Es waren die Konzerte und Fußballspiele im Frühjahr und Sommer 2022, die wieder einmal deutlich gemacht haben, dass etwas am Mobilitätskonzept zum Sportforum nicht funktioniert. Und das betrifft nicht nur die Arbeit des Ordnungsamtes, das sich jahrelang nicht wirklich um die Falschparker auf Wiesen, in Grünanlagen und im Auwald gekümmert hat. Denn eigentlich hätten die ganzen Pkw gar nicht da stehen sollen, sondern draußen am Stadtrand.

Doch das Leitsystem, das die anreisenden Konzert- und Spielbesucher eigentlich auf die Park-and-Ride-Plätze am Stadtrand lotsen soll, funktioniert nur bedingt. Weshalb die Linksfraktion ein ganzes Fragenpaket dazu stellte. Und im Ergebnis steht, dass es genau das ist: ein System mit Löchern, das mehr schlecht als recht funktioniert. Und das, obwohl die Verwaltung seit 2012 an Lösungen für die Verkehrsprobleme am Sportforum arbeitet.

Oder arbeiten sollte.

Vor fünf Jahren, so konnte am 14. Dezember Linke-Stadtrat Oliver Gebhardt feststellen, hatte der Stadtrat sogar noch extra beschlossen, die Park-and-Ride-Plätze elektronisch aufzurüsten, sodass die ankommenden Konzertbesucher besser gelenkt werden könnten auf noch freie Parkplätze.

Aber das ist nicht passiert. Auch eine App fehlt, die die Parkplatzsuche für die Ankommenden erleichtert. Und dazu kommt, wie Baubürgermeister Thomas Dienberg erklärte, dass gerade im Leipziger Süden überhaupt genügend P+R-Plätze fehlen.

Denn da ist er auch mit SPD-Stadtrat Andreas Geisler einer Meinung: Wirklich Sinn ergibt ein P+R-System nur, wenn die Autofahrer schon am Stadtrand parken können und dort direkt auf die Straßenbahn umsteigen können. Erst recht, wenn – wie Geisler es formulierte – ab 2024 „größere Gefäße“ rollen und das Publikum zum Stadion bringen.

Aber immer wieder sind Versuche, von Privatleuten geeignete Flächen in Nähe von Straßenbahnhaltepunkten zu kaufen, gescheitert, so Dienberg.

Und damit wird das unfertige P+R-System auch zum Problem in der Leipziger Verkehrswende, wie die Verwaltung auch auf die Linke-Anfrage formuliert hatte.

„Park+Ride (P+R) ist ein wichtiger Baustein zur Förderung des Umweltverbundes. Heute erzielt das P+R-Angebot jedoch nur punktuell die gewünschte Nachfrage, daher ist eine Verbesserung des Systems angezeigt. Dabei geht es neben der Schaffung von mehr Angeboten vor allem darum, die bestehenden Angebote besser auszulasten“, las man da.

Und das nach zehn Jahren Arbeit am Konzept fürs Sportforum.

Eigentlich keine Überraschung, dass die Autofahrer dann eben trotzdem bis ins Sportforum fahren, auch wenn sie dort keinen regulären Parkplatz finden.

Weitere P+R-Plätze in Planung

Tatsächlich ist das Leipziger P+R-System großenteils immer noch auf dem Stand von 2006, als es zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 überhaupt erst einmal aufgebaut wurde.

Verbesserungen gab es laut Auskunft des Verkehrsdezernats in den letzten Jahren folgende:

Neue Messe – Belagsverbesserung für 700 Stellplätze
Lausen – Hauptteil mit 330 Stellplätzen ausgebaut
Gohlis-Nord – Neubau 72 Stellplätze
Connewitz – Neubau 12 Stellplätze
Stötteritz – Neubau 25 Stellplätze

„Aktuell läuft die Ausstattung der großen Plätze mit Toiletten“, teilte das Verkehrsdezernat weiter mit.

„Angedacht ist zudem die Einrichtung weiterer Park+Ride Plätze am S-Bf Leutzsch, Gohlis Landsberger Straße, G.-Ellrodt-Straße, S-Bf Wahren, S-Bf Lützschena, Bf Liebertwolkwitz, S-Bf Connewitz sowie im Süden und Nordosten der Stadt (Lage noch nicht gesichert). Außerdem wurde mit finanzieller Unterstützung des ZVNL das Park+Ride-Angebot im Umland verbessert, da es wesentlich wirksamer ist, wenn der Umstieg vom Pkw auf den SPNV möglichst nah an der Quelle und nicht erst kurz vor dem Ziel erfolgt.“

Aber all das schreit natürlich geradezu nach einer Vernetzung und einem elektronisch gebündelten Angebot, sodass alle mit Pkw Anreisenden sofort wissen, wo sie einen Parkplatz finden und auf den ÖPNV umsteigen können.

