Die falschen Spar- und Verschlankungspläne der Bahn aus den 1990er Jahren habe Folgen bis heute und weit in die Zukunft hinein. Zwischen den beiden sächsischen Großstädten Leipzig und Dresden hätte längst ein echter Halbstundentakt eingeführt werden müssen. Die Bahnstrecke Leipzig–Dresden ist eine zentrale Verkehrsachse für Sachsen. Seit Jahren jedoch werden Fahrgäste und Pendler ausgebremst, kritisiert Stefan Hartmann, der verkehrspolitische Sprecher der Linksfraktion im Sächsischen Landtag: Überfüllte Züge und regelmäßige, teilweise erhebliche Verspätungen prägen den Alltag.

Künftig halten dann auch noch weniger ICEs in Riesa, um – aus Sicht der Bahn – den Fernverkehr zu beschleunigen, wie insbesondere der Fahrgastverband PRO BAHN kritisiert.

„Es kann nicht sein, dass Fahrgäste jeden Tag um ihre Anschlussverbindungen bangen und sich in überfüllten Zügen drängen müssen. Besonders der Saxonia-Express RE50 ist seit Jahren mit Fahrgastzahlen konfrontiert, denen die Kapazität der Fahrzeuge nicht gerecht wird“, kommentiert Stefan Hartmann die Zustände auf der Strecke.

„Dabei ist diese Strecke für den Betreiber Deutsche Bahn eine der wenigen profitablen Regionalverbindungen. Im Abschlussbericht der ÖPNV-Strategiekommission des Freistaats Sachsen wird als klares Ziel für den RE50 ab dem Jahr 2024 eine Taktverdichtung auf einen Halbstundentakt empfohlen, um das Angebot auf hohem Niveau zu halten und der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden. Ich schließe mich dieser Forderung an.“

Doch könne er nicht erkennen, dass es Pläne gibt, dieses Ziel endlich zu erreichen. „Dabei wäre ein Halbstundentakt mit dem kommenden Fahrplanwechsel eine dringend nötige Verbesserung für die Pendler zwischen Leipzig und Dresden. Zugleich würde so auch das Problem der kommenden fehlenden Halte der ICEs in Riesa abgemildert bzw. entfallen“, sagt Hartmann.

„Ich fordere den Verkehrsminister auf, mit dem Betreiber über die überfällige Forderung nach einem Halbstundentakt zu sprechen. Bis dahin braucht es mindestens eine Kapazitätserweiterung der Fahrzeuge, um der wachsenden Fahrgastzahl gerecht zu werden.“

Riesa wieder abgehängt?

Der Fahrgastverband PRO BAHN kritisiert die Pläne der Deutschen Bahn, einen großen Teil der ICE-Halte am Bahnhof Riesa entfallen zu lassen. Die Fahrgastvertreter fordern, anstatt den Betrieb mit Haltausfällen zu stabilisieren, auf längere Wendezeiten zu setzen.

Laut Vorabinformationen von DB-Fernverkehr soll der Bahnhof Riesa ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2025 einen Großteil seiner ICE-Halte der Linie 50 (Dresden – Leipzig – Frankfurt – Wiesbaden) verlieren. Künftig sollen nur noch fünf Verbindungen in Riesa halten: morgens um 6:48 und 8:48 Uhr in Richtung Leipzig sowie abends um 19:11, 21:11 und 23:11 Uhr in Richtung Dresden.

Begründet wird der Wegfall mit einem neuen Fahrplankonzept, das einen Korrespondenzanschluss in Erfurt zum ICE Sprinter in Richtung Nürnberg und München vorsieht. Der Fahrgastverband PRO BAHN begrüßt dieses Ziel ausdrücklich und sieht in dieser Umsetzung des sogenannten „Mittelfristigen Konzept für eine optimierte Kapazitätsnutzung“ (mKoK) des Netzbetreibers InfraGO für den Fahrplan 2026 grundsätzlich einen sinnvollen Schritt zu einem attraktiveren Fernverkehrsangebot.

