Es war am Ende wie ein Befreiungsschlag, als Sachsen beschloss, seinen Lehrerinnen und Lehrern den Weg in die Verbeamtung zu erรถffnen und damit endlich in Wettbewerb mit anderen Bundeslรคndern um neue Lehrkrรคfte mithalten zu kรถnnen. Denn augenscheinlich ist Verbeamtung ein erstaunlich starkes Entscheidungskriterium fรผr angehende Lehrkrรคfte, was jetzt auch ein Gutachten bestรคtigt, wie das Kultusministerium mitteilt.

2019 startete Sachsen mit der Verbeamtung von Lehrkrรคften. Das habe zu deutlich mehr Einstellungen in den Schuldienst gefรผhrt, zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten, welches im Auftrag des Kultusministeriums von dem Berliner Forschungs- und Beratungsunternehmen Interval erstellt wurde.

Die Gutachter empfehlen der sรคchsischen Staatsregierung, an der Verbeamtung auch nach 2023 festzuhalten, andernfalls mรผsste Sachsen mit deutlich weniger Nachwuchslehrkrรคften rechnen.

Fast die Hรคlfte ist schon verbeamtet

Seit dem 1. Januar 2019 kรถnnen in Sachsen Lehrerinnen und Lehrer bis zur Vollendung des 42. Lebensjahres verbeamtet werden. Die Mรถglichkeit ist befristet bis zum 31. Dezember 2023. รœber die Fortfรผhrung soll im Zuge der laufenden Haushaltsverhandlungen entschieden werden, teilt das Kultusministerium mit.

Derzeit sind 10.021 Lehrerinnen und Lehrer in Sachsen verbeamtet und 22.783 angestellt. Zudem sind 1.744 Referendare im Beamtenverhรคltnis auf Widerruf beschรคftigt, 153 sind angestellt.

โ€žMit der Verbeamtung sind wir wettbewerbsfรคhig auf dem heiรŸ umkรคmpften Lehrerarbeitsmarkt in Deutschlandโ€œ, sagt Kultusminister Christian Piwarz.

Ohne Fortfรผhrung der Verbeamtung รผber den 31. Dezember 2023 hinaus werde Sachsen hinsichtlich der Attraktivitรคt des Schuldienstes wieder hinter den anderen Bundeslรคndern zurรผckfallen, befรผrchtet Piwarz: โ€žOhne die Verbeamtung entsteht ein Lehrerdelta, was wir nicht anders ausgleichen kรถnnen. Das hรคtte fatale Folgen fรผr die Bildungsqualitรคt in Sachsen.โ€œ

Dass die Verbeamtung nicht alle Nachwuchsprobleme lรถst, ist ihm freilich auch klar.

โ€žDie Verbeamtung hilft uns beim Werben um junge Lehrkrรคfte und verbessert die Situation, aber wir sind noch nicht รผber den Bergโ€œ, so Piwarz.

Wesentliche Ergebnisse der Evaluierung

Die Gutachter kommen jedenfalls zu dem Ergebnis, dass die Anzahl der Neueinstellungen grundstรคndig ausgebildeter Lehrkrรคfte vermutlich ab dem Schuljahr 2018/2019 erheblich geringer ausgefallen wรคre als in der Realitรคt.

So schรคtzen die Gutachter, dass im Schuljahr 2018/2019 ohne die Mรถglichkeit der Verbeamtung weniger als die Hรคlfte oder hรถchstens zwei Drittel der tatsรคchlich erzielten Einstellungszahlen erreicht worden wรคren. Zu einem รคhnlichen Ergebnis kommen die Gutachter fรผr die erzielten Einstellungen zum laufenden Schuljahr.

Trotz eines Ausbaus der Kapazitรคten fรผr das Lehramtsstudium und das Referendariat wรคre bei einem Verzicht auf die Verbeamtungsmรถglichkeit ab dem Jahr 2024 ein weiterer Anstieg der Einstellungszahlen grundstรคndig ausgebildeter Lehrkrรคfte nicht zu erwarten. Sachsen wรผrde dann zwar genug Pรคdagogen ausbilden, sie aber aufgrund der Verbeamtung an andere Bundeslรคnder verlieren.

Ein Wegfall der Verbeamtungsmรถglichkeit hรคtte einen signifikant negativen Einfluss auf die Einstellungszahlen sowohl bei ausgebildeten Lehrkrรคften als auch bei Referendaren. Es sei zudem ein Rรผckgang bei Bewerbern um ein Lehramtsstudium zu erwarten, so die Gutachter.

Es mรผsse auรŸerdem damit gerechnet werden, dass Referendare nach Abschluss des Vorbereitungsdienstes in andere Bundeslรคnder wechseln.

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Es gibt 14 Kommentare

Thomas_2: leider sind Sie nicht in der Lage, Fakten vorzubringen! Auch nicht zum Feudalsystem. (Freiheit beim Arbeiten? Ist das Freiheit der Arbeit(skraft)?)
Schade, damit erรผbrigt sich wohl die weitere Diskussion.

