Für die ganzen Radwegebeziehungen in der Leipziger Südvorstadt müsste man eigentlich eine eigene Serie aufmachen. Beginnend mit der Bernhard-Göring-Straße, die ja im nördlichen Teil zwischen der Kurt-Eisner-Straße und der Hohen Straße für die Zeit der Umbaumaßnahmen in der "KarLi" provisorisch zur Radumgehungsstraße gemacht wurde.

Mal wieder von den Radgeisterfahrern abgesehen, die auch in der Nacht und ohne Licht entgegen der Fahrtrichtung unterwegs sind, hat dieses Radprovisorium ja bekanntlich das Dilemma an der Hohen Straße nicht gelöst, wo die Kfz-Ströme vom Bayrischen Platz ankommen und auf der Einbahnstraße in die Bernhard-Göring-Straße einbiegen, während Radfahrer hier besser stehen bleiben, bis wirklich freie Bahn ist, um geradeaus weiterzufahren Richtung Riemannstraße, wo sie einem der übelsten Pflasterstücke ganz Leipzigs begegnen.

Aber genau das ist die von der Stadt vorgesehene Radhauptroute, die nach 50 Metern auf der Riemannstraße in die Emilienstraße einbiegt. Und dort gelangt man, wie viele wissen, zu jener wirklich gefährlichen Stelle, wo die Emilienstraße in die Windmühlenstraße biegt. Das war ja Teil 1 unserer Serie.

Mittlerweile hat die Stadtverwaltung hier noch viel mehr Warn- und Verbotszeichen angebracht, das Wegstück auf der Windmühlenstraße Richtung Härtelstraße ist endgültig für die falsche Fahrtrichtung gesperrt. Nur bis zum Überweg an der neu gebauten Haltestelle darf noch entgegen der Fahrtrichtung gefahren werden. Anders kommt man ja aus der Emilienstraße nicht auf die andere Seite der Windmühlenstraße.

Neue Warnzeichen an der Emilienstraße: Vorsicht, Radfahrer von beiden Seiten! Foto: Ralf Julke
Neue Warnzeichen an der Emilienstraße: Vorsicht, Radfahrer von beiden Seiten! Foto: Ralf Julke

Natürlich hängt das mit der völlig ungelösten Radwegesituation in der Südvorstadt zusammen. Denn was in der Bernhard-Göring-Straße schon etwas chaotisch aussieht, ist in der parallelen Arthur-Hoffmann-Straße eher etwas für wirklich Hartgesottene, wie es auch in einer Leserzusendung beschrieben wird: “Ich persönlich finde die Arthur-Hoffmann-Straße für Radfahrer ziemlich gefährlich, gerade stadtauswärts (bis zur Kurt-Eisner) kann ich mich als Radfahrerin oft nicht entscheiden, ob ich mich in der schmalen Straße vom mich überholenden Auto anfahren lasse, mich am parkenden Auto festhalte, vielleicht doch mal die Spurrinne der StraBa versuche oder mich direkt vor sie werfe – hier ist m.E. wirklich zu wenig Platz für alle Verkehrsteilnehmer, weshalb es m.E. oft sehr gefährlich ist.”

Wenn die “KarLi” im November wieder für den Straßenverkehr freigegeben wird, wird sich zwar wieder einiges entspannen. Nicht alles, das ist jetzt schon absehbar, denn die alten Parkgewohnheiten sind auch nach Fertigstellung der ersten Straßenabschnitte dort alle wieder eingerissen.

Aber eine belastbare Radroute, die das wirklich hohe Fahrradaufkommen aus dem Süden aufnehmen kann, gibt es nicht, auch wenn die Verwaltung darüber nun auch schon seit ein paar Jahren diskutiert.

Was sagt der ADFC dazu?

Alexander John, Stellvertretender Vorsitzender des ADFC Leipzig

Die Route zwischen Südvorstadt und Innenstadt ist und bleibt die KarLi. Im qualifizierten Netz für den Radverkehr hat sie den Status innergemeindliche Radschnellverbindung (IR II), wenngleich am “schnell” noch gearbeitet werden muss. Sie ist damit nicht nur eine RadHAUPTverbindung, sondern ist in ihrer Funktion und Bedeutung noch höher eingestuft. Sie hat neben der Stadtteilerschließung und -verbindung auch überregionale Bedeutung für den Radverkehr.

