Die Stadt arbeitet gerade an der Erstellung eines Wärmeplanes, nachdem die Ratsversammlung per Beschluss diesen Auftrag erteilt hat. Denn auch Leipzig muss jetzt klären, wie die Stadt künftig beheizt wird, wenn es keine Fernwärme mehr aus dem Kohlekraftwerk Lippendorf und auch keine Öl- und Gasbeheizung mehr gibt. Wie beheizt man eine Stadt mit 625.000 Einwohnern möglichst klimaneutral? Und wo stehen Stadt und Stadtwerke eigentlich?

Die Fragen beschäftigten Erik Butter, dem der Umbau der Leipziger Energielandschaft sowieso schon zu langsam geht. Ihm geht es wie vielen anderen Bürger des Landes: Das Trödeln, Bremsen und Kleinreden in der hohen Politik hat über Jahre nur genervt und die notwendigen Weichenstellungen hin zu einer umweltfreundlichen Energiepolitik verhindert.

„Das Leipziger Fernwärmenetz wird in absehbarer Zeit zum ersten Mal Wärme aus erneuerbaren Quellen (Solarthermie) aufnehmen. Damit kann dann ab 2025 im Sommer bis zu 20 % des Fernwärmebedarfs klimaneutral und erzeugt werden“, stellte Erik Butter nun in einer Einwohneranfrage fest.

„Doch der Weg zu vollständiger Klimaneutralität und dem Verzicht auf zugekaufte Brennstoffe ist noch weit. Gerade weil diese Brennstoffe in Zukunft teurer werden (Erdgas durch den Emissionshandel) oder auf absehbare Zeit teuer sind (grüner Wasserstoff) sowie großen Preisschwankungen unterworfen sein können (beide), sind Wärmequellen, die nicht eingekauft werden müssen, für eine bezahlbare Versorgung dringend nötig.

Das Potential für Geothermie ist in Leipzig bekannterweise begrenzt, bei anderen großen Umweltwärmequellen wurde das Zeitfenster des Handelns verpasst. Die Solarthermie muss also in Zukunft einen größeren Beitrag leisten, der über die bekannten Planungen hinausgeht. Gerade unter diesem Eindruck wirkt es seltsam, dass die zweite angekündigte Solarthermieanlage in Leipzig nahezu keine Erwähnung mehr findet.“

Aus Kohlenlagerplatz wird Solarthermiestandort

Diese Solarthermieanlage haben die Stadtwerke direkt am Heizkraftwerk Süd in der Bornaischen Straße geplant, auf dem ehemaligen Kohlenlagerplatz jenseits der Gleise. Und nicht nur dort braucht es so eine Anlage. Längst ist klar, dass Leipzig vier bis fünf solcher Anlagen benötigt, wie die erste am Lausner Weg entstehen soll.

Das Dezernat Wirtschaft, Arbeit und Digitales hat auf Erik Butters Frage ziemlich kurz und kompakt geantwortet.

Die Antworten des Wirtschaftsdezernats zur Solarthermie in Leipzig.

Beginnend mit der Antwort auf die Frage, wann mit Baubeginn und Inbetriebnahme für die Solarthermieanlage am Heizkraftwerk Süd denn nun zu rechnen ist.

Aber da gibt es ein paar kleine Probleme – wieder einmal mit dem Denkmalschutz, der in Leipzig immer dann wie Kai aus der Kiste kommt, wenn es ausgerechnet um moderne Energiegewinnung geht.

„Die Leipziger Stadtwerke verfolgen das Projekt einer Solarthermieanlage auf dem ehemaligen Kohlenlagerplatz am Standort Süd (in der Nähe des neu gebauten Kraftwerks)“, erklärt das Wirtschaftsdezernat.

Muss dann aber feststellen: „Dabei ist zu beachten, dass die alte Kohlenlagerhalle unter Denkmalschutz steht. Stadtwerke und Untere Denkmalschutzbehörde haben Gespräche über mögliche denkmalschutzrechtliche Anträge und Prüfungsvoraussetzungen geführt. Aus der Sicht der Denkmalschutzbehörden wäre jedenfalls eine Nachnutzung der Dachflächen der alten Kohlenlagerhalle und der vorgelagerten Freiflächen für Solaranlagen möglich und genehmigungsfähig.