Allerdings sieht das mKoK den Halt in Riesa nicht als verzichtbar an – im Gegenteil, stellt PRO BAHN fest: Sowohl im Konzeptstatus 2026 als auch in den Entwürfen für das Fahrplanjahr 2028 ist der ICE-Halt dort weiterhin enthalten. Der nun geplante Wegfall ergibt sich offenbar nicht aus fahrplantechnischen Notwendigkeiten, stellt PRO BAHN fest, sondern aus einer sogenannten Kurzwende in Dresden.

Die ICE-Züge sollen sich künftig nach nur rund 25 Minuten zur Rückfahrt aufbrechen, um den Fahrzeugbedarf zu senken. Dass Verbindungen am frühen Morgen und späten Abend weiterhin in Riesa halten können, weil sie nicht von dieser Kurzwende betroffen sind, zeigt, dass es sich um eine rein betriebliche Entscheidung handelt und nicht um eine zwingende Folge des neuen Fahrplankonzepts.

Ein Rückschlag für die Region

Michael Koch, Referent für die Region Dresden beim Fahrgastverband PRO BAHN merkt dazu an: „Der Wegfall von fast drei Viertel der bisherigen ICE-Halte in Riesa ist ein herber Rückschlag für die gesamte Region. Pendlerinnen und Pendler müssen künftig auf den bereits überlasteten RE50 ausweichen – dies ist keine zumutbare Lösung. Auch Reisende, die von der RB45 umsteigen, verlieren den stündlichen Anschluss an den Fernverkehr Richtung Leipzig und weiter nach Erfurt und Frankfurt – mit Fahrzeitverlängerungen von bis zu einer Stunde.“

Und Lukas Iffländer, stellvertretender Bundesvorsitzender des Fahrgastverbands PRO BAHN, ergänzt: „Mit den nur noch unregelmäßigen ICE-Halten in Riesa entfernt sich die Bahn vom Ziel eines klar strukturierten, verlässlichen Taktfahrplans. Auch sind 25 Minuten Wende viel zu knapp für die ICEs, die aus dem verspätungsanfälligen Ballungsraum Frankfurt kommen.

Stattdessen sollte der ankommende ICE in die Abstellung fahren und ordentlich gereinigt werden, während für die nächste Fahrt ein anderer Zug aus der Abstellung bereitgestellt wird. Mit einer ähnlichen Strategie plant DB Konkurrent Flixtrain, seine Betriebsstabilität in Hamburg zu steigern.“

Zudem stehe der geplante Wegfall im Widerspruch zu früheren Aussagen der Deutschen Bahn: Noch 2022 wurde Riesa in der Sächsischen Zeitung als wichtiger Knotenpunkt bezeichnet und eine langfristige Beibehaltung des ICE-Halts zugesichert.

Der Fahrgastverband PRO BAHN fordert daher die Beibehaltung des Systemhalts Riesa für die ICE-Linie 50 (Dresden – Leipzig – Frankfurt – Wiesbaden), den Verzicht auf die betrieblich instabile Kurzwende in Dresden durch den Einsatz eines zusätzlichen Umlaufs, sowie dauerhaft ausreichende Kapazitäten auf der Linie 50 – z. B. durch Einsatz der modernisierten ICE 1 mit neun Wagen (LDV), Doppeltraktionen der ICE T-Züge oder andere Fahrzeuge ähnlicher Kapazität.

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Es gibt 4 Kommentare

Genau solche ‘Einsparungen’ wie das hier geplante “beschleunigten Umsetzen der Züge” haben die Bahn dahin gebracht, wo sie jetzt ist: In die Katastrophe. Und jetzt soll das noch verstärkt werden?

