Die jahrelangen Auseinandersetzungen zwischen Rektorat und Hochschulrat (HSR) der Universität Leipzig haben erneut Konsequenzen: Der HSR-Vorsitzende Reinhold Grimm und sein Stellvertreter Josef Lange sind vor wenigen Tagen vorzeitig aus dem Gremium ausgeschieden. Grund ist laut Rücktrittschreiben an das sächsische Wissenschaftsministerium die Unzufriedenheit über die Zusammenarbeit mit dem Rektorat. Mindestens ein weiteres HSR-Mitglied wird sich bald ebenfalls verabschieden.

Der Hochschulrat (HSR) der Universität Leipzig steht vor einem personellen Umbruch. Wie die Pressestelle des sächsischen Wissenschaftsministeriums (SMWK) auf Anfrage bestätigte, gehören Reinhold Grimm, bislang Vorsitzender, und sein Stellvertreter Josef Lange dem Gremium seit einigen Tagen nicht mehr an. Beide hätten um ihre Abberufung gebeten, teilte Pressesprecher Andreas Friedrich mit. „Dieser Bitte wurde mit Schreiben vom 31.05.2017 entsprochen.“

Zudem bestätigte Friedrich einen LVZ-Bericht, wonach beide bereits zu Beginn des vergangenen Jahres um ihre Abberufung gebeten hätten. Nach einer über mehrere Monate öffentlich ausgetragenen Auseinandersetzung zwischen Hochschulrat und anderen Gremien der Universität war zu diesem Zeitpunkt das Verfahren zur Wahl eines neuen Rektors gerade gescheitert. Die beiden vom Hochschulrat nominierten Kandidaten hatten ihre Bewerbungen zurückgezogen. Schücking stand als amtierende Rektorin nicht auf dem Wahlvorschlag – dies sorgte in weiten Teilen der Universität für Unverständnis und Protest. Das Verfahren musste neu gestartet werden. Im zweiten Anlauf wählte der Erweiterte Senat Schücking erneut zur Rektorin.

Laut Friedrich bat Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange (SPD) die beiden HSR-Mitglieder Grimm und Lange nach dem Scheitern des ersten Versuchs darum, zunächst von ihrem Vorhaben „Abstand zu nehmen, um das Rektorwahlverfahren durch eine langwierige Neubenennung der Hochschulratsmitglieder nicht noch weiter zu verzögern“. Diesen Wunsch haben der HSR-Vorsitzende und sein Vize der Ministerin erfüllt.

Dass die Zusammenarbeit zwischen Hochschulrat und Rektorat schon seit Jahren nicht reibungslos funktioniert, ist bekannt. Auch die Vorgängerin als Vorsitzende des Gremiums, die ehemalige Generalbundesanwältin Monika Harms, war im Sommer 2014 schon vor dem Ende ihrer Amtszeit zurückgetreten.

In einem Interview mit der Leipziger Hochschulzeitung „student!“ hatte sie dem Rektorat vorgeworfen, kein Konzept im Umgang mit dem damals zu bewältigenden Stellenabbau zu besitzen, wichtige Informationen nicht weiterzugeben und allgemein für „Resignation“ an der Universität zu sorgen: „Dem Rektorat fehlt es an eigenen Visionen, an Ideen und Kreativität“. Der Konflikt zwischen den Gremien drückte sich auch in einem mehrmals gescheiterten Verfahren zur Wahl eines neuen Unikanzlers aus.

Das hochschulinterne Onlinemagazin der Universität Leipzig, kurz Lumag, zitiert nun aus dem Schreiben von Grimm an Ministerin Stange. Demnach würde das Rektorat die Aufgaben des Hochschulrates häufig nicht achten und das Gremium „als eher lästig denn für die Entwicklung der Universität förderlich ansehen“. Die Zusammenarbeit sei von Beginn an schwierig gewesen. Grimm war seit dem 6. Januar 2010, also von Beginn an, Mitglied im Hochschulrat. Lange rückte vor drei Jahren für Harms nach. Beide wären eigentlich noch bis 2020 beziehungsweise 2019 im Amt gewesen.

Im Lumag findet sich auch eine Stellungnahme von Schücking: „Ich möchte den Rücktritt nicht groß kommentieren. Der Hochschulrat hat laut Gesetz die Aufgabe, sich für die Profilbildung und die Verbesserung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Hochschule einzusetzen. Für ihr entsprechendes Engagement bin ich den Mitgliedern dankbar. Es wird dem Ministerium und uns sicher weiterhin gelingen, Persönlichkeiten für das Gremium zu gewinnen, die sich für die Universität einsetzen und vertrauensvoll mit uns an einer erfolgreichen Zukunft der Universität arbeiten.“

Neben Grimm und Lange wird sich bald noch mindestens eine weitere Person aus dem eigentlich neunköpfigen Hochschulrat verabschieden: Roland Sauerbrey steht laut SMWK für eine zweite Amtszeit nicht zur Verfügung. Er scheidet somit am 31. August aus dem Gremium aus.

Laut sächsischem Hochschulgesetz sind das Wissenschaftsministerium und der Akademische Senat der Universität dafür zuständig, die HSR-Mitglieder zu benennen. Der Senat ist für die Nachfolge von Grimm und Sauerbrey verantwortlich. Carsten Heckmann, der Pressesprecher der Universität, teilte mit, dass der Findungsprozess bereits laufen würde: „Noch gibt es aber keine Kandidaten, über die bereits gesprochen werden könnte.“ Möchte der Senat – so wie vom SMWK gewünscht – pünktlich einen Nachfolger für Sauerbrey präsentierten, müsste die Abstimmung wohl schon auf der nächsten Sitzung am 4. Juli stattfinden. Danach soll der Senat eigentlich erst wieder am 12. September zusammenkommen.

Womöglich bleibt es nicht bei diesen drei Neubesetzungen. Laut Lumag kündigt Grimm in seinem Rücktrittsschreiben weitere Veränderungen an. Im Hochschulmagazin heißt es dazu: „Zumindest im Falle von Margret Wintermantel, Präsidentin des Deutschen Akademischen Austauschdienstes, erscheint das plausibel: Sie ist seit 1. März Vorsitzende des Hochschulrates der Universität des Saarlandes.“ Die fünfjährigen Amtszeiten der nun verbliebenen sechs HSR-Mitglieder enden normalerweise erst in den Jahren 2019 bis 2021.

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