DIY ist so eine zauberhafte Abkürzung unserer etwas irritierten Gegenwart, heißt eigentlich nur „do it yourself“, also Selbermachen. Könnte eine Protestbewegung sein, ist es aber nur für wenige, die wirklich schon die Nase voll haben von unserer Wegschmeißgesellschaft. Aber wie bringt man Kindern bei, dass man nicht alles einfach wegschmeißen muss? So natürlich: Mit Tipps für die Ferien, die es ja vielleicht dieses Jahr gibt.

Mit allem, was dazugehört: elend langes Fiebern und Füßetrappeln, bis es endlich losgeht, elend lange Anfahrzeiten, bis man endlich da ist, und elend langen Tagen in der Ferienunterkunft, wenn das Wetter mal wieder ganz anders ist. Was tun? Vorbereiten. Natürlich. Kluge Eltern haben alles dabei, vielleicht nicht gerade in der Zusammenstellung, die Janina Woyach in diesem Buch mitgibt, aber Schere, Kleber, Buntstifte, Papier und so sollten schon dabei sein. Sonst muss man das nämlich kaufen, da, wo man hinfährt.Dass Woyach schon fast wie Voyage klingt, ist entweder Zufall oder Absicht. Oder es hat die junge Frau, die heute mit ihrer Familie im Leipziger Neuseenland lebt, erst so richtig auf die Idee gebracht: Wer so heißt, muss viel reisen. Das hat sie auch getan und ihre Erfahrungen gesammelt, die sich dann mit der Ankunft der Kinder noch vermehrten.

Spätestens dann überlegt man sich als Mama, ob man die Kleinen mit Gameboy oder irgendwelchem anderen technischen Krimskrams ruhigstellt, oder sie dazu animiert, die Welt als einen gestaltbaren Ort zu betrachten. Also so wie früher, als unsereiner alles, was irgendwie interessant aussah und nach Verwertung schrie, in einer oder mehreren großen Kisten gesammelt hat. Also nicht ganz so wie in diesem Buch, aber so ähnlich.

Denn natürlich geht Janina Woyach davon aus, dass Kinder auch heute noch alles sammeln und mitnehmen, was so rumliegt an den komischen Orten, wo sie mit Mama und Papa Urlaub machen. Muscheln und Steine zu Beispiel. Wobei man als sorgendes Elternteil natürlich weiß, dass sich noch viel mehr Krams ansammelt – zum Beispiel die ganzen Hölzchen vom Eis am Stiel und die Korken aus den Weinflaschen, die Mama und Papa des Abends leeren, wenn sie glauben, dass die lieben Kleinen schon schlafen.

Wobei sich Janina Woyach nicht so sehr darauf verlässt, dass sich unterwegs wirklich genug Basteldinge finden lassen – zum Beispiel, weil man in manchen Ländern auch keine Muscheln (jedenfalls die wirklich schönen) und auch keine Kiesel vom Stand mitnehmen darf. Was normalerweise kein Problem ist. Aber wir fahren ja nicht einzeln in den Urlaub, sondern zu Millionen. Wer im Urlaub Bekannte treffen will, kommt an Mallorca nicht vorbei. Oder Griechenland. Wenn da nun alle die Kiesel vom Strand wegschleppen, war’s das mit dem Strand.

Also wird genug Papier mitgenommen, auch eine Ladung Filz, wenn man die nicht vorher schon komplett verbraucht hat für die kunterbunten Filzschlafmasken für die Fahrt zum Urlaubsziel. Ein Foto im Buch beweist, dass Kinder mit bunter Schlafmaske wirklich ganz friedlich schlafen unterwegs.

Janina Woyach, die auch den Reise-Sehnsuchts-Blog sos-fernweh.de schreibt, hat ihr Buch in Etappen geteilt, jene vier Etappen, in denen die Kinder meist nicht zu bändigen sind, also vor der Reise, auf der Hinreise, am Urlaubsort und zurück daheim. Für jedes hat sie eine kleine Sammlung mit Bastelanleitungen zusammengestellt, sodass die Knirpse schon vor Antritt der Fahrt Pompom-Lesezeichen, Eisstielflugzeuge, Schlafmasken und Telefon- und Namensschilder basteln.

Letzteres natürlich ganz wichtig, weil die kleinen Abenteurer manchmal ja verloren gehen. Nur wo Janina die Plastikstrohhalme herhat, ist ein Rätsel. Gibt es da tatsächlich noch ein geheimes Lager?

Für unterwegs gibt es dann Mini-Mikados (für die die Zahnstocher der Eltern geopfert werden müssen), selbst gebastelte Stressbälle (für die die Luftballonsammlung dran glauben muss) und ein Reise-Angelspiel. Das macht bestimmt viel Spaß, wenn der Zug sich in die Kurve legt oder Papa unverhofft bremsen muss. Aber am Urlaubsort an Korkenschiffchen, Wanderstöcken oder einer Flaschenpost zu basteln, kann den Kleinen tatsächlich den nötigen Kick verschaffen, sich in der Fremde nicht gar zu fremd zu fühlen.

Natürlich kann, wer das alles noch nie gemacht hat, das Buch als Vorlage nehmen und einfach mal in die Welt des Selberbastelns einsteigen. Auf jeden Fall bringt das mehr Spaß und Erfüllung, als im Souvenirshop vor Ort den ganzen Kram dann fix und fertig zu kaufen und hinterher nicht zu wissen, warum man das Zeug „Made in China“ überhaupt gekauft hat – außer um es baldigst verstauben oder in der Gelben Tonne landen zu lassen.

Denn was Kinder ja lernen, wenn sie selber schnippeln, kleben und bemalen: Die Dinge können sich verwandeln. Nichts ist von ganz allein Müll. Und oft entpuppen sich die Überbleibsel des Tages erst als wirklich wertvoll, wenn man weiß, was man daraus alles noch machen kann. Steingnome zum Beispiel, Wandbilder, Deckelmagnete mit Urlaubsmotiven. Jedenfalls hat man dazu dann eine persönliche Beziehung, auch wenn es nicht perfekt geworden ist. Dafür einzigartig.

Und eigentlich ist das Buch ja eine einzige Anregung, überhaupt die Welt des Selbermachens wiederzuentdecken – mit den Kindern zusammen. Und das mit Vorbereitung. Denn natürlich ist die Erfahrung am Ankunftsort dann meistens, dass es die nötigen Bastelmaterialien garantiert nicht gibt – weder im Souvenirladen noch im Supermarkt.

Es geht also um das Vorbereitetsein, also das ganze benötigte Bastelwerkzeug in einer kleinen Tasche oder so. Wer unbedingt Flugzeug fliegen muss: die Bastelwerkzeuge möglichst nicht ins Handgepäck. Und wenn diese Tasche immer dabei ist, ist eigentlich egal, was für Wetter am Urlaubsort ist. Oder wo man nun gerade festhängt.

Wer vorgesorgt hat, braucht nur noch eine Idee. Steigerungsmöglichkeiten, das weiß jeder DIY-Begeisterte, gibt es immer. Man wächst an seinen Herausforderungen und muss nicht erst hinterher in langweiligen Bilderbergen im Smartphone versuchen herauszubekommen, wo man eigentlich in den Ferien gewesen ist.

Janina Woyach Das Ferien-Bastelbuch für unterwegs und Zuhause“, Buchverlag für die Frau, Leipzig 2021, 14,95 Euro.

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