Benedikt hat ein Problem. Er hat seit zwei Monaten weder eine Klasse noch einen Klassenlehrer/-in. Die Klassenlehrerin hat sich aus privaten Gründen verabschiedet, die Klasse ist seitdem aufgeteilt. Die Eltern der Klasse 4b der „Schule am Auensee“ suchen nun den Weg an die Öffentlichkeit.

„Wir sind ziemlich wütend“, sagt Benedikts Mama, Mareike Pauls. „Das Problem des Lehrermangels war absehbar und es gibt keine zufriedenstellenden Lösungen.“ Lösungen, die das Land Sachsen bieten kann.

Benedikts Grundschulzeit ist denkwürdig. Die erste Klasse verbrachte er für zwei Monate im Lockdown, auch die zweite Klasse fand zu Teilen im Homeschooling statt, ein Jahr neue Normalität schienen das Problem vergessen zu machen und nun das.

„Durch Corona haben die Kinder extrem viel Lernzeit verloren, die schon schwer aufzuholen war und jetzt verlieren sie wieder.“ Die Schulleiterin Ute Wolter ist hilflos und auf die Unterstützung des Landesamts für Schule und Bildung, kurz LaSuB, angewiesen.

Doch dieses konnte bisher nicht helfen. „Es gibt keine Lehrer, die eingestellt werden können. Wir wurden auf Februar vertröstet, dann ist die nächste Einstellungsrunde für Lehrer in Sachsen“, so Pauls.

Seit der zweiten Schuljahreswoche war klar, dass die Klasse vorerst ohne Klassenlehrerin auskommen muss. Schulleiterin Wolter hängt seitdem am Telefon, um einen neuen Kollegen an der Schule am Auensee begrüßen zu können und ist derzeit eine Art Klassen- und die Mathelehrerin der 4b.

In den anderen Fächern ist die Klasse aufgeteilt, soll still im Unterricht der anderen Klassen sitzen und Arbeitsblätter durcharbeiten. Diese werden aber nicht oder nur in aller Kürze korrigiert.

„Die anderen Lehrer sind auch voll ausgelastet, ist doch klar“, sagt Pauls. So gehen die Schüler ohne echte Rückmeldung zu ihrer Arbeit und ohne großen sozialen Kontakt zu ihren Klassenkameraden jeden Tag nach Hause.

Die Folgen? „Unser Kind hat keine Lust mehr, in die Schule zu gehen. Er lernt wenig und er hat keine Klasse mehr, die Gemeinschaft ist weg.“ Bis zu den Oktoberferien gab es keinen geregelten Stundenplan.

Das soll sich ab November ändern. Eine Referendarin soll die Klasse übernehmen, also eine junge Lehramtsanwärterin mit hoher Einsatzbereitschaft, aber ohne nennenswerte Erfahrung. Aber diese muss eigentlich am fünften Tag der Woche in die Lehrerausbildungsstätte, um ihre Ausbildung zu vervollständigen.

„Bisher sieht der Stundenplan allerdings vor, dass sie jeden Tag da ist“, so Pauls, die die Lösung zwiespältig sieht. „Einerseits ist es toll für unsere Kinder und wir freuen uns, dass sie das machen wird. Andererseits ist die Gefahr, dass eine angehende Lehrerin verbrannt wird, sehr hoch.“

Im Februar wird dann Schulleiterin Ute Wolter in den Ruhestand gehen. Diese Stelle ist zurzeit ausgeschrieben …

Zu übernehmen gibt es eine sanierte Grundschule in Wahren, die eigentlich dreizügig ist, in der 1. Klasse aber nun vier Klassen aufgenommen hat – und der im Moment mindestens ein Lehrer fehlt …

Über die Klasse 4b und die Lehrer-Versorgungslage im Freistaat im Speziellen und Allgemeinen haben wir bei Roman Schulz, Pressesprecher des Landesamts für Schule und Bildung nachgefragt. Das Interview lesen Sie an dieser Stelle.

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