Mit dem Umbau hat man die Zahl der Lichtsignalanlagen (umgangssprachlich Ampel) erhöht, was die Reisegeschwindigkeit des Radverkehrs wohl deutlich senken wird. Die Diskussion, ob man nicht besser hätte aus der KarLi eine Fahrradstraße bzw. Umwelttrasse machen sollen, soll an der Stelle nicht aufgemacht werden, denn diese Chance ist wegen der Fördermittelbindung mindestens für die nächsten 10 Jahre vertan. Ob die Radverkehrsmengen (störungsarm) in der KarLi abgewickelt werden können oder nicht, werden wir in einem Jahr wissen. Bisher kommt der Radverkehr leider nicht in den Berechnungen, die einer jeden Planung zugrunde liegen, vor. Das ist kein deutsches Phänomen, sondern leider sogar international so. Berechnet werden nur ÖPNV und Kfz-Verkehr. Fuß- und Radverkehr spielen in der Theorie keine Rolle, praktisch sorgen sie aber dafür, dass am Ende nichts so funktioniert, wie man sich das so schön gedacht/gerechnet hat.

Was aus der Bernhard-Göring-Straße wird, ist noch immer völlig unklar.

Das Einzige, worauf man sich in der Verwaltung zumindest mental vorbereitet, ist die Einbindung der Bernhard-Göring-Straße in die Tempo-30-Zone und damit könnte sie auch eine Fahrradstraße werden. Ob diese Einbindung in die Tempo-30-Zone aber tatsächlich kommt, ist noch nicht entschieden, denn dann müsste die Arthur-Hoffmann-Straße in beide Richtungen für den Kraftfahrzeugverkehr geöffnet werden. Und da sind wir dann auch schon so halb beim Problem der Leserin, das auch für die LVB ein ganz großes Thema ist. Im nördlichen Teil ist die Arthur-Hoffmann-Straße relativ eng und durch das Parken ist sie zusätzlich verengt. Die Gehwege sind teils so schmal, dass man sich kaum traut, das Rad an die Hauswand zu lehnen. Alles in allem keine sehr guten Voraussetzungen für die Öffnung in beide Richtungen. Die Öffnung der Arthur-Hoffmann-Straße wird sicherlich dennoch kommen, denn so wie es heute ist, ist es eine (größere) Zumutung für die Anwohnerschaft (zwei verlärmte Straßen), verkehrsorganisatorisch (das betrifft nicht nur den Radverkehr) und ein Hemmnis für die Stadtentwicklung.

Häufig ist im engen Abschnitt der Arthur-Hoffmann-Straße zu beobachten, dass Radfahrende stadtauswärts zwischen Gleis und parkenden Autos fahren und dabei noch fast am Spiegel der geparkten Autos bzw. mit den Rädern in den Gleisen hängen bleiben. Das Fahren rechts neben den Gleisen sollte man dort tunlichst unterlassen. Wer regelkonform fahren möchte, fährt AUF den Gleisen, nicht rechts daneben. Der nachfolgende Verkehr muss dann eben im Zweifelsfall mal etwas langsamer fahren. Der Gesetzgeber hat der Straßenverkehrsordnung neben der gegenseitigen Rücksichtnahme auch den Grundsatz “Sicherheit vor Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs” mitgegeben – der sollte dort ohnehin sehr gering sein. Auch das Rechtsfahrgebot bedeutet nicht, dass man am Bordstein kleben soll, sondern so weit rechts fahren soll, dass man weder sich noch andere gefährdet. Zum Bordstein sollte daher immer ein Abstand von mindestens 0,8 m eingehalten werden, zu parkenden Autos mindestens 1,2 m. Andernfalls gefährdet man sich selbst und kann im Schadensfall an den Kosten beteiligt werden.

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Bei dem Versuch, die zahlreichen Fahrbahnmarkierungen und Schilder auf der Bernhard-Göring-Straße zu interpretieren, war ich bis jetzt immer zu dem Schluss gekommen: Radfahrer in Einbahnstraßenrichtung fahren auf der Straße, gegen die Richtung auf diesem neuen Fahrradstreifen, auf dem gelbe Pfeile eindeutig nur in eine Richtung zeigen.
Scheucht mich eine Polizistin von der Straße auf den Radstreifen. “Sie blockieren hier ja den ganzen Verkehr!” (denn: Verkehr = Autoverkehr)
Ich: “Aber der Radweg ist doch nur für die Gegenrichtung, dachte ich? Die Schilder, die Markierungen….”
Sie: “Aber Sie blockieren hier alles!”
Ich: “Aber auf dem Streifen passen doch kaum zwei Fahrräder aneinander vorbei, geschweige denn zwei Fahrräder mit Anhänger, von denen das eine vielleicht links abbiegen will…”
Sie. “Sie blockieren hier den ganzen Verkehr.”

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