Warum wird man Beamter? Weil man die Freiheit beim Arbeiten so schรคtzt?
Vorteile werden mit Nachteilen erkauft, deswegen werden Beamte so gut versorgt. Kann man โ€œBlรถdsinnโ€ finden, das ist dann kurz gedacht. Der Staat (das Land) gibt den Arbeitsort vor. Keine Ahnung, wo jetzt das groรŸe Problem dabei ist.
Feudalsystem โ€“ das brรคuchten Sie wohl mal, damit Sie nicht solche unsinnigen Vergleiche anbringen.

> Das Gerede vom โ€œPersonalkriegโ€, โ€œabwerbenโ€ und so fort ist โ€“ mit Verlaub โ€“ Quatsch mit SoรŸe
Da kann ich aber ganz entspannt zwei, drei Beispiele aus dem Freundeskreis nennen, die in Sachsen auf Lehreramt studiert haben, dann aber nach Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt gegangen sind, weil dort mehrere hundert Euro mehr Netto winkten als hier. Gut, und weil es in Sachsen zu dieser Zeit keine Stelle gab. Ein weiterer Fehler, neben der Verbeamtung danach.

Ja klar, und natรผrlich gibt es Beamten gegenรผber ein Weisungsrecht. Sonst mรผsste man sie ja nicht so an den Staat binden. Und dass man so einfach kรผndigen (damit drohen) kann wusste ich nicht โ€“ ich dachte das heiรŸt an dieser Stelle โ€œBitte um Entlassungโ€โ€ฆ

@Christian, Thomas_2
Die Verbeamtung der Lehrer war im grรถรŸeren und etablierteren Teil Deutschlands schon immer Usus. Das Gerede vom โ€œPersonalkriegโ€, โ€œabwerbenโ€ und so fort ist โ€“ mit Verlaub โ€“ Quatsch mit SoรŸe. Hier hat man von Anfang an versucht, den Lehrern schlechtere Beschรคftigungsbedingungen aufzudrรผcken. Diesem Versuch sehen wir gerade beim verdienten Scheitern zu. Noch wedelt der Hund mit dem Schwanz und nicht umgekehrt.

โ€œDazu gehรถrt, dort zu arbeiten, wo man gebraucht wird. Das kann der Staat / das Land ohne weiteres mit Angestellten eben nicht machen, aber mit Beamten sollte das mรถglich sein.โ€
Das ist, gelinde gesagt, Blรถdsinn! Wรผnschen Sie sich eine Rรผckkehr ins Feudalsystem? Hรถrigkeit? Auch unfreie Bauern waren ja gut versorgt, besser als Lohnarbeiter.

โ€œDass das mit der Zeit weichgespรผlt wurde, ist ein anderes Thema.โ€
Dazu hรคtte ich nun dann doch gern historische Daten, Gesetze und Verordnungen, die ein โ€œWeichspรผlenโ€ des Beamtenstatus belegen. Sonst istโ€™s nur billig und populistisch.

Nun, ob eben diese Pflichten auch heutzutage tatsรคchlich so gelebt werden, ist die Frage. Ich denke nicht.
Zumindest ist mir so ein Fall bisher noch nie zu Ohren gekommen.
Hat jemand ein Beispiel?
Im Gegenteil: ich kenne jemand, der fรคhrt jeden Tag von Sachsen nach SA, um dort als verbeamteter Lehrer zu lehren.

Korrekt: โ€œWeichgespรผltโ€, aber nichts an den anderen Beamtenrandbedingungen geรคndert.
Und somit bleiben nur noch Vorteile und lรคngst verfallene ursรคchliche Pflichten, welche den Beamtenstatus รผberhaupt erst mรถglich gemacht haben.
Bei der Lehrerschaft wird er nur noch genutzt, um Arbeitskrรคfte abzuwerben und Missverhรคltnisse der fรถderalen Lehrerausbildung zu รผberdecken.

Noch mal zum Artikel:
Man hรคtte auch eine Expertenkommission sagen lassen kรถnnen, dass man eine adรคquate Entlohnung aller Arbeitskrรคfte in Leipzig empfiehlt, um dem Arbeitskrรคftemangel entgegen zu wirken.
Gutachten, die die Welt nicht braucht.

Am Rande:
Das LASUV ist ein vรถllig unfรคhiger Verein, der dafรผr in einem schรถn sanierten Haus residieren darf.
Die Unfรคhigkeit zur Funktion bzw. den fehlenden Willen dazu habe ich in der eigenen Familie erleben dรผrfen.

Die Verbeamtung ist bereits der Anreiz, da hat man nicht nur Vorteile, sondern auch Pflichten, hรถrt hรถrt!
Dazu gehรถrt, dort zu arbeiten, wo man gebraucht wird. Das kann der Staat / das Land ohne weiteres mit Angestellten eben nicht machen, aber mit Beamten sollte das mรถglich sein.

Dass das mit der Zeit weichgespรผlt wurde, ist ein anderes Thema.

Gerade Beamte sagen doch gern (und das stimmt natรผrlich):โ€Augen auf bei der Berufswahl, hรคttest auch Beamter werden kรถnnen.โ€ Das gilt andersherum aber auch.

