaft vom bürokratischen Würgegriff zu befreien und Raum für privatwirtschaftliche Entfaltung zu schaffen. Wir brauchen eine starke Privatwirtschaft, denn dort entsteht Wertschöpfung und wird das Steueraufkommen erwirtschaftet.“
Dabei erinnerte der Finanzminister daran, dass der Haushaltsentwurf der Regierung erstmalig seit 2016 nicht nur einen Stopp beim Stellenaufwuchs, sondern auch einen Stellenabbau vorsieht. „Der Freistaat muss sich künftig auf einen konsequenten Personalabbaupfad begeben, um den Haushalt auch strukturell wieder in den Griff zu bekommen. Andernfalls galoppieren uns die Personalausgaben davon und nehmen uns damit Gestaltungsspielräume für die Zukunft“, so Christian Piwarz.
Jan Löffler: „Wir müssen jeden Cent umdrehen!“
Die CDU-Fraktion möchte einen Beschluss bis zum Beginn der Sommerpause schaffen, um die vorläufige Haushaltsführung mit den drastisch reduzierten Leistungen auf ein absolutes Minimum zu beenden.
Dazu sagt der haushalts- und finanzpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Jan Löffler, am Donnerstag: „Wir brauchen schnellstmöglich einen beschlossenen Haushalt und damit Klarheit, was in den nächsten knapp zwei Jahren finanziell machbar ist – und wo es leider schmerzhafte Einschnitte geben wird. Dies sind wir der Bevölkerung Sachsens schuldig. Im Gegensatz zu anderen Fraktionen spricht die CDU klar und offen aus, dass die Zeit des großzügigen Geldausgebens vorbei ist. Wir müssen jeden Cent so lange umdrehen, bis daraus Kupferdraht geworden ist.“
Als wenn das nicht die Melodie auch aller vorangegangenen CDU-Regierungen in Sachsen gewesen wäre.
„Der Regierungsentwurf wurde unter schwierigen finanzpolitischen Bedingungen erstellt: Stetig steigende Ausgabenforderungen müssen mit knapper werdenden Einnahmen in Einklang gebracht werden. Die gesamtwirtschaftlichen Wachstumsaussichten lassen für die kommenden Jahre keine nennenswerten realen Einnahmesteigerungen erwarten. Deshalb ist es zwingend erforderlich, die Ausgaben anzupassen“, erklärte Löffler.
„Viele Fraktionen liebäugeln mit der Versuchung, Schulden zu machen. Mit diesen könnte man vermeintlich alle Wünsche erfüllen. Wir sagen Nein! Schulden fallen uns teuer auf die Füße. Denn Schulden verschieben unsere strukturellen Probleme nur in eine gar nicht so weit entfernte Zukunft, aber sie lösen sie nicht.“
Die großen Einschnitte, so Löffler, komme erst nach dem jetzt vorgestellten Übergangshaushalt: „In den folgenden Haushalten muss es bis 2029 eine grundlegende Konsolidierung der Ausgabenstruktur geben. Wir müssen einen Personalabbaupfad einschlagen und gesetzliche Leistungen auf den Prüfstand stellen, um wieder größere Spielräume für Investitionen zu schaffen.“
Juliane Pfeil: „Ja zu Haushaltsdisziplin – aber mit Haltung“
Und was sagt der kleine Koalitionspartner SPD dazu? „Dieser Haushalt ist nicht nur eine Sparliste. Er sichert Strukturen und wird mit dem Sachsenfonds gezielte Zukunftsinvestitionen ermöglichen“, meint Juliane Pfeil, stellvertretende Vorsitzende und haushaltspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, in der Debatte zum Regierungsentwurf des Doppelhaushaltes 2025/26.
