Wohin es führt, wenn ein Ministerpräsident nicht wirklich den Mumm hat, Leitplanken zu setzen und sich alles notwendige Wissen über Wohl und Wehe des ihm anvertrauten Landes zu besorgen, zeigt das Beispiel Rückstellungen für die Braunkohletagebaue. Wenn schon der „Landesvater“ nicht wissen will, was da auf Sachsen zukommt, dann spielt der verantwortliche Konzern auch mit Jana Pinka Katz und Maus.

Dr. Jana Pinka ist die Sprecherin der Linksfraktion im Landtag für Umweltpolitik und Ressourcenwirtschaft. Bereits im April 2017 hatte sie Akteneinsicht beim Oberbergamt in das durch die LEAG bis zum 31. Januar 2017 vorzulegende Konzept zur erforderlichen Vorsorge der Wiedernutzbarmachung und der Ewigkeitslasten und den bergbaubedingten Rückstellungen gestellt. Das Konzept gibt es tatsächlich. Nur angucken darf es die Abgeordnete nicht wirklich. Die LEAG ist jener Konzern, der in der Lausitz die Kraftwerke und Tagebaue von Vattenfall übernommen hat – samt der 1 Milliarde Euro, die Vattenfall schon zurückgelegt hatte, um für die Renaturierung der ausgekohlten Tagebaue vorzusorgen.

Seit der Übernahme beschäftigt viele Bobachter die Frage: Ist wenigstens diese 1 Milliarde noch da? Oder hat die LEAG damit ihre Aktionäre ausbezahlt?

Anfragen bei der Sächsischen Staatsregierung führten immer wieder ins Nichts: Die beharrte darauf, von dieser Vorsorge nichts wissen zu wollen. Das ginge nur die LEAG etwas an. Über das Oberbergamt hätte man freilich jederzeit die notwendige Einsicht.

Die Behörde freilich lehnte unter Verweis auf geheim zu haltende Daten auch die Anfrage der Landtagsabgeordneten ab.

Also hat sie versucht, auf andere Weise ein Bild von dem zu bekommen, was da möglicherweise an Milliardenkosten auf die Sachsen zurollt.

Jana Pinka hat Akteneinsicht in die Verwaltungsvorgänge genommen und feststellen müssen, dass die LEAG einzelne Teile des Wiedernutzbarmachungskonzeptes aus Geheimhaltungsgründen geschwärzt wissen wollte, das Konzept aber dennoch insgesamt nicht herausgegeben wurde.

Das Wiedernutzbarmachungskonzept muss beschreiben, welcher Aufwand fällig wird, wenn der Bergbau eingestellt wird und aus der Tagebaulandschaft eine in irgendeiner Weise von Menschen wieder zu nutzende Landschaft werden soll. Erst wenn das alles aufgelistet ist, kann man auch die Folgekosten abschätzen.

Aber genau das will die LEAG augenscheinlich verhindern. Und findet dabei im Sächsischen Oberbergamt auch noch amtliche Unterstützung.

Am Freitag, 27. Oktober, hat die Abgeordnete ihren Widerspruch gegen den abschlägigen Bescheid des Oberbergamtes auf Akteneinsicht begründet. Sie erklärt dazu: „Hier handelt es sich nicht um ein privates Geplänkel zwischen Oberbergamt und Jana Pinka. Alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler wären betroffen, wenn die LEAG Pleite ginge und die Rücklagen nicht reichten, um die Bergbau-Folgeschäden zu beheben. Das hätte schlimme Folgen für den gesamten Strukturwandel. Deshalb ist eine gesellschaftliche Debatte darüber wichtig. Deren Voraussetzung ist es, dass die LEAG ihre Rückstellungen offenlegt, anstatt sich hinter etwaigen vorgeschobenen Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zu verstecken. Das Beispiel Nordrhein-Westfalen zeigt, dass es geht.“

Bis die gesamten Unterlagen vorgelegt werden müssen, fordert die Abgeordnete vorab die Herausgabe der von der LEAG als nicht der Geheimhaltung bedürftig eingestuften etwa 20 Seiten des Wiedernutzbarmachungskonzeptes, das verglichen mit den rheinischen Verhältnissen recht dürr ausfällt.

Pinka verweist dazu auf die Bezirksregierung Arnsberg in Nordrhein-Westfalen, wo das Ganze wesentlich weniger geheimniskrämerisch gehandhabt wird. Diese hat drei ihr von der RWE Power AG vorgelegte externe Gutachten zu den Rückstellungen für den Braunkohlenbergbau im Rheinischen Revier im Internet zugänglich gemacht.

Jana Pinkas Widerspruch.

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