Eigentlich staunt man eher, dass der Leipziger Stadtkonzern (die L-Gruppe) noch nicht Mitglied im HYPOS-Netzwerk ist. Denn immerhin hat sich das Netzwerk HYPOS „den Aufbau einer Modellregion für Wasserstoff in den neuen Bundesländern“ auf die Fahnen geschrieben. Vor allem geht es um sogenannten „Grünen Wasserstoff“, also Wasserstoff, den man mit überschüssigen Stromkontingenten aus Windkraft- und Solaranlagen herstellen kann. Es ist ein wichtiger Baustein der Energiewende.

Mit dem eben auch die zur L-Gruppe gehörenden Stadtwerke Leipzig planen, wenn sie bis 2022 an der Bornaischen Straße ein neues Gasturbinenkraftwerk bauen, mit dem ab 2023 die Fernwärme für die Stadt Leipzig abgesichert werden soll und die Lieferungen aus dem Braunkohlekraftwerk Lippendorf enden sollen.

Anfangs wird das Kraftwerk noch mit Erdgas betrieben, was die Co2-Last der Leipziger Fernwärmeversorgung schon um rund ein Drittel senkt. Aber auch Leipzig plant ja die Herstellung der Klimaneutralität. Das heißt: Nach 2030 sollen auch die Gasturbinen im neuen Kraftwerk mit (grünem) Wasserstoff betrieben werden.

Das heißt: Die Leipziger Stadtwerke tun gut daran, sich frühzeitig mit all den Akteuren zu vernetzen, die in Mitteldeutschland Produktions-, Verteil- und Speicherkapazitäten für Wasserstoff entweder schon haben oder aufbauen.

Denn der Vorteil von Wasserstoff ist, dass er sich – anders als Strom – gut speichern lässt. Dazu können auch die Kavernen genutzt werden, die etwa die VNG in Bad Lauchstädt bislang für Erdgas betreibt. Aber das Konsortium arbeitet auch an Hochdrucktanks, die eine dezentrale Wasserstoffspeicherung möglich machen.

Die Strukturen werden natürlich dringend gebraucht, um frühzeitig die alten Strukturen der Braunkohleverstromung zu ersetzen, von denen nur noch einige unbelehrbare Politiker glauben, dass sie bis 2035 im Raum Leipzig oder bis 2038 in der Lausitz weiter irgendwie wirtschaftlich betrieben werden können.

Der Druck wird aus den Kommunen kommen, die sich – wie Leipzig – ziemlich bald wirklich auf den Weg zur Klimaneutralität machen werden. Und da kann Kohle in keiner Weise mehr Bestandteil des Energiemixes sein.

Das heißt: Die Bundesregierung hätte etwas Vernünftiges getan, wenn sie nicht so einen windelweichen und überteuerten Kohleausstiegsplan aufgelegt hätte, sondern die Milliarden sofort und konsequent in den Aufbau einer belastbaren Wasserstoff-Infrastruktur, in Stromnetze, Photovoltaik- und Windkraftanlagen gelenkt hätte.

Denn das Wasserstoff-Netzwerk wird das Herz der künftigen Energieregion Mitteldeutschland.

Oder mit den Worten des HYPOS-Netzwerkes selbst: „Das deutschlandweite Wasserstoffnetzwerk HYPOS ist nicht ohne Grund in Mittel- bzw. Ostdeutschland angesiedelt. Die Region weist in dieser Kombination in Deutschland einzigartige Merkmale auf, die diese als Vorzugsregion für die Umsetzung einer Grünen Wasserstoffwirtschaft prädestinieren. Neben dem hohen Potenzial für die Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien sind es besonders die gegebenen Infrastrukturen, welche die Region rund um das Mitteldeutsche Chemiedreieck auszeichnen.

Zur Verteilung des Grünen Wasserstoffs kann auf die an der A9 entlanglaufende 150 Kilometer lange und damit zweitlängste Wasserstoffpipeline Deutschlands zurückgegriffen werden. Diese versorgt bereits heute die verschiedenen Wasserstoffabnehmer aus dem Kraftstoff- und Chemiesektor sowie dem Bereich der Ammoniakherstellung. Nahe an der Pipeline gelegen finden sich Salzkavernen, die sich für die Großspeicherung von Wasserstoff nutzen ließen. Diese können z. B. als Energiespeicher für die Überbrückung von Dunkelflauten in einer auf 100 % Erneuerbare Energien basierender Stromversorgung dienen.

Nicht zuletzt existiert ein gut ausgebautes Erdgasnetz mit welchem sich weitere vielfältige Anwendungs- und Distributionswege für Grünen Wasserstoff eröffnen. Durch die bestehenden Anwendungen existiert ein breites Wissen im Umgang mit Wasserstoff in der Region, welches durch die Expertise von Forschungseinrichtungen ergänzt wird.“

Und das ist genau die Struktur, an die die Leipziger Stadtwerke andocken können, wenn sie ab 2023 über die entsprechend umrüstbaren Gasturbinen verfügen. „Die Leipziger Gruppe baut mit dem neuen Heizkraftwerk Leipzig Süd das emissionsärmste Gasturbinenkraftwerk der Welt. Zukünftig können dort neben Erdgas auch hohe Anteile von Grünem Wasserstoff genutzt werden.

Das HYPOS-Netzwerk erforscht seit 2013 wie die Erzeugung, Speicherung, Verteilung und Nutzung von Grünem Wasserstoff gelingen kann. Dafür bündelt das Netzwerk die Kompetenzen von 120 Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft. Mit der Leipziger Gruppe gewinnt das Netzwerk einen wichtigen regionalen Partner für die Gestaltung einer CO2-freien Energieversorgung in Mitteldeutschland“, teilte HYPOS in der vergangenen Woche mit.

Offiziell dem HYPOS-Netzwerk beitreten werden die Leipziger Gruppe und die Leipziger Stadtwerke am Dienstag, 18. August.

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