Fünf Tage nach dem Leipziger Derby (0:0) ist der 1. FC Lok noch lange nicht bereit, zur Tagesordnung überzugehen. Was war, soll ausgewertet werden. Dafür verschob der Klub sogar die für kommenden Freitag anberaumte Mitgliederversammlung. Die Vereinsgremien sind aktuell zu eingespannt. Zu den Vorkommnissen gehören neben dem massiven Pyrotechnik-Einsatz während des Spiels auch Zerstörungen im Gästeblock. Wellenbrecher wurden herausgerissen, Zäune abgeknickt und Gastronomie-Mitarbeiter bedroht. Die Polizei will die Straftaten über Kamerabilder aufklären. Eine Leutzscher Entschuldigung gab es bisher nicht.

Vor dem Derby waren die Aufsichtsräte und die Präsidenten des 1. FC Lok Leipzig und der BSG Chemie Leipzig noch gemeinsam essen, doch seit dem Leipziger Derby hat man nichts mehr voneinander gehört. Und das, obwohl es genug zu besprechen gäbe. „Ich bedauere sehr, dass Chemie Leipzig bisher nicht zu den skandalösen Vorfällen Stellung bezogen hat“, beklagt sich Lok-Präsident Thomas Löwe am Sonntag gegenüber L-IZ.de. „Immerhin wurden aus dem Chemie-Fanblock unsere Ballkinder, Offizielle und Zuschauer mit Raketen beschossen sowie der Gästeblock massiv zerstört.“

Personen haben in dem Block an der Anzeigetafel mehrere Wellenbrecher aus dem Boden geholt, Begrenzungszäune umgebogen und versucht, drei Dixi-Klos anzuzünden. Der Schaden beträgt laut Verein mehrere tausend Euro. „Die Gastromitarbeiter wurden von der Polizei und unserer Geschäftsführerin aus dem Gästeblock befreit, weil sie massiv bedroht wurden und verängstigt waren. Sie haben über Funk um Hilfe gebeten“, erinnert sich Löwe.

„Die Gäste haben die Gitter fast raus gerissen. Als ich rüberkam, stand im Gästeblock die Polizei im Stand, um ein Durchbrechen zu verhindern. Die Mitarbeiter aus der Mitte des Blocks sind über die Mauer zu Gartenanlage geflüchtet”, so Geschäftsführerin Kathrin Groß.

Während der 1.FC Lok schon am nächsten Tag in einer Pressemitteilung erklärte, dass er „rigoros“ gegen die Chaoten vorgehen und gegen „die ermittelten Personen deutschlandweite Stadionverbote“ aussprechen wird, gab es bisher kein öffentliches Statement der BSG Chemie und auch keine Entschuldigung beim 1. FC Lok.

Wo rohe Kräfte sinnlos walten - werden auch schon mal Wellenbrecher und Zäune beschädigt. Foto: privat
Wo rohe Kräfte sinnlos walten – werden auch schon mal Wellenbrecher und Zäune beschädigt. Foto: privat

„Wir werden keinesfalls einfach so zur Tagesordnung übergehen, sondern die Vorkommnisse in unserem Stadion detailliert auswerten“, kündigte Lok-Präsident Löwe an. Deshalb wird auch die für den 1. Dezember anberaumte Mitgliederversammlung auf den 26. Januar 2018 verschoben. Das teilte der Verein am Sonntagvormittag mit.

„Die Aufarbeitung der Vorfälle im ‚Spiel‘ gegen Chemie Leipzig benötigen noch Zeit und Kraft der Verantwortungsträger unseres Vereins. Daher habe ich, nach Abstimmung mit unserem Aufsichtsratsvorsitzenden Olaf Winkler, den Gremien empfohlen, die Mitgliederversammlung zu verschieben“, so Löwe.

Schon am Donnerstagmorgen um 7 Uhr waren die ersten Ehrenamtler zugegen, um die Schäden des Derbys zu beseitigen. In den Folgetagen erledigten und erledigen Mitarbeiter und ehrenamtliche Funktionsträger ein Mammutprogramm an Aufgaben.

„Wir haben in den letzten Tagen zahlreiche Gespräche mit Angestellten, Ehrenämtlern, Mitgliedern und Fans geführt. Wir werden in der nächsten Woche außerplanmäßig drei Sitzungen haben, um die Geschehnisse in unserem Stadion detailliert auszuwerten. Das Präsidium und der Aufsichtsratsvorsitzende trafen sich allein dreimal in den letzten fünf Tagen. Die Geschäftsführer sind im Dauereinsatz und versuchen unter anderem, die Schäden am Stadion zu beheben und sind im Gespräch mit der Polizei. Am Dienstag treffen wir uns mit dem Wirtschaftsrat des 1. FC Lok“, zählt Vize-Präsident Alexander Voigt die kommenden Termine, die zumindest die Gremienmitglieder nebenberuflich wahrnehmen, auf.

„Die Mitgliederversammlung ist das höchste Organ im Verein und die jährliche Sitzung sollte nicht unter dem Eindruck der Geschehnisse vom Mittwoch stattfinden“, so der Präsident. Ein Heimspiel des 1. FC Lok wird es in diesem Kalenderjahr voraussichtlich ebenfalls nicht mehr geben. Das Gastspiel des Berliner AK musste aufgrund des aufgeweichten Platzes abgesagt werden. Ein Nachholtermin steht noch nicht fest.

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