Am besten auf Bahnen, die direkt zum Stadion fahren. Was wohl das größte Handicap ist, denn die Linie 16, die den größten P+R-Parkplatz an der Neuen Messe anfährt, fährt eben nicht zum Sportforum.

Weshalb die Linke eben ganz konkret nach einem digitalen Leitsystem gefragt hatte.

Wo ist der Mehrwert?

Die Antwort der Stadt war entsprechend ausweichend:

„Um die Nachfrage und damit die Nutzung der Park+Ride-Plätze zu steigern, muss das bestehende Angebot stärker publiziert, den Nutzern ein Mehrwert in verschiedenster Art und Weise (Zeit, Geld, Komfort) geboten werden und die Nutzung so einfach wie möglich sein. (…) Insofern stellt die Digitalisierung eine Möglichkeit von Verbesserungen dar, jedoch nicht die Entscheidende. Viel wichtiger ist die Einbindung der Park+Ride-Plätze nicht nur in das Konzept des öffentlichen Nahverkehrs, sondern auch in ein gesamtstädtisches Konzept für den ruhenden Verkehr. Letztgenanntes Konzept wird in 2023 erarbeitet.“

Denn die P+R-Plätze könnten auch die täglichen Berufspendler abfangen, die jetzt immer noch mit ihrem Auto durch die hoch belastete Innenstadt drängen.

Genau da klemmt es aber, wie das Verkehrs- und Tiefbauamt am Ende zumindest andeutete:

„Bei der Weiterentwicklung des P+R-Konzeptes wird sicherlich auch die Entscheidungsfindung Anreisender auf der Autobahn zu analysieren und zu verbessern sein. Durch das zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 aufgebaute Angebot von digitalen Wegweisern bestehen heute bereits gute Informationsmöglichkeiten, die zu Großveranstaltungen in Leipzig auch geschaltet werden. Insofern sollte vor allem für ‚Alltags-Park+Ride‘ noch über Verbesserungen nachgedacht werden. Natürlich gilt es dabei auch die zuständigen Straßenbaulastträger einzubeziehen.“

Fazit ist letztlich, dass das System schlecht angenommen wird und es eben nicht selbstverständlich ist, dass Autofahrer ihr Mobil auf P+R-Plätzen abstellen. Auch wenn etwa die LVB deutlich auf deren Existenz hinweisen.

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Es gibt 5 Kommentare

Es braucht mehr Kontrolldruck rund ums Stadion und eine Sperrung der Jahnallee rund um Großveranstaltungen. Nur so pusht man die notorischen bis an den Sitzplatz Fahrenden raus aus der heißen Zone, rein in die Parkhäuser und P+R

Die Leute fahren mit dem Auto nach Leipzig (zur Veranstaltung) einfach weil es geht. Es braucht neben Pullfaktoren eben auch Pushfaktoren.

“Die Antwort ist der unzureichende ÖPNV im Umland.” Eher das Auto vor der Tür und die Unwissenheit über den ÖPNV. Markkleeberg hat einen 10-Minuten-S-Bahntakt, Wurzen, Taucha, Schkeuditz, Delitzsch, Grimma, Eilenburg, Torgau sind doch super an Leipzig angebunden – und der Großteil könnte sogar noch mit der Eintrittskarte kostenlos zum Spiel/ins Konzert fahren.

> Warum wollen die Leute denn unbedingt mit dem Auto nach Leipzig fahren, wenn man dort eh kaum Parkplätze findet und ewig im Stau steht!? Die Antwort ist der unzureichende ÖPNV im Umland.

Das mag bei Berufspendlern so sein, bei Großveranstaltungen läuft diese Argumentation allerdings ins Leere. Und die letzten Abschleppmaßnahmen rund um die RB- Fußballspiele zeigen, dass das Problem wo anders liegt. Denn da ist der Fahrpreis im Ticket i.d.R. enthalten und von den P+R- Plätzen fahren teilweise Sonderlinien direkt zum Stadion. Selbst Parkhäuser in der Innenstadt sind den Stadionbesuchern zu weit entfernt

Das Problem fängt doch schon weiter “draußen” an. Warum wollen die Leute denn unbedingt mit dem Auto nach Leipzig fahren, wenn man dort eh kaum Parkplätze findet und ewig im Stau steht!? Die Antwort ist der unzureichende ÖPNV im Umland. Der ist zu schlecht ausgebaut und zu teuer. Mit dem 9-Euro-Ticket und S-Bahnen im 10-Minuten-Takt aus allen Richtungen ließe sich das m. E. ändern. Dazu müssen aber die Milliarden, die immer noch in den Ausbau der Straßen fließen in den Ausbau und die Subventionierung des ÖPNV umgelenkt werden. Dann muss man eben auch “auf dem Land” maximal bis zum nächsten Ort gelangen, wo eine S-Bahn fährt und evtl. in Leipzig noch mal umsteigen, spart aber jede Menge Zeit und Nerven und am Ende sogar Geld, wenn man keine Ordnungsgelder und Abschleppkosten zahlen muss…

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