Immer wieder hört man als Verbraucher, dass die Strompreise in Deutschland zu hoch sind und gesenkt werden müssten. Mit den Strompreisen liegt Deutschland im Durchschnitt bei Haushalten in der EU im oberen Drittel, und das Problem besteht unter anderem darin, dass das deutsche Strompreissystem recht kompliziert und für den Normalbürger schwer überschaubar ist. Der Aufbau eines einfachen Preissystems ist deshalb illusorisch.

Um den Überblick nicht zu verlieren, habe ich versucht mich mit diesem Thema auseinander zu setzen. Es gibt viele unterschiedliche Faktoren, die den Strompreis beeinflussen.

Das sind zum einen die Kosten des Stromeinkaufes, die staatlichen Steuern und die noch am ehesten beeinflussbaren Kosten aus den Netzentgelten. Die Netzentgelte werden maßgeblich beeinflusst durch den erforderlichen Netzausbau und die flexible Reaktion auf hohes Strom-Angebot durch den schnellen Zubau von Strom-Speicherkapazitäten.

Zum anderen sind flexible Stromtarife erforderlich, die über digitale Strom-Zähler oder Smart Meter die Zeiten günstiger Strompreise erfassen und wodurch ein Stromüberangebot abgefangen werden kann. Mieter können zudem durch Nutzung von in der Entwicklung befindlichen umweltfreundlichen Batteriespeichern kostengünstigen Strom selber speichern für Zeiten, wenn der Strom teuer ist.

In dieser Ausarbeitung zum Thema Strom, Netze und Speicher setze ich mich unter Punkt A) bis C) mit den politischen Prämissen und den Festschreibungen aus dem aktuellen Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD vom Anfang April 2025 auseinander, die den Strompreis beeinflussen.

Was wird jetzt untersucht?

Im Teil 1 dieser Ausarbeitung behandle ich, wie sich die eigentlichen Stromkosten zusammen setzen: aus Kosten der Stromerzeugung und Stromeinkauf (siehe unter Teil 1 Pkt. a). Dazu kommen die Netzentgelte (Teil1 b) und unter c) Steuern, Abgaben und Umlagen. Des Weiteren gibt es Auskünfte über die Kosten, die die Strompreise zusätzlich erhöhen, wie 1.2.a) Stromüberschuss, 1.2.b) Negativstrompreise, 1.2.c) Zeiten des Strommangels und unter 1.2.d) zusätzliche Redispatch-Maßnahmen.

Im Teil 2 behandle ich die Netzentgelte, da diese Kosten zum Erhalt und Ausbau des deutschen Stromnetzes noch am ehesten beeinflussbar sind. Unter 2.b) geht es um den Netzausbau zur Stromfortleitung. Dann werden die Möglichkeiten bearbeitet, wie die Stromkosten gesenkt werden können, unter anderem im Teil 2 unter Pkt. 2.c) durch den Umbau der Strom-Zähler mittels digitalen Zählern und Smart Meter.

Teil 3: Damit die Kosten zum Stromnetzausbau nicht zu sehr den Bürger belasten, wird in der energetischen Transformation gleichzeitig der unbedingte Ausbau der Stromspeichermöglichkeiten erforderlich, zusammen mit dem weiteren Ausbau zur Erzeugung von Erneuerbaren Energien, vorrangig mittels Solaranlagen und Windkraft. Unter Pkt. 3.a) wird zu den etablierten Verfahren informiert wie Batteriespeicher, intelligente Netzsteuerung, 3.b) Erzeugung von Wasserstoff und 3.c) mögliche technologieoffene Energieumwandlung für den Transport.

Im Teil 4 beziehe ich mich auf die teilweise ungerechte Lastenverteilung der Verbraucher durch die Netzentgelte. Dabei werden die Punkte behandelt 4.1.a) reduziertes Netzentgelt bei Eigenerzeugung von Strom,
4.1.b) die Verteilung der Netzkosten, unabhängig vom Verbrauch,
4.1.c) Heizungsstrombedarf, 4.2. Netzentgeltbefreiungen, unter 4.3. die Erfordernis von Strompreiszonen und 4.4. weitere Möglichkeiten, um die hohen Kosten zum Netzumbau zu begrenzen.