„Besonders betonte sie, dass der Bildungsbereich trotz Spardrucks unangetastet bleibe: Jede Lehrerin, jeder Lehrer, der in Sachsen unterrichten will, soll ein Angebot bekommen.“
Ein zentrales Projekt: Der Sachsenfonds, eine langjährige Idee der SPD-Fraktion, werde nun Wirklichkeit. „Was 2020 als Idee begann, wird jetzt konkret. Das S in Sachsenfonds steht für SPD!“, so Pfeil. Ziel sei es, Investitionen planbar und verlässlich zu machen – in Bereichen wie Bildung, Gesundheit, Digitalisierung, Pflege, Mobilität, Sport, Wohnen oder auch Energie.
„Das Bildungsticket bleibt für 15 Euro im Monat bestehen, Investitionen in frühkindliche Bildung werden ausgebaut und der Kita-Bereich bleibt weiter im Fokus. Seit zehn Jahren gab es keinen Haushalt ohne Verbesserungen für Kitas – das bleibt unser Anspruch“, erklärte Pfeil.
Gleichzeitig machte sie klar: „Strukturerhalt geht vor Investitionen.“ Neue Vorhaben müssten gut abgewogen werden, um bestehende Angebote nicht zu gefährden. Kommunen sollen dennoch weiter unterstützt werden – insbesondere bei Schulhausbau oder bei der Feuerwehr. Ihr Fazit: „Ja zu Haushaltsdisziplin – aber mit Haltung. Ja zu Investitionen – aber mit Priorität. Ja zu Zusammenhalt – auch und gerade in Krisenzeiten.“
Franziska Schubert: Sparorgie trifft die Mitte der Gesellschaft
Deutliche Kritik für den vorgelegten Haushalt gibt es von den Grünen. „Dieser Haushaltsentwurf ist ein Werk der Zerstörung, das in dieser Form für uns nicht zustimmungsfähig ist“, sagt die finanzpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Franziska Schubert.
„Dieser Haushalt würde gravierende Schäden hinterlassen und diesem Land und vielen Menschen die Perspektive nehmen. Die umfangreichen Kürzungen treffen die Mitte der Gesellschaft, die Menschen, die das Land zusammenhalten. Die Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen, die tagtäglich in soziale Projekten, in der Feuerwehr, in Sportvereinen, im Naturschutz und in Kulturinitiativen für unsere Gesellschaft arbeiten, werden im Stich gelassen.“
Für die Grünen sind grundlegende Änderungen am Entwurf notwendig. „Unsere Mindestanforderung für weitere Verhandlungen ist klar“, sagt Schubert. „Die vom Bund geschaffene Möglichkeit, Kredite für Investitionen aufzunehmen, muss genutzt werden, um unserem Land Luft zu verschaffen. Ein Ausspiele einzelner Bereiche gegeneinander werden wir Bündnisgrüne nicht mitmachen.“
Nachhaltige Finanzpolitik bedeute, so Schubert, „dass künftige Generationen nicht mit den Folgen schlechter Entscheidungen kämpfen müssen. Sie bedeutet, in den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Bewahrung unserer Schöpfung zu investieren, statt Strukturen zu zerstören, die das Fundament unserer Gesellschaft bilden und Vorsorge treffen.“
Susanne Schaper: „Dieser Haushaltsentwurf kürzt der Gesellschaft den sozialen Kitt weg“
Völlig anders schätzt die Linksfraktion das vorgelegte Haushaltspaket ein: „Dieser Haushalt brächte vielen zivilgesellschaftlichen Vereinen sowie Initiativen kein Aufatmen: Sie bekämen Planungssicherheit nur in dem Sinne, dass ihr Tod sicher ist“, kommentiert die Vorsitzende der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag, Susanne Schaper, den am Donnerstag vorgestellte Entwurf für den Haushalt 2025/2026.
„Auch in der Jugendarbeit, bei Krankenhäusern, bei der Kultur oder der Integration würde dieser Entwurf unersetzbare Strukturen zerstören. Er kürzt der Gesellschaft den sozialen Kitt weg. Gleichzeitig würden jenen die Beine weggehauen, die vielerorts der extremen Rechten entgegentreten. Welchen Eindruck würde solch ein Kürzungshaushalt auf Menschen machen, die sehen, wie Milliardäre reicher werden und sich sogar Regierungen kaufen, wie bei Trump? Diesem Regierungsentwurf können wir als Linke nicht zustimmen!“
Und berechtigterweise stellt Schaper die Frage nach den Einnahmen, die bundesweit schon seit Jahren nicht mehr im Lot sind, weil hohe Einkommen und Vermögen systematisch verschont werden.
