Mal wieder tobt aktuell eine Debatte um die „Kraft durch Freu(n)de“-T-Shirt-Provokation von MDR-Kabarettist Uwe Steimle, Dresden kennt längst seine Causa Uwe Tellkamp und die heißt nun für Leipzig wohl Axel Krause. Spätestens seit der Ausladung des Leipziger Malers und AfD-Fans bei der 26. Leipziger Jahresausstellung dürfte einigen so langsam ein Lichtlein aufgehen, wo 30 Jahre nach „der Kehre“ die Parallelen liegen. Lange Linien hier und neue Wege bei der Jugend da. Eine Ausgabe zwischen „Game over!“ und fehlender Angst vor Neuem.

Man musste gut hinhören, um die Zwischentöne bei einem Menschen zu erkennen, der sich eher als Elite in der gehobenen Mittelschicht sieht, seine Ansichten als Volkes Mehrheitsmeinung versteht und eine integrative Gesellschaft ablehnt. Doch er ist nicht allein, eine ganze Riege vor und nach 1989 Privilegierter macht sich heimlich oder offen auf, in der AfD ihre „Ostpartei“ und Heimatbewahrer zu sehen.

Die homogene Gesellschaftsrealität der DDR ist noch tief in den Köpfen, so tief, dass es mancher nicht einmal mehr wahrnimmt. Lange verdrängt und nach 30 Jahren überwunden geglaubt, ist da wieder diese strikte, fast militärische Haltung gegenüber Fremdem ebenso zurück, wie das Denken, das auch in der Demokratie „die da Oben“ als Adressat für alles und jedes es zu lösen haben.

Da scheint eine stille Sehnsucht auch bei Menschen, die es scheinbar „geschafft“ haben, im höheren Alter wieder aufzubrechen. Der Trigger war und ist bei allen der gleiche: störende „Eindringlinge“, die Zuwanderung im Jahr 2015 in ein Gebiet Deutschlands, welches lange Zeit vor 1989 neben realem Sozialismusversuch und Obrigkeitsstaat vor allem eines war: deutsch bis auf die Knochen und isoliert gen Westen und Süden. Und schon in den 90er Jahren schnell dabei, vormalige DDR-Gastarbeiter aus Vietnam anzugreifen.

Ein Effekt damals, der die Wirkungsmacht inhumaner Lautsprecher manifestierte: der Staat reagierte, allerdings in Form einer indirekten Bestätigung: „die da Oben“ verschärften die Asyl- und Zuwanderungsgesetze, ein „Sieg“ (nicht nur) der Brandstifter und Randalierer im neu hinzugekommenen Osten.

Damals wie heute ist das latente Grundsummen „Deutsche zuerst“ bis „Ausländer raus“ nie ganz verstummt, während man sich um das sich anbahnende Elend im Süden der Welt wenig scherte. Der heutige Wunsch nach dem „Ruheraum Sachsen“ und Ostdeutschland inmitten einer bewegten Zeit weltweiter Veränderungen dürfte nun ein gerüttelt Maß des Erfolges der neuen Rechten bei der älteren Generation der Sachsen erklären.

Dazu hat sich die LZ einmal näher unter der Überschrift „Wenn Angst entscheidet“ nicht nur mit Axel Krause befasst, die Geschichte hinter einem Video-Interview beleuchtet und das alles dem desaströsen Vorgehen eines überforderten Vereinsvorstands einer erst ab-, dann wieder zugesagten Ausstellung gegenübergestellt.

Das wirkliche „Game over!“

Doch während die einen noch lamentieren, Facebook vollschreiben und AfD wählen, suchen andere nach Lösungen. Wie schwierig dies auch bei Axel Krauses abgelehnten Themen Zuwanderung und Integration ist, zeigt der Streit rings um die neuen Migrations- und das „Geordnete Rückkehr“-Gesetze. Letzteres als „Hau ab-Gesetz“ scharf in der Kritik, doch auch das Gesamtpaket von immerhin acht neuen Regelungen rings um das Thema Migration wird wohl in vielerlei Hinsicht Wirkung entfalten.

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Ob gute oder schlechte, darüber haben wir uns mit der Leipziger Bundestagsabgeordneten Daniela Kolbe (SPD) und Irena Rudolph-Kokot (SPD) in einem Doppelinterview unterhalten. Beide stehen tief im Stoff, immerhin hat Kolbe die Gesetze seitens der SPD mitverhandelt und Rudolph-Kokot ist stellv. Vorsitzende der Bundes-AG Migration und Vielfalt.