Ich sehe zwar auch nicht dass Riesa mit der Neuplanung abgehängt wird, aber es ist typisch, dass das vorgebliche Argument der Bahn dafür vorgeschoben ist. Das ist so normal geworden, verwaltungsseitig (ich zähle die Bahn hier jetzt in diesen Kosmos) mit Scheinargumenten Entscheidungsgründe zu verschleiern. Da sind wir also beim beschleunigten Umsetzen der Züge in Dresden. Das ist aber für sich eine totale Luftnummer und das weiß die Bahn und deswegen ist sie auch nicht transparent: Die typischen Verspätungen werden dieses ganze Konzept hintertreiben, aber noch schlimmer: Auch die Sauberkeit der Züge ab Dresden wird fragwürdiger werden. Das ist immerhin ein Aspekt, der das Reisen mit Schnellzügen häufig dennoch erträglich macht. Und an dem wird so auch gegraben. Von Funktionsstörungen bei stärker Non-Stop eingesetzten Wagen ganz zu schweigen. Die werden so – ohne verfügbaren Zug aus der Abstellrotation – vielleicht zunehmen aber jedenfalls werden sie gravierendere Betriebsstörungen nach sich ziehen weil gestörte Züge nicht durch auf Vordermann gebrachte bereitstehende aufgefangen werden können bzw. keine Reparatur-/Wartungszeit für Kleinigkeiten wie eine hängende Tür o.ä. zur Verfügung steht. Und das soll ein Weg sein? Es ist die nächste Runde des “Verschiebebahnhofs” die es nicht besser macht. Die Bahn ist wirklich – ich bin bei weitem nicht der erste der das schreibt – ein Symbol für den Zustand unseres Landes geworden.

Die neuen Doppelstockzüge für Saxonia kann man heute schon fahren: Seit ein paar Jahren sind sie im VBB auf dem Netz Nord Süd im Einsatz. https://de.wikipedia.org/wiki/Bombardier_Twindexx_Vario#Nord-S%C3%BCd-Netz_Berlin-Brandenburg
Die Kapazität wird sich mit den Twindexx Vario etwas erhöhen. Die Zahl der Sitzplätze wird sich jedoch nicht erhöhen.
Der ursprüngliche Plan für Saxonia sah vor, dass die S4 von Leipzig bis Riesa verlängert wird und eine neue Regionalbahn von DD nach Riesa fährt. Für die Regionalbahn im VVO fehlt allerdings im Moment noch das Geld.
Der Knoten Riesa ist durchaus bedeutsam. Allerdings sind die Nord-Süd-Linien mit den Ost-West-Linien nicht abgestimmt. Wer notgedrungen in Riesa umsteigen muss, sollte eine Stunde Wartezeit einplanen. Die Linie RB45 ist hinsichtlich umsteigen auf voller Länge ein Totalausfall. Auch in Döbeln wartet man 1 Stunde. In Elsterwerda fehlt die Anbindung Biehlas. Da hat man mal eben 2km Fußmarsch durch Niemandsland, wenn man in Richtung Leipzig/Cottbus möchte.

Es ist völlig richtig, dass die schnellste Zugart nicht überall hält. Die seit langen Jahren übliche Praxis, dass sich Politiker einen Halt “an der Gießkanne” wünschen können, sollte korrigiert werden und wird wohl auch gerade zu Recht korrigiert. Die Fahrpläne müssen stabilisiert (die Kritik zur Kurzwende ist deswegen angemessen) und attraktiver werden.
In Riesa wird niemand abgehangen deswegen. Es gibt zwischen Dresden und Leipzig immer noch den IC und es gibt eben auch den erwähnten RE50.

Dass dieser seit Jahren so voll ist nervt. Damals hieß es, vom Staat kommt weniger Geld, also müssen die Doppelstockzüge ersetzt werden gegen die Talent-2-Züge, so dass sich die Packungsdichte erhöht und in Tagesrandzeiten der Zug kürzer, also billiger fahren kann.
Die eingesetzten Fahrzeuge müssen endlich ersetzt werden, bis dahin im Grunde dauerhaft mit voller Kapazität fahren (statt teilweisem Einsatz von nur einer Garnitur).
Wie sich der Verband eine “Kapazitätserweiterung der Fahrzeuge” angesichts der Bahnsteiglängen der Unterwegsbahnhöfe vorstellt, hätte ich gern konkreter gehabt. Ab Ende 2026 sollen neue Doppelstockzüge kommen, vielleicht wird das ja der große Wurf…

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