Natürlich geht es am Ende um den Preis. Fleisch aus artgerechter Haltung gibt es nicht zu den bekannten Discounter-Preisen. Und ein paar Label reichen ganz augenscheinlich nicht, um das Problem der Massentierhaltung mit ihren unzumutbaren Haltungsmethoden zu ändern. Die Verbraucherzentralen haben die Lage im Supermarktregal geprüft und ziehen zum Weihnachtsfest 2020 eine niederschmetternde Bilanz.

Wer seinen Weihnachtsbraten aus besserer Haltung auftischen möchte, hat es schwer. Auch anderthalb Jahre nach Einführung des Haltungsform-Labels bieten Supermärkte und Discounter nur ein geringes Angebot an Fleisch mit höheren Standards. Das zeigt ein bundesweiter Marktcheck der Verbraucherzentralen mit mehr als 1.700 verpackten Fleischprodukten, darunter 79 aus Sachsen, in rund 30 Geschäften.

Im aktuellen Marktcheck wollten die Verbraucherzentralen wissen, wie sich das Fleischangebot der einzelnen Stufen im Vergleich zum Vorjahr veränderte und stellten kaum Veränderungen fest. Wie 2019 stammt auch aktuell mehr als die Hälfte der Fleischprodukte aus Haltungsform 1 und gut ein Drittel aus Haltungsform 2. Das entspricht dem gesetzlichen Standard oder liegt etwas darüber. Aber das kann überhaupt nicht das Ziel sein, denn von artgerechter Haltung ist das immer noch weit entfernt.

Fleisch aus Haltungsform 3 macht mit drei Prozent einen verschwindend geringen Anteil aus. Haltungsform 4 ist mit gut 10 Prozent etwas häufiger vertreten. Dies ist vor allem Biofleisch. Das Angebot variiert je nach Fleischsorte sehr stark.

„Das schränkt die Auswahl beim Einkauf erheblich ein“, so Uta Viertel von der Verbraucherzentrale Sachsen. 88 Prozent des Fleisches aus Haltungsform 2 war Geflügelfleisch und 12 Prozent Schweinefleisch. Nur ein Drittel der Geschäfte bot überhaupt Fleisch aus der Haltungsform 3 an, darunter war nur ein Rindfleischprodukt, der Rest entfiel je zur Hälfte auf Schweine- und Geflügelfleisch.

„Damit Verbraucher/-innen mehr Fleisch aus besserer Tierhaltung kaufen können, müssten Schweine-, Rind- und Geflügelfleisch auch in der ,Haltungsform‘ 3 und 4 gut verfügbar sein“, so Viertel. „Davon sind die Handelsketten derzeit jedoch weit entfernt.“

Wollen Händler/-innen ihren Kund/-innen mehr Orientierung bieten, müssten sie die „Haltungsform“ auch an Bedientheken und auf Wurstwaren kenntlich machen und besser über die Kriterien des Labels informieren.

Seit April 2019 kennzeichnen acht Handelsunternehmen ihre Fleischprodukte einheitlich mit dem Label „Haltungsform“. Dieses vierstufige, freiwillige Label zeigt, wie die Tiere gehalten wurden. Dieses Zeichen des Handels ist kein Tierwohllabel und kann auch nicht flächendeckend für mehr Tierwohl in den Ställen sorgen. Mehr Platz und Einstreu im Stall sind ein Baustein für besseres Tierwohl.

Für verlässliche Aussagen müssen darüber hinaus verhaltens- und gesundheitsbezogene Parameter wie Lahmen, Bissverletzungen, Organbefunde usw. in der Tierhaltung und am Schlachthof systematisch erhoben und ausgewertet werden, betont die Verbraucherzentrale Sachsen. Die Haltungsform-Kennzeichnung ist deshalb nicht mehr als eine Übergangslösung.

„Die Verbraucherzentrale Sachsen fordert daher, schnellstmöglich die aussagekräftigere staatliche Tierwohlkennzeichnung einzuführen“, erklärt Uta Viertel.

Für flächendeckend mehr Tierwohl ist auch aus Sicht der Verbraucherzentralen der ambitionierte Umbau der gesamten Nutztierhaltung notwendig. Dazu braucht es ein klares Bekenntnis von Bundesregierung und Bundesländern, für alle Tierarten gesetzliche Mindeststandards sowie Zielwerte für die messbaren Tiergesundheits- und Tierwohlparameter einzuführen und schrittweise verbindlich anzuheben.

Mehr Informationen zum Marktcheck, zu den Ergebnissen und zu den vier Haltungsformen findet man hier.

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