Die Stadtwerke prüfen auch andere denkmalschutzrechtliche Handlungsoptionen, um eine Wirtschaftlichkeit der Investition zu ermöglichen. Sollte die Frage der Denkmalverträglichkeit geklärt werden, erscheint aus der Sicht der Stadtwerke eine Inbetriebnahme der Anlage im Sommer 2026 machbar.“

Kohlenlagerplatz und Kohlelagerhalle nördlich der Gleise am Heizkraftwerk Süd. Foto: Ralf Julke
Blick auf den Kohlenlagerplatz und die Kohlelagerhalle nördlich der Gleise am Heizkraftwerk Süd. Foto: Ralf Julke

Dann könnte auf dem Gelände des Kraftwerks ebenfalls Heizwärme aus Sonnenkraft erzeugt werden, die ins Leipziger Fernwärmenetz eingespeist werden kann.

Um die nagelneuen Gasturbinen im Kraftwerk künftig mit grünem Wasserstoff betreiben zu können, braucht es noch eine ganz andere Dimension des Ausbaus regenerativer Energieanlagen.

Wo wäre noch Platz für weitere Solarthermie in Leipzig?

Aber Butter interessierte natürlich vor allem die Frage, ob die Stadtwerke Leipzig rund um Leipzig überhaupt noch weitere Standorte für Solarthermie prüfen und sichern, mit denen dann das Fernwärmenetz bedient werden kann.

„Die Leipziger Stadtwerke betrachten die Flächenpotentiale in und um Leipzig. Für die Identifizierung und Entwicklung geeigneter Flächen finden zudem kontinuierliche Abstimmungen zwischen den Stadtwerken und der Stadt Leipzig statt. Ziel ist es, weitere Eignungsgebiete und auch konkrete Flächen für die Nutzung von Erneuerbaren‐Energien‐Anlagen zu bestimmen und zu entwickeln“, bestätigt das Wirtschaftsdezernat.

„Zu beachten ist hierbei nicht nur die starke Konkurrenz mit anderen Entwicklungszielen und Flächennutzungen im Stadtgebiet Leipzigs und Umgebung, sondern insbesondere auch Aspekte der netztechnischen Anbindung sowie der Einbezug der Anlagen in die Anlagensteuerung der Leipziger Stadtwerke.“

Noch hat man aber keine weiteren Standorte gesichert. Das jedenfalls ist der Antwort des Wirtschaftsdezernats zu entnehmen: „In Sachen Solarthermie liegt der Fokus aktuell auf den Anlagen in Lausen und am Standort Süd, hinzu kommen zahlreiche PV‐ und einzelne Windprojekte an anderen Standorten.“

Es mangelt an verfügbaren Flächen

Die Formel „andere Standorte“ verweist darauf, dass die Stadtwerke diese Projekte weit außerhalb des Stadtgebietes erwerben und betreiben, womit sie zwar Solarstrom erzeugen können. Aber für einen Anschluss ans Leipziger Fernwärmenetz sind sie schon aufgrund der Entfernung nicht geeignet.

Hilft denn dann wenigstens die aktuell verbesserte Rechtslage und der Fördermittelzuwachs auf Bundesebene, damit Leipzig bei der Umstellung der Wärmeversorgung schneller vorankommt?

Auch darauf ist die Antwort des Wirtschaftsdezernats sehr zurückhaltend: „Die Einführung der Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) trägt dazu bei, die Rahmenbedingungen der Wirtschaftlichkeit solarthermischer Anlagen unter Berücksichtigung der aufzuwendenden Kosten für Planung, Bau und Betrieb zu verbessern. Als wesentliches Förderinstrument für die Dekarbonisierung der Leipziger Fernwärme ist die BEW‐Richtlinie und deren Förderbedingungen daher maßgebend für die techno‐ökonomische Bewertung von Solarthermieanlagen.

Ob die Förderung dazu beitragen kann, die Wirtschaftlichkeitslücke zwischen der fossil geprägten Wärmeversorgung und Solarthermieanlagen zu schließen, unterliegt der Einzelfallprüfung.“

Das klingt zumindest erst einmal nicht nach einem wirklich beschleunigten Ausbau.

Und wen soll eigentlich die Solarthermie am Kraftwerk Süd künftig mit Fernwärme versorgen?

„Im Rahmen der geplanten Neuerschließung der Gartenstadt Alt‐Lößnig soll die Solarthermieanlage Süd Bestandteil eines technischen Versorgungskonzeptes mit hohen Anteilen erneuerbarer Energien sein“, erläutert da Wirtschaftsdezernat. „Für die Durchführung dieser Machbarkeitsstudie haben die Leipziger Stadtwerke eine 50%ige Förderung im Rahmen der BEW‐Förderung Modul 1 beantragt, die im Februar 2023 durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) positiv beschieden wurde.“

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