Die politischen Orientierungen als Punkt A bis D

Zuerst also die Sicht auf die unterschiedlichen politischen Diskussionen – mit welchen Konzepten versuchen die regierenden Parteien den Strompreis in Deutschland zu beeinflussen?

A) Kohlendioxidausstoß und CO₂-Zertifikate-Handel:

Um den Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid (CO₂) zu reduzieren, zahlen alle Verbraucher und CO₂-Emittenten, wenn sie damit in 2025 Strom erzeugen oder Kohle, Kraftstoff oder Gas verbrennen, einen Fixpreis von 55 € pro Tonne emittiertem CO₂ (berechnet als Äquivalent). Dieser CO₂-Preis wird 2026 auf 65 €/t steigen, ist aber damit noch gedeckelt. Ab 2027 soll in der EU der CO2-Preis freigegeben, also frei auf dem Energiemarkt gehandelt werden.

Im Koalitionsvertrag (KV) der CDU/CSU und SPD auf Seite 29 bekennen sich beide Parteien im Sektor Verkehr und Wärme zum europäisch wirkenden Emissionshandelssystem (ETS 2), also dem Handel mit Treibhausgas-Zertifikaten. CO₂-Preissprünge sollen für Verbraucherinnen und Verbraucher und Unternehmen vermieden werden. Die CO₂-Einnahmen sollen an die Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen zurückgegeben werden. (wahrscheinlich als sogenanntes Klimageld).

Eine Prognose zur CO₂-Preis-Entwicklung ab 2027 ist schwer möglich, da sich die Preise durch Angebot und Nachfrage bilden. Die Schätzungen von Experten gehen davon aus, dass die Preise dann eher steigen werden, als fallen – irgendwo zwischen 40 und 400 €/t C02. Wer dann noch viel CO₂ emittiert, also Strom erzeugt, eine Heizung oder ein Kfz mit fossilen Brennstoffen betreibt, muss ab 2027 mit enormen Kostensteigerungen rechnen (bei Superbenzin wird mit ca. 70 Ct/Liter gerechnet).

B) Strompreise und Stromnetzkosten:

Die neue Koalition aus CDU, CSU und SPD hat sich in ihrem Koalitionsvertrag unter Pkt. 1.4 Klima und Energie zur Senkung von Strompreisen und Strom-Netzkosten einiges vorgenommen:

Strompreise: „Es sollen Unternehmen und Verbraucher in Deutschland dauerhaft durch ein Maßnahmenpaket um bis zu 5 Ct/kWh entlastet sowie die Stromsteuer von 2,05 auf 0,1 Ct/kWh gesenkt werden. Es soll ein spezieller Industriestrompreis für Großverbraucher eingeführt werden.“

Netze: „Die Umlagen und Netzentgelte sollen reduziert und die Netzentgelte gedeckelt werden. Der Ausbau und die Modernisierung der Netze wird vorangebracht und synchronisiert, dazu Stärkung der Übertragungs- und Verteilnetze, Vereinfachung des Ausbaus mit Smart Metern für dynamische Stromtarife, die Übertragungsnetze sollen möglichst als Freileitungsnetze ausgebaut werden, die Netzanschlusskosten für bestehende Unternehmensstandorte sollen gesenkt werden, die Direktversorgung der Industrie soll ausgeweitet werden und es soll weiterhin eine einheitliche Stromgebotszone für Deutschland geben.“ Anmerkungen zu den Strompreisen sind im Teil 1 dieser Ausarbeitung zu finden, zu den Netzentgelten im Teil 2.

C) Fossile Reservekraftwerke:

Im Koalitionsvertrag (KV) steht auf Seite 33 zur Erhöhung des Stromangebotes: „Zur Stabilisierung und Reduzierung der Stromkosten sollen künftig Reservekraftwerke nicht nur zur Vermeidung von Versorgungsengpässen, sondern auch zur Stabilisierung des Strompreises zum Einsatz kommen.“

Da diese fossilen Reservekraftwerke nur zu bestimmten begrenzten Zeiten laufen, also nur in Notfällen, müssen diese aber für die gesamte Betriebsdauer vorgehalten, also subventioniert werden, was wiederum zusätzliche Kosten über die Netzentgelte bedeutet.