„Haushaltsdebatten kreisen meist um die Frage, wofür der Staat Geld ausgibt. Aus Sicht der Linken müssen wir aber zuerst über die Einnahmen sprechen. Die dringlichste Aufgabe lautet, enorme Einkommen, Vermögen und Erbschaften gerecht zu besteuern. Auf der Bundesebene wurde zudem auch mit Zustimmung der CDU ein erster Schritt getan, um die sogenannte Schuldenbremse abzuschaffen. Der sächsische Anteil an den 500 Milliarden Euro für Investitionen kommt für das Haushaltsjahr 2025 aber wohl zu spät. Wir müssen unabhängig davon auch im Freistaat die Investitionsbremse lösen und alle Spielräume nutzen, die sich durch die Grundgesetzänderungen auftun“, findet Schaper.
Und kritisiert das Framing des Finanzministers: „Die Staatsregierung müht sich aber weiter, die Staatsfinanzen als Katastrophe darzustellen. Das Parlament soll sich bitte schön die Fesseln anlegen, die ihr von der Regierung feierlich überreicht werden, und den Finanzrahmen akzeptieren. Wir als Linke sind dazu nicht bereit. Wir wollen, dass der Freistaat Kredite aufnimmt. Gerade im Handelskrieg, der nicht nur unsere Autoindustrie massiv trifft, sind Investitionen unverzichtbar, um Jobs zu sichern.“
Vernünftig findet sie hingegen, den Beamtenpensionsfonds (den sogenannten Generationenfonds) langsamer zu füllen, die Corona-Kredite später zu tilgen und Vorhaben wie die Grenzpolizei abzublasen.
„Doch das allein löst die Probleme nicht. Selbst gleichbleibende Ausgaben bedeuten eine Kürzung – Inflation und Lohnerhöhungen engen den Spielraum ein“, so Schaper. „Als verantwortungsvolle Opposition sind wir bereit, mit allen demokratischen Fraktionen Lösungen zu suchen.
Aber wir werden unsere Prinzipien nicht aufgeben. Die Demokratie ist akut bedroht und immer mehr Menschen verlieren das Vertrauen in den Staat. Da mit einer Machete auf die gewachsene soziale Landschaft loszugehen, ist unverantwortlich. Wir müssen die soziale Basis der Gesellschaft erhalten und sollten Soziales, Gesundheit und Krankenhäuser, Kultur und Kita auf dem Stand von 2024 plus Inflationsausgleich finanzieren.“
Aber sie weiß auch, dass jetzt ein gewaltiger Druck auf dem Landtag liegt, den Doppelhaushalt 2025/2026 baldmöglichst zu beschließen: „Wenn die Koalition es nicht schafft, einen Haushalt zu beschließen, wären die Folgen ebenfalls verheerend.
Deshalb sind wir bereit für vertrauensvolle und vertrauliche Gespräche. Wir alle stehen in der Verantwortung dafür, dass die Verfassungsfeinde rechts außen keinen Einfluss bekommen. Anders als andere haben wir keine Illusionen: Die Brandmauer einreißen bedeutet, mehr Rechtsextremismus zu wagen. Nicht mit uns!“
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Keine Kommentare bisher
“„Besonders betonte sie, dass der Bildungsbereich trotz Spardrucks unangetastet bleibe: Jede Lehrerin, jeder Lehrer, der in Sachsen unterrichten will, soll ein Angebot bekommen.“
Real kann der Unterricht noch immer nicht abgedeckt werden. Noch immer fallen 15% der geplanten Schulstunden aus. Obwohl man die Zahl der Lehramtsstudienplätze auf 2.700 erhöht hat, hat sich an den Schulen die Situation seit 2012 nur dahingehend geändert, dass es heute viele Quereinsteiger gibt.