Der Braunkohleausstieg ist beschlossen. Und wenn das Land die Pariser Klimaziele von 2015 ernst nimmt, wird er viel schneller kommen als im Kohlekompromiss von 2020 festgelegt. Aber selbst wenn das Zieljahr 2035 für Mitteldeutschland steht, heißt das, dass der Wirtschaftsstandort in einem rasanten Tempo umgebaut werden muss. Und dass dafür alle Forschungskapazitäten gebündelt werden müssen.

2020 wurde der Kohleausstieg beschlossen. Die Kohleregionen bekommen für den nötigen Transformationsprozess Milliarden vom Bund. Geld fließt dabei auch in angemeldete Forschungsprojekte, die den Strukturwandel begleiten sollen. Auch die Universitäten Leipzig und Halle waren mit Bewerbungen erfolgreich. Aber sie wollen nicht nebeneinander her forschen, sondern ihr Forschungspotenzial bündeln.

Wissenschafts- und Innovationspolitik

Wie das geschehen soll, vermeldeten sie am Montag, 2. Mai. Die Universität Leipzig und die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg wollen in einer gemeinsamen zentralen Einrichtung eng mit dem künftigen Großforschungszentrum im Mitteldeutschen Braunkohlerevier kooperieren. Am Montag, 2. Mai, werden die insgesamt sechs Konzepte für zwei Großforschungszentren in den Braunkohlegebieten der sächsischen Lausitz und im Mitteldeutschen Revier eingereicht. 

Erstmals erfolgt damit eine länderübergreifende, institutionelle, missionsorientierte Kooperation zwischen einem Großforschungszentrum und zwei Universitäten. Die Kooperation sei klar an den Herausforderungen der Regionalentwicklung und des Strukturwandels im Mitteldeutschen Braunkohlerevier ausgerichtet und zugleich der Beginn gelebter tieferer Zusammenarbeit in der Wissenschafts- und Innovationspolitik von Sachsen und Sachsen-Anhalt, betont die Universität Leipzig.

Auf diese Weise schaffen beide Universitäten gemeinsam mit dem Großforschungszentrum die Basis für die Entwicklung einer prosperierenden „Innovationsregion“ Mitteldeutschland.

Forschungszentrum mit vielversprechendem Namen

„Die Universitäten möchten in der Zusammenarbeit mit dem Großforschungszentrum auch strukturell neue Wege gehen“, erklärt die Rektorin der Universität Leipzig, Prof. Dr. Eva Inés Obergfell.

„Geplant ist der Aufbau einer an der Mission des Zentrums orientierten eigenständigen Forschungs-, Lehr- und Organisationseinheit an den Universitäten Leipzig und Halle als institutionelle Brücke zum Großforschungszentrum. Damit leisten wir einen Beitrag zu transdisziplinärer, grundlagen- und anwendungsorientierter Forschung und Karriereförderung, fördern aber auch Studium und Lehre sowie die akademische Weiterbildung. Das wird auch die Entwicklung der Universitäten voranbringen. Für den Aufbau der Brückenstruktur setzen wir gemeinsam mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg auf die enge Abstimmung mit weiteren Hochschulen in der Region.“

Das Forschungszentrum für die Kohleregion Mitteldeutschland trägt den durchaus vielversprechenden Namen EARTH.

Innovative Kooperationen

„Ausgehend von der langjährigen erfolgreichen Kooperation der Universitäten Leipzig und Halle im Mitteldeutschen Unibund sind wir bestens darauf vorbereitet, innovative und zukunftsorientierte Kooperationsformen mit dem Großforschungszentrum zu etablieren. Wir werden die zentralen Partner in Forschung und Lehre des Großforschungszentrums sein und freuen uns darauf“, ergänzt der Rektor der Universität Halle, Prof. Dr. Christian Tietje.

Die Universitäten beteiligen sich als koordinierende Einrichtungen bzw. wissenschaftliche Partnerinnen an den folgenden Konzepten:

Center for Medicine Innovation (CMI), einreichende Personen: Prof. Dr. Annette Beck-Sickinger, Prof. Dr. Jens Meiler und Prof. Dr. Thomas Neumuth (alle Universität Leipzig);

Centre for Climate Action and Innovation – Research and Engineering (CLAIRE), einreichende Person: Prof. Dr. Georg Teutsch (Wissenschaftlicher Geschäftsführer des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung – UFZ);

Center for Transformation Chemistry (CTC), einreichende Person: Prof. Dr. Peter Seeberger (Direktor Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung – MPIGK).

Für die Zusammenarbeit mit der Initiative CLAIRE ist zudem eine enge Kooperation beider Universitäten mit der Technischen Universität Dresden vorgesehen.

„Wir haben das Profil der Universität Leipzig in Forschung, Lehre und Transfer in den letzten Jahren bewusst auf die großen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit ausgerichtet. Dadurch können wir nun unsere vielfältigen Expertisen in alle drei unterstützten Initiativen einbringen und relevante Impulse für den Aufbau des künftigen Großforschungszentrums geben“, begründet der neue Prorektor für Exzellenzentwicklung: Forschung und Transfer der Universität Leipzig, Prof. Dr. Jens-Karl Eilers, die schon jetzt furchtbare Zusammenarbeit mit den Konsortien.

„Besonders das neue KI-Rechenzentrum der Universität Leipzig (KIRZL) sowie die personellen Ressourcen des ‚Center for Scalable Data Analytics and Artificial Intelligence‘ (ScaDS.AI) bieten große Potenziale für die Anwendung neuer Methoden, Verfahren und Techniken im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Gemeinsam mit dem Großforschungszentrum werden wir so die Transformation des Mitteldeutschen Reviers maßgeblich vorantreiben“, sagt Eilers.

Die Großforschungszentren

Mit dem Ideenwettbewerb „Wissen schafft Perspektiven für die Region!“ fördern das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), der Freistaat Sachsen und das Land Sachsen-Anhalt die Entstehung von zwei neuen Großforschungszentren. Beide werden perspektivisch mit Mitteln im Umfang von jeweils bis zu 170 Millionen Euro pro Jahr institutionell vom Bund und den beiden Ländern gefördert, wobei der Bund 90 Prozent der Mittel zur Verfügung stellt.

Im Sommer 2022 wollen Bund und Länder entscheiden, welche beiden Konzepte für die jeweiligen Großforschungszentren umgesetzt werden. Für das wissenschaftliche Konzept der Großforschungszentren fordert die Ausschreibung „Wissen schafft Perspektiven für die Region!“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) eine langfristige institutionelle Kooperation mit einer oder mehreren regionalen Universitäten.

Die Universität Leipzig führt daher im Schulterschluss zur Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg mit jedem der drei mitteldeutschen Großforschungskonsortien, die eine Zentrumsgründung im Mitteldeutschen Revier anstreben, bereits intensive Gespräche über die genaue Ausgestaltung dieser institutionellen Kooperation im Sinne einer privilegierten Partnerschaft.

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