Noch sind gar nicht alle Zahlen zu den ausufernden Sozialkosten in den sächsischen Kommunen bekannt. Finanzbürgermeister mussten sich darum in der Vergangenheit auch nicht groß sorgen, weil Bund und Land die Kosten zum größten Teil abdeckten. Aber seit 2024 hat sich das dramatisch gewandelt, schießen die Sozialausgaben der Städte dramatisch in die Höhe. Es geht nicht nur Leipzig so, dass diese ungedeckten Kosten den Haushalt sprengen. Auch Dresden hat das ernste Problem.

Angesichts der akuten Haushaltskrisen in Dresden und Leipzig haben sich die bündnisgrünen Stadtratsfraktionen beider Städte nun in einer gemeinsamen Strategieklausur auf ein klares Forderungspaket verständigt.

Die Einhaltung des Konnexitätsprinzips müsse endlich konsequent umgesetzt werden. Damit unterstützen sie den Brandbrief der Oberbürgermeister der Landeshauptstädte an Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), in dem eine faire Lastenverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen gefordert wird.

„Wer bestellt, muss auch bezahlen – dieses Prinzip ist kein Verhandlungsgegenstand, sondern eine demokratische Notwendigkeit“, betont Agnes Scharnetzky, Fraktionsvorsitzende der Dresdner Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen. „Die Kommunen werden seit Jahren mit Kosten für Bundes- und Landesaufträge allein gelassen, während die Einnahmen – etwa durch einbrechende Gewerbesteuern – zurückgehen.“

Defizite in Dresden und Leipzig

Eine – sehr zurückhaltende – Analyse der Haushaltslagen beider Städte offenbart aus Sicht der Grünen eine alarmierende Schieflage: Leipzig verzeichnet für 2025 erstattungsfähige Sozialkosten von 167 Mio. € (u. a. 53 Mio. € für Unterkunftskosten, 40 Mio. € für Pflegehilfen), bei gleichzeitig drohendem Gewerbesteuer-Einbruch von 75 bis 100 Mio. €.

Dresden steht für 2026 vor einem zusätzlichen Defizit von ca. 150 Mio. €, insbesondere verursacht durch steigende Sozialausgaben und Tarifsteigerungen.

Leipzig finanziert laufende Kosten für die Verwaltung bereits zu 56 % über Kassenkredite. Diese wachsende Schuldenlast droht in kürzester Zeit so stark anzuwachsen, dass für Zins und Tilgung nicht mehr ausreichend Erträge erwirtschaftet werden können. Die Fraktionen warnen vor Kürzungen in sozialen Kernbereichen, die langfristig höhere Kosten verursachen würden.

Bei der Strategieklausur der Bündnisgrünen-Fraktionen aus Dresden und Leipzig. Foto: Faktion Bündnis 90 / Die Grünen Leipzig
Strategieklausur der Bündnisgrünen-Fraktionen aus Dresden und Leipzig. Foto: Faktion Bündnis 90 / Die Grünen Leipzig

„Sparen an der falschen Stelle – etwa bei der Jugendhilfe oder Klimaanpassung – führt zu perspektivischen Mehrbelastungen und sozialer Spaltung“, erklären Kristina Weyh und Tobias Peter, Leipziger Fraktionsvorsitzende. „Eine kluge Haushaltspolitik muss bei gezielten Einnahmesteigerungen mit Lenkungswirkung, nachhaltigen Investitionen und Digitalisierung ansetzen.“

Die Forderungen

Stattdessen fordern die beiden bündnisgrünen Fraktionen:

1. Sofortige Umsetzung des Konnexitätsprinzips: Bund und Land müssen Mehrkosten für kommunale Aufgaben (z. B. Eingliederungshilfen/Teilhabe, Kosten der Unterkunft, Pflege) vollständig erstatten.

2. Steuerliche Spielräume nutzen: Einführung einer Grundsteuer C, Ausweitung des Parkraummanagements und eine Verpackungssteuer, um Einnahmen zu generieren und gleichzeitig klimapolitische Lenkungseffekte zu erzielen.

3. Investitionen in Zukunftsfelder schützen: Klimawandelanpassung, Energiewende, Wohnungsbau und Mobilitätswende sind keine Luxusprojekte, sondern Standortsicherungsmaßnahmen

Außerdem fordern die drei Fraktionsvorsitzenden, dass die für die Kommunen geplanten Mittel des Sondervermögens tatsächlich für zusätzliche Investitionsvorhaben zur Verfügung stehen und der Freistaat wieder einen bedarfsgerecht ausgestatteten Investitionshaushalt mit ausreichenden Fördermittel für Schulbau, Wohnraum, die Investitionen der Wärme- und Mobilitätswende und den Brückenbau zur Verfügung stellt.

Konkret: „Eine nahezu vollständige Streichung des Investitionshaushalts des Freistaats wie in diesem Jahr gefährdet die infrastrukturelle Grundversorgung der Kommunen und baut einen neuen Investitionsstau auf. Das muss endlich ein Ende haben, schadet letztlich auch unserer Wirtschaft und vor allem dem Mittelstand. Wir müssen wieder ins Tun kommen!“

Die Fraktionen kündigen an, diese Forderungen mit konkreten Initiativen in den Stadträten voranzutreiben – inklusive eines Monitorings der Haushaltsentwicklung, um Transparenz über die Folgen ausbleibender Bundeshilfen zu schaffen.

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