Es gibt einige Traumtänzer in der sächsischen Regierung, die eifrig beschwören, mit dem Verkauf der Braunkohlesparte von Vattenfall an das tschechische Konsortium EPH sei die Braunkohleverstromung in Sachsen wieder gesichert. Das Gegenteil ist der Fall. Seit dem 5. August ist bekannt, dass der Deal möglicherweise sogar gegen europäisches Kartellrecht verstößt.

Die EU-Kartellbehörde jedenfalls zögert, dem Verkauf zuzustimmen. Und das wohl auch, weil Vattenfall seine Kraftwerke und Tagebaue quasi regelrecht verschenkt.

Das kommentierte der Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im brandenburgischen Landtag, Axel Vogel, am 5. August so: „Es verwundert nicht, dass die EU-Kommission die Umstände des Verkaufs nun vertieft prüft. Vattenfall ist ein staatliches Unternehmen, das Königreich Schweden hat aus übergeordneten klimapolitischen Gründen seine Braunkohlesparte an EPH quasi verschenkt und legt nun weit über 1 Milliarde Euro oben drauf, damit EPH die mit dem Kauf übernommenen Verpflichtungen zur Sanierung der bislang ausgekohlten Flächen erfüllen kann. Der Verdacht, dass derartige Verkaufskonditionen als staatliche Beihilfe gewertet werden könnten, ergibt sich von selbst.“

Die 1 Milliarde Euro, die EPH quasi bekommt, sind eigentlich die zurückgelegten Sanierungskosten für die Lausitzer Tagebaue. Doch auch die sächsischen Grünen zweifeln, ob das Geld auch dann noch da ist, wenn die Tagebaurestlöcher tatsächlich rekultiviert werden müssen.

Dass ein Vattenfall-Sprecher andeutete, dass der offizielle Verkauf der Braunkohlesparte von Vattenfall an EPH nun möglicherweise erst im Herbst stattfinden wird, empfindet Dr. Gerd Lippold, energiepolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im sächsischen Landtag, als erstes Eingeständnis, dass dieser Verkauf ganz bestimmt nicht so reibungslos vonstatten geht wie behauptet.

„Diese Nachricht kommt nicht überraschend. Spätestens mit der Beschwerde der Lausitz Mongolia Mining Generation AG (LMMG) über den Ausschluss aus dem Bieterverfahren im Januar 2016 war klar, dass Ärger droht. Schon das gut durchgerechnete und durchdachte Greenpeace-Angebot war zuvor pauschal abgebügelt worden“, kommentiert er die dubiosen Vorgänge, die dazu geführt haben, dass Vattenfall im Frühjahr auf einmal nur noch mit einem Bieter dastand, der augenscheinlich nicht mal das höchste Gebot abgegeben hatte.

„Nachdem sich seriöse Bieter mangels Geschäftsperspektive bereits verabschiedet haben, zeigt die Gemengelage ganz klar: die Beschwörungen der Staatsregierung, ein neuer Investor bringe wieder Sicherheit in die Kohlereviere, sind illusorisch“, kritisiert Lippold die Akteure in der sächsischen Regierung, die sich bis heute beharrlich weigert, für die Lausitz ein realistisches Ausstiegsszenarium aus der Kohleverstromung zu entwickeln. Da reicht es nicht, einfach zu hoffen, der Käufer würde das Geschäft noch bis 2040 oder 2050 betreiben oder gar alle Kraftwerke am Netz lassen können, wenn der Strompreis an der Börse so unübersehbar im Keller ist.

„Der Greenpeace-Vorschlag war das bisher einzig realistische Szenario. Denn ein Stiftungsmodell ist geeignet, das Tagebau- und Kraftwerksgeschäft geordnet und über einen längeren Zeitraum zu Ende zu führen und dabei auch die Finanzierung von Strukturwandel und Renaturierung sicher zu lösen. Sowohl der in der Greenpeace-Analyse definierte Barwert von ca. 500 Millionen Euro als auch das 1,8-Milliarden-Euro-Angebot von LMMG lagen offenbar über dem am Ende geschlossenen EPH-Deal“, stellt Lippold fest. „Pikant: Beim Geschäftsführer der LMMG, die nun den Verkaufsabschluss verzögert, handelt es sich um einen ehemaligen Manager der EPH-Tochter MIBRAG. Sein Sohn ist noch heute Geschäftsführer eines MIBRAG-Tochterunternehmens.“

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