Aschermittwoch ist Veggieday. Ganz freiwillig. Ganz ohne Stadtratsbeschluss. Wer will, kann mitmachen. Zehn Leipziger Restaurants, Gaststätten und Café laden ein. Einige müssen nicht mal ihr Programm ändern, weil vegetarisches und veganes Schmausen längst seinen Platz auf der Speisekarte hat. Und zum Appetitmachen luden drei Leipziger Grüne die Presse am Montag zum Rouladen-Rollen ein in ein kleines junges Unternehmen in der KarLi.

So jung, dass noch nicht mal ein Firmenschild an der Straße leuchtet: VOOD-Kitchen heißt das kleine Drei-Personen-Unternehmen, das seit September letzten Jahres in einer Manufaktur im Hinterhaus der Karl-Liebknecht-Straße 104 Steaks, Rouladen, Gulasch und Döner für die Leipziger Gastronomie produziert – aber nicht aus Fleisch, sondern aus Soja- oder Weizeneiweiß. Vegetarische Fleischalternativen sind Schwerpunktthema beim diesjährigen 5. Leipziger Veggieday, der am Mittwoch, 18. Februar, stattfindet.

Julia Meißner, Philipp Illing und René Erler heißen die drei Mutigen, die sich zusammentaten, um für die Leipziger Gastronomie vegetarische Produkte gleich in Leipzig herzustellen. Aus Qualitätszutaten und – wo möglich – direkt aus regionalen und saisonalen Produkten. Die Nachfrage ist da. In der Südvorstadt und in Connewitz schon lange. Und in dieser Ecke Leipzigs kann man auch mit Bistro-Betreibern sprechen. Die sind ein buntes Publikum gewöhnt. Sechs Bistros haben die VOOD-Produkte schon im Angebot. Und die werden gekauft. Es muss nicht immer nur Döner oder Bratwurst sein.

Man muss die Menschen abholen, da, wo sie sind, bestätigt auch René Erler. Deswegen sehen die Produkte aus der kleinen Produktionsionsstätte nicht nur so aus, wie Klassiker aus Fleisch, sie schmecken auch so. Und satt machen sie auch. Es steckt eine Menge Erfindergeist darin. Und natürlich jene Pionierarbeit, die alle leisten, die in Leipzig klein beginnen.

Manch älterer Südvorstädter kennt noch die kleine Bäckerei, die es mal in der Nr. 104 gab. Die VOOD-Produktionsräume waren mal die Backstube. Zeitweilig war auch mal eine Falafel-Produktion drin. Als die drei Unternehmensgründer im Herbst loslegten, lagen noch die alten rot-weißen Fliesen aus DDR-Zeiten drin. Die Elektrik musste erneuert werden, ein Fettabscheider musste in den Keller. Chef in der Küche ist Philipp Illing, der schon so einiges vorbereitet hat für den Fototermin. Denn es soll ja keine Kochsendung werden, sondern ein schönes Bild, das für den Mittwoch werben soll: Vier Leipziger Grüne beim Rollen veganer Rouladen.

In diesem Fall: Seitan-Roulade mit einer Soja-“Speck”-Füllung.

Philipp Illing leitet Kornelius Unckell, Claudia Maicher und Monika Lazar an beim Rollen der Seitan-Rouladen (v.l.). Foto: Ralf Julke
Philipp Illing leitet Kornelius Unckell, Claudia Maicher und Monika Lazar an beim Rollen der Seitan-Rouladen (v.l.). Foto: Ralf Julke

Eine Grüne hat’s nicht geschafft zum Termin. Aber die drei, die kommen, haben ihren Spaß am Rollen, während die Fotografen herumspringen und ihre Bilder einfangen.: Monika Lazar, Bundestagsabgeordnete, die Landtagsabgeordnete Claudia Maicher und Veggieday-Initiator und grünes Vorstandsmitglied Kornelius Unckell. Auf die Frage, ob alle drei eigentlich eingefleischte Veganer seien, gibt’s das große Hallo: Eingefleischt? – Dafür gibt’s natürlich kein Ersatzwort. Weil es auch nichts mit Essen, sondern mit der Redewendung zu tun hat “in Fleisch und Blut übergegangen”. Also zur Gewohnheit geworden. Der Mensch besteht nun einmal nicht aus Gemüse.

