In der Ratsversammlung am 8. Dezember wurde auch ein Antrag der CDU-Fraktion erst einmal in die Gremien verwiesen. Darin geht es um das arg aus dem Zeitplan geratene Neubauprojekt der LVB in Mockau – die Umverlegung der Linie 9 aus der Kieler Straße in die Mockauer und Tauchaer Straße. Hier hätte eigentlich schon 2020 gebaut werden sollen. 2022 hätten hier die ersten Bahnen rollen sollen. Und die CDU-Fraktion möchte natürlich wissen, was da passiert ist.

Denn diese Strecke war eigentlich fertig geplant. Sie wurde 2019 nicht nur Teil des neuen vom Stadtrat beschlossenen Nahverkehrsplanes. Dort steht sogar das konkrete Umsetzungsdatum: „Untersuchungen zum Neubau von Straßenbahnstrecken wurden bereits für Linienverlängerungen in die einwohnerstarken Wohngebiete von Mockau (Umsetzung geplant vor 2022) mit späterer Weiterführung nach Thekla und einem Betriebsgleis zur Hauptwerkstatt Heiterblick durchgeführt.“Doch passiert ist nichts.

„Die Verlegung der Straßenbahnlinie 9, deren Fertigstellung ursprünglich für 2022, später im Nahverkehrsplan auf nach 2024 datiert war, verschiebt sich weiter. Laut Presseberichten ist mit einem Baubeginn frühestens ab 2026 zu rechnen“, stellt die CDU-Fraktion jetzt in ihrem Antrag fest, die sich hier auf einen etwas spekulativen LVZ-Artikel beruft. In der Fortschreibung des Nahverkehrsplans aber steht 2022. Das Jahr 2024 kommt in einem ganz anderen Zusammenhang vor. Darauf kommen wir noch.

„Diese Verzögerung steht der Bedeutung Mockaus als wichtiger Verkehrsknotenpunkt, einerseits für die Anwohner des Stadtteils selbst, andererseits für den Leipziger Nordosten sowie den Einpendlern, entgegen“, betonte die CDU-Fraktion.

„Dabei ermöglichen es die vorherrschenden Gegebenheiten, in Mockau eine verkehrliche Entwicklung anzutreiben, die Mockau zu einem effektiven Verkehrsscharnier für den Nordosten unserer Stadt und die Pendler aus dem nordsächsischen Umland machen. Gerade daher ist es wichtig, angekündigte Maßnahmen endlich gemeinsam mit den Anliegern und betroffenen Bürgern umzusetzen.“

Schock in der Ratsversammlung im Oktober

Den eigentlichen Schock hatte es in der Ratsversammlung am 14. Oktober gegeben, als Baubürgermeister Thomas Dienberg auf eine Anfrage der Linksfraktion hin zugeben musste, dass mit den Planungen zu den Streckenerweiterungen der LVB noch gar nicht begonnen worden war. Und das, obwohl der Stadtrat im Oktober 2020 sogar noch extra beschlossen hatte, mit den Planungen sofort zu beginnen. Denn die Streckenerweiterungen sind ja der notwendige Auftakt für das vom Stadtrat 2018 beschlossene nachhaltige Mobilitätskonzept.

Dabei hätte es für die neue Strecke in Mockau längst fertige Planungen geben müssen.

An den Leipziger Verkehrsbetrieben liegt es nicht, erklärte im Oktober LVB-Geschäftsführer Ulf Middelberg gegenüber der LZ: „Im Auftrag der Stadt haben wir mit ihr Prioritäten im Netzausbau erarbeitet. Für die Südsehne, für die Anbindung von Thekla-Süd und für das Projekt Wahren-Link gehen wir in die Vorbereitung für Planfeststellungsverfahren. Das sind drei Neubaustrecken, mit denen wir im Netz wachsen wollen. Bis dahin wachsen wir im Fahrplanangebot.“

Statt zu kommunizieren, warum die Pläne in Mockau nicht umgesetzt wurden, stellte Leipzigs Verwaltung inzwischen kurzerhand die neue Zeitschiene ins Internet: „Nach bisherigem Stand werden bis 2024 die Planungsunterlagen für die Entwurfsplanung erarbeitet und abgeschlossen. Im selben Jahr soll dann das offizielle Planfeststellungsverfahren bei der Landesdirektion Leipzig beginnen. Dieses förmliche Verfahren ist gesetzlich vorgeschrieben und bietet weitere Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung. Bevor im Jahr 2026 mit dem Neubau der Strecke begonnen werden kann, muss der Planfeststellungsbeschluss vorliegen und im Nachgang ein Ausschreibungsverfahren für die Bauleistungen erfolgen.“

Da haben wir das obskure Jahr 2024, das nicht den möglichen Baubeginn bezeichnet, sondern den Abschluss der (neuen) Planungen.

