„Pandemie – endlos Einsamkeit hieß sie …“ binnenreimte mir zuletzt ein Schüler meines Deutschkurses beim kreativen Entspannen während eines kurzen Lyrikseminars. Ja, nichts Besonders, aus „dem Bauch heraus“ geschrieben. Es ist ja allgemein bekannt, dass die Jugendlichen lange unter den Corona-Beschränkungen litten, ächzten, knurrten – was auch immer. Zwei Jahre können lang sein. Die Zeit erwies sich als bleiern für sie, der Fernunterricht mit durchgereichten Arbeitsblättern oder Animationsvideos kränkelte ebenfalls – an emotionalen und sozialen „Untiefen“. Vom pädagogischen Einfluss, der eben auch nur fern möglich war, ganz zu schweigen.

Anschließend hatte niemand von uns Erfahrungen mit maskierten Schülerinnen und Schülern, die im Unterricht nur halb zu sehen und schwer zu hören waren. Motivation dann zu erzeugen, Komfortzonen (die es ohne zu übertreiben doch gibt) zu erschüttern bzw. sie kreativ, intelligent und weiter-bildend auszufüllen … Zum Schluss erinnere ich mich oft an die genial-selbstironische Grabinschrift des Philosophen Herbert Marcuse (1898–1979) – WEITERMACHEN!

Den administrativen Tanz auf dem Drahtseil zwischen Personenschutz und „Beschulung“ hin und her abwägend scheint der Sieg der Erkenntnis zu sein, Kindern und Jugendlichen wieder direkt Bildung zu vermitteln. Kultur, Kunst, Ästhetik, Spiel und Nachdenken. Neben dem Rationalen.

Der Schwur von Buchenwald. Quelle Buchenwaldarchiv
Der Schwur von Buchenwald. Quelle Buchenwaldarchiv

Die Bildung von Ethik und Moral und dem Sinn für die Notwendigkeit eines Menschheitsfortschritts. Hin zum Kampf um die Erhaltung des Planeten. Wenn man letzteres ausspricht, wird einem der eigene pathetische Ton unheimlich.

Nun, es geht manchmal nicht anders. Weitermachen ja, aber eben nicht so wie bisher – mal global gedacht – da sollte es meiner Ansicht nach in der Schule ruhig etwas melodramatischer, romantischer und eben auch zukunftsorientierter (Wird das nicht von uns allen verlangt?) zugehen.

Also gehen wir darauf zu. Oder wieder direkt hin – nach dem Webseitenbesuch. Hin zu den Theatern, Museen und nicht zuletzt zu den Gedenkstätten. Mit den Jugendlichen, nicht an der Hand und in Zweierreihe, aber doch mit einem ernsthaften Anspruch im Kopf.

Wachzumachen – zur Not weckt man sie früh persönlich übers Mobilgerät (waas?) – und aufzurütteln, sich und sie in Bewegung zu setzen, das selbstbestimmte Leben gegen Egoismus, Luxus- und falsches (was ist falsch?) Konsumstreben lieben zu lernen. (Wieder wird’s etwas feierlicher zum Jahreswechsel.)

Eine Gedenkstätte für die Opfer von Faschismus und Krieg mit 18-Jährigen zu besuchen – das MUSS im Winter oder mindestens Spätherbst sein. Am besten im Dezember. (Das meint wohl die satte Mehrheit der hiesigen Geschichtslehrer/-innen.)

Wenn schon der Ettersberg oberhalb Weimars, dann soll der minimal nachfühlbare Eindruck eines stundenlangen Stehens auf dem eiskalt-zugigen Appellplatz entstehen und irgendwie mitgenommen werden können. Gar nicht mal so falsch, dieser Gedanke. Trägt er doch zur Vorstellung und zum Vergleich bei. Wattierte Jacken und Pelzkragen hat jeder/jede an, aber es ist wirklich kalt an den Zehen – daneben Bilder von Menschen in dünner Sträflingskleidung, barfuß in Holzpantinen.

Der Blick geht nach oben, hin zur Turmuhr des Lagertors im ehemaligen KZ Buchenwald. Sie ist auf 15:15 Uhr eingestellt. Nein, stehengeblieben, erkläre ich, denn um diese Zeit am 11. April 1945 wurde das Lager von heranrückenden US-Truppen und den Häftlingen im Lager gemeinsam befreit.

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