Aber eingefleischte Veganer seien sie alle drei nicht. Vegetarier, das schon. Ab und zu, zur besonderen Gelegenheit, darf es auch mal Fleisch sein. Aber eher selten.

Und Veggie-Day ist für die drei sowieso kein Kampfthema. Auch wenn der Antrag auch in Leipzig natürlich ein schönes Ziel hatte: Auch die – eingefleischten – Fleischesser einmal in der Woche dazu zu bewegen, es doch auch mal ohne verarbeitetes Tier auf dem Teller zu versuchen. Aber da gab es ja bekanntlich einen regelrechten Entrüstungssturm in einige Fraktionen. Und in einigen Medien. Wie kann man nur.

Aber der einmal im Jahr stattfindende Veggie-Day ist freiwillig. Und er ist zu einer kleinen Institution geworden. Ein hübscher Anlass – mitten in der Fastenzeit – einmal auszuprobieren, wie vielfältig vegetarische Mahlzeiten sind. In diesem Jahr auch noch mit dem Extra: vegane Gerichte.

Die Aufmerksamkeit der Menschen für diese Welt wächst. Auch weil sich kreative Leute wie die drei von VOOD-Kitchen auch bei Soßen und Gewürzen so einiges einfallen lassen, damit ihre Produkte auch zur geschmacklichen Überraschung werden für alle, die es ausprobieren. Etwa beim Grillen. Die Grillsaison kommt ja erst. Und auf manchem Grill lag ja schon in der Vergangenheit eine Menge Gemüse, weil viele Grillfreunde zwar das Gegrillte mögen, aber kein Fleisch.

Und so produziert Philipp Illing auch Grillsteaks in diversen Ausführungen. Bei den Partnern von VOOD-Kitchen erhältlich zu einem Preis, den sich eigentlich jeder Grillfreund leisten kann. Wenn er – oder sie –  Lust auf veganes Gegrillte hat.

Und die nächsten Pläne gibt es auch schon. Denn warum nicht ans VOOD-Kitchen gleich noch ein eigenes Bistro ankoppeln? Die Idee reifte auf dem Connewitzer Weihnachtsmarkt, als die Produkte, die die drei in ihrer Bude anboten, auf großen Zuspruch bei den Connewitzern stießen. Also verrät Julia Meißner schon mal, dass es ab 2. März auch ein eigenes veganes  Bistro geben wird – direkt in Connewitz an der Bornaischen Straße.

Und auch ein anderes Feld wollen die drei in nächster Zeit beackern, weil auch von dort schon die ersten Anfragen kommen: die gehobene Gastronomie und die Hotels in Leipzig. Auch gerade jene Bereiche, in denen bislang die deftige, von Fleisch dominierte Speisekarte dominiert. Das Interesse, dieses Angebot auch durch anspruchsvolle vegane Gerichte zu bereichern, ist da.

Einige der Restaurants, die sich am Veggie-Day am Mittwoch beteiligen, haben auch die Produkte aus dem VOOD-Kitchen im Angebot.

Was sagen die drei grünen Rouladen-Roller zu ihrem Ausflug in die vegane Küche?

Monika Lazar: „Ich bin schon zu DDR-Zeiten Vegetarierin gewesen. Heute ist das soviel einfacher geworden, mit all den leckeren Sachen, die man statt Fleisch so bekommt. Selbst für die Grillsaison gibt es zusätzlich zum Gemüse vielfältige Alternativen. Und wenn es eine Wurst sein soll, dann empfehle ich Veggi-Wurst vom Grill.“

Claudia Maicher: „Besonders freut mich, dass wir beim Rouladenrollen einen regionalen Lebensmittelproduzenten wie VOOD-Kitchen unterstützen können. Wir haben in Sachsen einen großen Nachholbedarf, vor allem beim regionalen Bio-Essen. Wertschöpfung vor Ort und kurze Transportwege gerade auch im Lebensmittelbereich sollten ein Kernanliegen der regionalen Wirtschaftsförderung sein.“

Kornelius Unckell: “Ich bin froh, dass wir unseren heiteren und genussbetonten Leipziger Veggieday locker über die Hürden der moralinsauren Diskussion heben konnten. Bei uns macht Veggieday Spaß! Ich werde wieder alles durchprobieren und am Aschermittwoch alle zehn Restaurants besuchen. Nicht einfach, aber jedes Jahr sooo lecker.“

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