LeserclubHaben Sachsens Lehrer überhaupt noch ihre Schüler auf dem Schirm? Ja, sind sie sogar beratungsresistent? Phillip Dorn besucht die 11. Klasse des Friedrich-Schiller-Gymnasiums in Leipzig-Gohlis. Der baldige Abiturient hat schon einige Erfahrungen mit Lehrern gemacht. Sein Fazit nach elf Jahren: Zu wenige Werte würden vermittelt, soviel danach geschaut, Leistung in Zahlen auszudrücken. Dabei wollen Schüler doch keine Zauberei. Sie wollen einfach nur ernst und mitgenommen werden…

Schule. Wenn man als Schüler mit diesem Begriff konfrontiert wird, kommt einem meist nicht als erstes die Möglichkeit in den Sinn, sich geistig zu entwickeln oder etwas Neues fürs Leben zu lernen. Viel mehr denkt man an Stress, Leistungsdruck und daran, wie man sich am besten in Deutsch die Hausarbeit für Biologie aus dem Ärmel schüttelt, weil man sich am Wochenende lieber mit den Freunden getroffen hat als auch noch zu Hause die Schulbank zu drücken. Da ist es kein Wunder, dass viele bereits die größten Probleme entwickeln können, am Montagmorgen aus dem Bett zu steigen, wenn bereits kurz nach dem Frühstück die ersten Differenzialgleichungen auf einen warten.

Respektlose Lehrer und ungerechte Bewertungsmaßstäbe

Es gibt noch viele weitere kleine Wehwehchen, die ein Schüler heutzutage mitbringt, doch ganz vorne mit dabei ist für viele immer noch die Art und Weise, wie der Lehrer mit ihm umgeht. Oft wird man schon fast dazu gezwungen, einem Menschen Respekt zu zollen, der es nicht mal für nötig hält, einen auf dem Flur zurückzugrüßen, ganz zu schweigen davon, wie viele Lehrer darauf reagieren, wenn man sie damit konfrontiert, was einen stört.

An dieser Stelle sollte man sich nun also fragen: Was genau würde die Schule für die Schüler angenehmer machen? Viele, mich eingeschlossen, sind der Meinung, dass die Bewertungsmaßstäbe falsch angesetzt sind. So bekommen einige Schüler beispielsweise nur eine Note, weil der Lehrer es für sinnvoller erachtet, sechs Wochen die Schüler nur Vorträge halten zu lassen. Andere wiederum bekommen Noten auf die Mitarbeit in einer Schulstunde und – wenn sie an diesem Tag zu dieser Zeit mal gerade nicht auf der Höhe waren – haben sie eben Pech gehabt.

Mehr Werte statt effizienter Bewertung

Nahezu alle Lehrer denken heutzutage, dass sich die Leistung eines Schülers nur auf dem Papier in Form von Zahlen darstellen lässt. Die wenigsten nehmen sich die Zeit, den Schülern Werte zu vermitteln und sie zu frei denkenden Menschen zu erziehen, die den Mut haben, sich ihres Verstandes zu bedienen, statt der auswendig gelernten Fakten in ihren Köpfen. Warum sollte man also nicht einmal versuchen, den Unterricht danach zu gestalten, eben nicht möglichst effizient Noten und Punkte zu verteilen, sondern die Schüler selbst zum Denken anzuregen, sie weg vom ständigen Bulimie-Lernen zu bringen und sie zu motivieren, selbst aktiv zu werden.

Schüler wollen mittendrin statt nur dabei sein

Das ist es nämlich, was Schüler wollen: Aktiv ihr Leben mitbestimmen, dabei sein, wenn es darum geht, sich neues Wissen anzueignen, statt nur leise auf dem Platz zu sitzen und sich die Interpretation einer Dramenszene vorkauen zu lassen. Wenn man den Lehrern als Schüler jedoch seine Beschwerden mitteilen will und sogar Lösungsvorschläge unterbreitet, zeigen sich viele aus den verschiedensten Gründen beratungsresistent, sei es der falsche Stolz, den man gegenüber dem Schüler wahren will, oder einfach nur die Faulheit, sich an einen Tisch zu setzen und etwas zu ändern, weil es ja all die Jahre davor auch schon geklappt hat.

Doch bei genauso einer Einstellung muss man sich als Lehrkraft und auch als Direktor der Schule nicht wundern, wenn sich die Schüler nur lustlos in den Unterricht begeben und sich lieber mit anderen Dingen als mit Gedanken an die Schule die Zeit vertreiben.

Darum sollte man doch viel eher die Individualität der Schüler fördern und ihren Charakter stärken, statt sie ständig unter einem nahezu sinnlosen Druck in Form von Noten zu begraben. Das würde die Schule zu einer wirklichen Bildungsinstitution machen.

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