Nutzungsdauer in der Kieler Straße längst erreicht

Dabei herrscht längst Zeitdruck. Denn: „Inzwischen haben die Straßenbahnbetriebsanlagen in der Kieler Straße die Grenze ihrer Nutzungsdauer erreicht. Ein Neubau innerhalb der Kieler Straße mit besonderem Gleiskörper für eine ungehinderte Fahrt der Straßenbahn, die Anlage von Fahrbahnen mit Radverkehrsanlagen und Erhalt der Straßenbäume ist zwischen der vorhandenen Bebauung nicht möglich. Daher soll nach gegenwärtigem Stand der Planungen ab dem Jahr 2026 mit dem Bau einer Straßenbahnneubaustrecke im Zuge der Mockauer Straße und Tauchaer Straße begonnen werden. Gleichzeitig werden damit die Voraussetzungen für eine Umgestaltung der Kieler Straße geschaffen.“

Straßenbahn der Linie 1 unterwegs in der Kieler Straße. Foto: Ralf Julke
Straßenbahn der Linie 1 unterwegs in der Kieler Straße. Foto: Ralf Julke

„Die Stadtverwaltung prüft gemeinsam mit den beteiligten kommunalen Unternehmen und sonstigen Partnern, wie die Umsetzung des Bauvorhabens auf der Linie 9 (Verlegung und Neubau des Schienenweges von der Kieler in die Mockauer/Tauchaer Straße) schnellstmöglich und bestenfalls, wie in der zweiten Fortschreibung des Nahverkehrsplanes vorgesehen, zu ermöglichen ist“, hat nun die CDU-Fraktion beantragt.

Und da das Rätselraten für die Gründe groß ist, warum die Strecke noch einmal komplett umgeplant wird, beantragt sie ebenso: „Die Stadtverwaltung initiiert eine öffentliche Bürgerinformationsveranstaltung, in der die Hintergründe für die Verschiebung der Baumaßnahmen transparent dargelegt und den betroffenen Anliegern und sonstigen Interessierten eine verbindliche Zeitschiene für die Umsetzung des Bauvorhabens vorgestellt werden.“

Und sie beantragt ebenfalls: „Um die Weiterentwicklung des Verkehrsknotenpunktes an der Mockauer Post inklusive des bestehenden S-Bahn-Haltes zu untermauern, schafft die Stadtverwaltung ein anliegendes Parkdeck mit Abstellflächen für Pendler, denen damit der Umstieg vom MIV auf den ÖPNV erleichtert wird.“

Ob sich der Antragspunkt dann freilich mit der Aufwertung des Gebiets verträgt, die auch die Stadt plant, ist wohl fraglich: „Parallel zu den Planungen der Straßenbahnneubaustrecke erfolgen begleitend städtebauliche Untersuchungen zur Aufwertung des anliegenden Gesamtareals“, formuliert es die Verwaltung, die ja selbst betont, dass Mockau endlich in den Fokus der Stadtplanung gerückt ist.

Mit Rasengleis durch die Tauchaer Straße

Was soll da ab 2026 gebaut werden? „Vorgesehen ist eine Straßenbahnneubaustrecke im Zuge der Mockauer Straße/ Tauchaer Straße mit einem im Straßenquerschnitt mittig liegenden besonderem Bahnkörper, außen anliegenden Richtungsfahrbahnen, Radverkehrsanlagen, Straßenbäumen, Parkplätzen und Gehwegen. Der besondere Bahnkörper soll überwiegend mit einem Rasengleisbett ausgestattet werden, sodass der Straßenbahnlärm auf ein Minimum reduziert werden kann. Barrierefrei ausgebaute Haltestellen sind vorgesehen in Höhe des Leipzig Mockau Center, an der Komarowstraße und zwischen der Simon-Bolivar-Straße und Stralsunder Straße.“

Womit dann das Neubaugebiet Mockau besser an das Straßenbahnnetz angeschlossen sein wird.

Aber die CDU-Fraktion hat ja recht: Inzwischen sollte wohl jemand erklären, warum dieses wichtige Teilprojekt der Leipziger Mobilitätsstrategie nun auch wieder sechs Jahre Verspätung hat und warum so das eigentlich bis 2030 geplante Mobilitätskonzept durch immer neue Verschiebungen zusehends zu Makulatur wird.

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Solche Tatbestände provozieren geradezu eine Politikverdrossenheit, auch im kommunalen Bereich.
Dabei ist die Politik selbst gar nicht unbedingt das Hauptproblem.
Der Haken an den Abläufen liegt offenbar an der unkontrollierbaren Schnittstelle zwischen der Politik (Stadtrat) und den ausführenden Organen (Verwaltung).
Oder anders ausgedrückt: an der sich verselbstständigten Verwaltung, die tun kann, was sie will und dafür nicht einmal Rechenschaft ablegen muss?

Auch in meinem beruflichen Umfeld schälen sich ähnliche Zustände immer weiter heraus:
Es werden Anweisungen / Entscheidungen festgelegt, aber deren Kontrolle oder Ausführung verlieren sich im Nichts.
Und in meinem Klein-Klein der Büroarbeit mittlerweile ebenso: Man schreibt Emails, aber muss später aktiv nachfragen, was aus diesen geworden ist, selbst bei eindeutigen Sachverhalten. Wozu dann noch?
Wer soll das alles bei steigendem Arbeitspensum nachfragen und kontrollieren?

Ein Fluch der organisiert verantwortungslosen und digitalisierten Welt.
Früher gab es mal Chefs / Entscheider, die hatten Kompetenz und Durchsetzungsvermögen.
Und organisatorische Abläufe, die ihren Namen wert waren.
Heute gibt es nur noch “Verwaltungsposten”. Ohne jegliche evaluierte Verbindungen.
Siehe Stadtrat – Verwaltung.

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