Manchmal geschehen Dinge, da sollte man entgegen der allgegenwärtigen Ernsthaftigkeit des Lebens lieber zur Glosse greifen, statt zu berichten. So besser auch hier. Am gestrigen Dienstag schrieb die LVZ im Mitmachportal „Sportbuzzer“ von neuen Vorwürfen gegen Verantwortliche beim 1. FC Lok Leipzig, welche in einem „offenen Brief an verschiedene Medien der Stadt“ laut würden. Das Problem an offenen Briefen: sie werden mit Absender-Namen an alle thematisch relevanten Medien verschickt und parallel vom Absender veröffentlicht.

Nun also etwas Abseitiges über einen anonymen, offenen Brief, der nirgens im Netz zu finden war. Und den sich die L-IZ erst besorgen musste und nicht etwa zugesandt bekam. Somit ist es vollkommen unklar, wer so etwas schreiben könnte, unerklärlich, sensationell. Denn es dräut Ungemach, munkelte die LVZ unter der Überschrift „schwere Vorwürfe” unheilschwanger am 11. Dezember 2018: „Es scheint hinter den Kulissen des 1. FC Lokomotive Leipzig zu rumoren. Anders ist es kaum zu erklären, wieso angebliche Lok-Fans einen mehrseitigen Offenen Brief an verschiedene Medien der Stadt geschrieben haben.“

Doch. Es ist anders zu erklären. Man muss angesichts der im Oktober und November 2018 stattgefundenen Debatten im MDR und auf der L-IZ.de um einen Ex-Manager des Vereins schreiben: es ist aller Wahrscheinlichkeit nach anders zu erklären. Die Argumentationsmuster sind seither die immergleichen, das Gemunkel, der Versuch zu sagen: wir sind doch die echten Fans, auch. Und die Art der Verbreitung eh. Auch, weil unter „den verschiedenen Medien der Stadt“, die mit dem Schreiben versorgt wurden, die L-IZ.de fehlte (was jetzt die LVZ nicht wissen konnte). Da sucht man in den Mails doch echt mal rauf und runter und findet: nichts.

Dafür wird die L-IZ.de im anonymen Schreiben explizit als „Lok-zugewandt“ erwähnt.

Und dann wird es hell …

Allein diese Formulierung … nun ja: Mal unter uns hier – echte „anonyme Lokfans“ wissen um die harten Auseinandersetzungen zwischen der L-IZ.de und dem Verein bei ökonomischen Problemen, Neonazis im Stadion und so manches Grummeln unter den Fans bei schlechten Spieler- oder Trainerleistungen über nun mehr als ein Jahrzehnt hinweg. Sie ahnen also eher, dass es bei handfesten Problemen im Verein vor allem auf einer Seite im Netz qualifizierte „Prügel“ gibt: auf der L-IZ.de.

Auch, weil man eben keine Geschäfte miteinander macht, wie sie sonst als „LVZ-Post“-Deals allerorten bis hin zur BSG Chemie auftauchen. Oder wichtig ist, wenn der MDR das öffentliche Recht auf Liveübertragungen von Spielen hat. Dresche? Meist eher im Angebot für fünf Euro auf der L-IZ.de, als „Zugewandtheit” im falschen Kompromiss.

Eine Art des lokaljournalistischen Umgangs, die jetzt nicht so das Revier von Managern ist, die in den Jahren bei Lok und LVZ kamen und gingen oder nur kurze Engagements von ein paar Monaten hatten. Aber die Fans des Clubs tragen die Erinnerung ebenso in sich, wie das Team der L-IZ.de. Weshalb wir natürlich Fragen an den Verein gesandt haben, um die Behauptungen im (hier veröffentlichten) anonymen Brief absolut vollkommen unbekannter Herkunft aufzuklären.

Denn liegenlassen ist ja nicht. Auch wenn einem jemand einen Elfer ins Seitenaus legt. Im Zweifel findet sich auch so noch eine journalistische Torchance. Denn wer weiß, ob nicht doch Fehler passiert sind? Auch wenn der MDR nach der desaströsen Berichterstattung rings um den Kronzeugen Ziegenbalg nun eher abwartet, ob Lok nicht doch noch einen Fehler macht. Statt einfach zuzugeben, dass man mit den zugespielten Zahlen aus Anfang 2018 falsch lag.

Für Lok gilt wohl eher, ein paar dunkle Geister der jüngeren Vergangenheit abzuschütteln und auch weiterhin jeden Monat ein positives Geschäftsergebnis zu produzieren.

Die Fragen vom 11.12. an Lok Leipzig zu einem positiven Jahres-Ergebnis 2017/18

„Nachdem wir (über Umwege) den anonymen Brief vom 10.12.2018 seit heute Abend vorliegen haben, hier einige Fragen zur Aufklärung von uns an Euch mit Bitte um Beantwortung der Sachlichkeit wegen.

Zitat Eigenmitteilung Lok Leipzig nach dem 23. November 2018: „Der 1. FC Lokomotive Leipzig, bestehend aus den zwei Einheiten Verein und GmbH, erzielte im abgelaufenen Geschäftsjahr 2017/2018 ein kumuliertes positives Ergebnis von 406.000 Euro. Den operativen Erträgen in Höhe von rund 3.600.000 Euro standen dabei operative Aufwendungen in Höhe von rund 3.100.000 Euro gegenüber. Das kumulierte Ergebnis wird zur Verringerung des negativen Kapitals verwendet.“

Die Fragen dazu:

1. Handelt es sich beim „Fehlbetrag“ von rund 130.000 Euro in dieser Aussage aus dem anonymen Brief um zu entrichtende/bereits entrichtete Steuern, mithin also um Bruttosummen bei den Einnahme- und Ausgabe-Angaben?

2. Wenn nein, was beschreibt der Betrag stattdessen?

3. Was bedeutet die Formulierung bei der Mittelverwendung: „Das kumulierte Ergebnis wird zur Verringerung des negativen Kapitals verwendet“ genau? (Schuldentilgung, Erhöhung der Eigenkapitalquote aufgrund von Investitionsvorhaben?)

4. Im anonymen Brief wird zum Stichtag im Juni 2018 von Verbindlichkeiten (407.000 Lieferanten, 111.000 Steuern, 133.000 Gehalt) in Höhe von 651.000 Euro und einem bilanziellen Offenstand bei Bestand aller Forderungen und Einnahmen von minus 215.000 Euro gesprochen.

Wie ist die Situation aktuell und wie ist insbesondere der Offenstand im Juni 2018 bei „Lieferanten“ zu bewerten?

5. Das durch Lok Leipzig veröffentlichte, operative Ergebnis zeigt (ganz gleich in welchem Rechenmodell) etwa 40.000 Euro Überschuss pro Monat im Berichtszeitraum 2017/18 auf – wie wurden bzw. werden die Mittel derzeit verwendet? (Was also sind die Investitionsziele seit Juni 2018?)

6. Der implizierte GmbH-Verlust bei gleichzeitigem Plus des Vereins iHv. über 400.000 Euro im Bilanzzeitraum 2017/18 i.H.v. rund 38.000 Euro zum Stichtag hat sich wie genau seither entwickelt?

Investitionsmittel

1. Wann wird der Kunstrasen in Probstheida eingeweiht? (Schätzungen plus/minus zwei Wochen genügen)
2. Warum verzögert sich der Bau des Familienblocks?
3. Wann wird dieser voraussichtlich fertiggestellt sein?“

Der MDR gegen Lok Leipzig: L-IZ.de sammelt zwischendurch mal den Müll auf

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