Das wäre also keine Lösung zur Reduzierung der Netzkosten. Diese Reservekraftwerke erhöhen den Strompreis anstatt das dieser gesenkt würde, und unterlaufen damit eher das Geschäftsmodell zum Ausbau von Stromspeichern. „Und vor allem: Die Strommarkt-Verordnung der EU verbietet eine solche Zweckentfremdung“. (LVZ Artikel vom 16.4.2025).

D) Aufbau von Gaskraftwerksleistung bis 20 GW:

Zum Thema steht noch im KV S. 33: „Den Bau von bis zu 20 Gigawatt (GW) an Gaskraftwerksleistung bis 2030 (also in den nächsten 5 Jahren!) wollen wir im Rahmen einer zügig zu überarbeitenden Kraftwerksstrategie technologieoffen anreizen.“

Laut einer Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft würden für diese ca. 10–15 Gaskraftwerke Subventionen in Höhe bis zu 32,2 Mrd. € anfallen, die als neue Umlage den Strompreis um 1,6 Ct/kWh zusätzlich belasten würde (Artikel LVZ vom 12.4.2025).

Eine andere Sicht hat Felix Matthes, Forschungskoordinator für Energie- und Klimapolitik am Öko-Institut – Diese zusätzlichen Gaskraftwerke (GKW) würden zur Absicherung für Situationen mit wenig Wind und Sonne dienen und nur wenige Stunden im Jahr laufen. „In den nächsten Jahren gehen aber Kohlekraftwerke mit einer Leistung, die höher als die 20 Gigawatt ist, aus dem Markt.“ (LVZ Artikel vom 16.4.2025)

Bei dem Für und Wider ist zu bedenken, das die GKW erst einmal gebaut und dann beständig unterhalten werden müssen. Und es muss das Gas vorgehalten werden, oberirdisch in Speicherbehältern oder/und unterirdisch in Kavernen. Die Kavernenspeicherung für Gas darf sich zudem nicht mit der Wasserstoff-Speicherung überschneiden.

Wenn also schon Gaskraftwerke als Ersatzkraftwerke neu aufgebaut werden, dann aber nur in dem Umfang wie unbedingt für eine bestimmte Grundlast erforderlich. Und diese GKW sollten dann auch wasserstofffähig ausgebaut werden.

Entgegen diesen Argumenten gegen den Ausbau von neuen Gaskraftwerken will die neue Wirtschaftsministerin K. Reiche „in der Energiepolitik zügig den Bau von Gaskraftwerken ausschreiben, um die schwankenden Erneuerbaren zu kompensieren.“

Letzten Endes müssen die Bürger also diese Kosten übernehmen. Es wäre für die neue Koalition sinnvoller das Gesamtkonzept abzuwägen, als Erstes die Speicherkapazitäten auszubauen, bzw. einige der bestehenden Braunkohlekraftwerke länger laufen zu lassen, als Reservegaskraftwerke zu subventionieren. Aus Klimaschutzgründen sind die Vorteile von GKW gering, denn LNG-Gas hat auch alles andere als eine gute Klimabilanz. Zudem ist die Abhängigkeit von Importen für die deutsche Volkswirtschaft kritisch zu bewerten.

Für die bestehenden Braunkohlekraftwerke ist die Festlegung wichtig, dass sie ihre Laufzeit weiter reduzieren und sich darauf vorbereiten nur noch 10 % des Jahres zu laufen. Der Weiterbetrieb bereits abgeschriebener Kohlekraftwerke (KKW) reduziert die Stromkosten in Deutschland deutlich im Vergleich zur Subventionierung neuer umstrittener Gaskraftwerke. Die länger laufenden, aber überalternden Kraftwerkstypen sollten für ihre Strom- und Wärmeproduktion modernisiert und durch Power-to-Heat-Anlagen, sowie durch den Ausbau von Solar- und Windkraft ersetzt werden.

Diese KKW oder GKW sollten nur eine Übergangslösung darstellen, bis weitere Kapazitäten zur Erzeugung von EE ausgebaut wurden und ausreichende Speicherkapazitäten vorhanden sind!

Sinnvoller, kostengünstiger und schneller wäre in jedem Fall der Ausbau von Speicherkapazitäten und der Erneuerbaren Energien (EE-Wind und Solar, siehe Teil 3 dieser Ausarbeitung).

Teil 1 lesen Sie morgen an dieser Stelle.

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