@thomas_2
โ€œDas meinte ich doch. Wenn auf dem Land ein Lehrer fehlt, wird ein verbeamteter Lehrer dorthin geschickt. Muss er die Familie eben mitnehmen. โ€

Und wer darf umziehen? Mit Familie? Wird das gelost, oder Streichhรถlzer gezogen? Es reicht ja wohl, wenn zwielichte Unternehmen sowas mit ihren Mitarbeitern verlangen, das muss nicht der Staat auch tun.

Wenn auf dem โ€œLandโ€ ein:e Lehrer:in fehlt, stellt man dort bitte gezielt jemanden ein oder schafft Anreizsysteme.

Wenn ich 250 km versetzt werden soll, insb. ins โ€œNiemalslandโ€ dann gibt es eine Kรผndigungsdrohung und gut.

Das wรผrde aber voraussetzen, dass das Landesamt fรผr Schule und Bildung mit den Bewerbern spricht und womรถglich gar gemeinsam eine Schule aussucht. Oder wenigstens vor einer endgรผltigen Einstellungsentscheidung beim Bewerber anfragt, ob der ausgesuchte Ort in Frage kommt. Undenkbar! Leider! Ein Amt!

Das meinte ich doch. Wenn auf dem Land ein Lehrer fehlt, wird ein verbeamteter Lehrer dorthin geschickt. Muss er die Familie eben mitnehmen. Nicht nur die Rosinen herauspicken. SchlieรŸlich muss man sich auch nicht verbeamten lassen, wenn diese Pflicht zu viel ist. Nur dann ergรคbe das alles halbwegs Sinn.

Lieber Christian, lieber Thomas_2,
den todsicheren Job hรคtte man auch als Angestellter โ€“ es bleibt aber wirklich mehr Geld. Beamte sind quasi gezwungen, sich privat zu versichern, weil sonst die staatliche Beihilfe (also der Arbeitgeberanteil an der Versicherung) wegfรคllt. Das ist wirklich gesetzlich geregelter Unsinn!
Verteilung auf die Regionen geht nicht; der Beamte hat Residenzpflicht und muss somit am Arbeitsplatz wohnen. Erst Henne, dann Ei. Bei der Dauer des Studiums plus Referendariat sind die Leute dann eben schon mit Kind und Haushalt eingelebt.
Der Beamte kann zu mehr รœberstunden herangezogen werden, was in einem kranken System auch vorteilhaft ist. Wobei durch das hohe Grundgehalt (und die eh schon hohe Unterrichtsbelastung โ€“ vgl andere Bundeslรคnder) dazu keine Motivation besteht. Aber, vertreten ist nicht ausgefallen und sieht in der Statistik gut aus.
(Das Problem am Fรถderalismus ist in meinen Augen eher die nationalstaatliche Ebene. Als Kommune oder Bundesland der EU beizutreten hรคtte sicher demokratische Vorteile und spart Kosten durch Wegfall einer Verwaltungsebene.)

So รคhnlich wollte ich das auch gerade schreiben.
Das einzige Ziel der Verbeamtung ist die Abwerbung von Lehrern aus anderen Bundeslรคndern.
Volkswirtschaftlich ein Desaster (wie die ganze Konstruktion des Fรถderalismus).
Wenn, dann alle Lehrer bundesweit verbeamten, dann kann man durch die Weisungsbefugnis (die etwas hรคrter gefasst werden muss, im Moment kann man da wegen allem Mรถglichen widersprechen) die Lehrer entsprechend der Bedรผrfnisse in den Regionen verteilen und auch umsetzen.

Die Verbeamtung von Lehrern generell in Deutschland halte ich fรผr eine Fehlentwicklung, die nicht mehr zu stoppen ist.
Eine Verbeamtung ist wie ein Lotto-Glรผcksfall fรผr den Arbeitenden: man hat einen todsicheren Job, bei sehr gutem Geld und obendrein Vergรผnstigungen (Steuern, Versicherungen etc.). Vor allem deswegen sind viele scharf auf diese Art, angestellt zu sein.
(Jene Personen fallen aber bspw. aus der Solidarfinanzierung unserer Gesellschaft heraus. Und die Weisungshoheit des Staates ggรผ. seinen Beamten ist in vielen Fรคllen ziemlich aufgeweicht worden.)

Notwendig ist das auf keinen Fall und ich behaupte, auch nicht angebracht.
Fรผr gesellschaftssichernde Tรคtigkeiten wie Polizei, Justiz, Bundeswehr, Feuerwehr u.รค. macht das Sinn.
Aber muss man die groรŸe Anzahl von Lehrern gegen alle anderen Berufe ausspielen?
Welcher Beruf ist denn nicht so โ€œwichtigโ€?
Tut es nicht ein gut dotiertes Angestelltenverhรคltnis?
Und lohnt sich eine Verbeamtung fรผr den Staat รผberhaupt? Was tut der Beamte dafรผr mehr, als in einem Angestelltenverhรคltnis?

Hier haben gut situierte Bundeslรคnder seit Jahren einen Personalkrieg entfacht, der wahrscheinlich nur mit der kompletten Verbeamtung aller Lehrer enden wird.
Auf Kosten der Gesellschaft.

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