Die Verhandlungen sind also vorbei, nun folgen die Wirkungen in der Gesellschaft. Andere Wirkungen nicht gemachter, ausgesessener Politik sind hingegen längst spürbar.

Die Jugend ist deshalb im „Game over“-Modus unterwegs, sucht neue Wege, um sich wirksamer, schneller und mit deutlich mehr Druck als bislang zu artikulieren. Nun tut dies Jugend wohl immer, doch kaum so deutlich und massenhaft wie derzeit. Mit den „Alten“ haben sie offensichtlich immer weniger am Hut – zumal genügend von diesen den Folgen menschgemachter Klimaveränderungen ungläubig gegenüberstehen – als „Fridays for Future“ und „Extintion Rebellion“ bahnt sich die Jugend szeneübergreifend über die Straße ihren Weg direkt in die handelnde Politik.

Die einen mittlerweile mit kleinen und großen Aktionen jeden Freitag, die anderen zum Beispiel mit einem Trauermarsch zum Wave-Gotik-Treffen. Letzteres ein ebenso nie dagewesener Vorgang politischer Willensbekundung von Gruftis in Leipzig gegen das bereits laufende Artensterben, wie auch der anhaltende Streik der Schüler für die Einhaltung der Klimaziele von Paris.

„Micha allein zu Haus“

Der Druck hat sich dabei auch auf die ersten Wahlergebnisse ausgewirkt und zwei Volksparteien sind ins Trudeln geraten. In Sachsen droht auch deshalb – neben der Sehnsucht nach der DDR – der CDU eine historische Wahlschlappe mit aktuell 23 Prozent Vorhersage, während die SPD mit aktuellen Wahlumfragen von noch 7 Prozent geradezu auf die 5 Prozent-Hürde zustürzt. Grund für hektische Aktivitäten seitens eines fleißigen Wahlkämpfers und Ministerpräsidenten, der erst diese Woche wieder zum Sachsengespräch nach Leipzig kam – mit mangelndem Interesse bedacht, doch unter Bobachtung der Leipziger Zeitung vor Ort.

Michael Kretschmer (CDU) ist also sicher nicht um seine Wahlkampfsituation zu beneiden, doch er greift selbst zu robusten Mitteln, um seine – ihm nicht ganz so treue – Sachsen-CDU im Rennen zu halten. Die „Klimakonferenz“ am 22. Juni 2019 ist so eines, mit Steuergeldern finanziertes Wahlkampfvehikel, um den Jugendlichen von „Fridays for Future“ quasi die Spitze zu nehmen. Aktuell preist er in allen Medien die Leipziger Konferenz als „gelebte Demokratie“ und versucht so, Dialogbereitschaft zu signalisieren.

Mit wem er diese plante und warum sie angesichts seiner realen Braunkohlepolitik wohl eher ein Landtagswahlkampf-Trick ist, haben wir unter dem Titel „Micha allein zu Haus“ aufgeschrieben.

Keine Angst vor neuen Wegen

Neue Wege gehen nicht nur die Jugendlichen. Auch die Stadt Leipzig. Neuer Stadtrat, neues Glück? Nach der Kommunalwahl haben wir erst einmal zusammengetragen, was die Besonderheiten waren. In welchen Stadtteilen wurde wie gewählt, wer sind die Verlierer, wer die Gewinner der Entscheidung, wem die Leipziger in den kommenden fünf Jahren die Geschicke ihrer Stadt in die Hand gegeben haben.

Neu wird auch der Schulentwicklungsplan. Nach sieben Jahren soll eine Neuplanung des Schulbaus und Sanierungen für ganz Leipzig im Stadtrat verabschiedet werden – doch der Interviewtitel „Mangel mit schlechter Aussicht“ lässt schon jetzt erste Probleme erahnen.

Schlechte Aussichten sieht auch der Leipziger Pfarrer Christoph Maier, doch auch Chancen. Wer eine starke evangelische Kirche wünscht, kann dies nicht mit reihenweisen Austritten erreichen. Dass hierbei auch viel vonseiten der Kirche selbst zu ändern ist, sagt der Titel des Gesprächs mit ihm, rings um die laufende „Strukturreform in der Evangelischen Landeskirche“.

Miet die AfD ins Regierunk

Eine Reform will auch die AfD, so hat sie es zumindest in ihrem Wahlprogramm unter dem Stichpunkt „Bildung“ aufgeschrieben. Was da genau steht, hat Maria Hallitzky, Professorin für Allgemeine Didaktik und Schulpädagogik des Sekundarbereichs, für die Leipziger Zeitung genau gelesen. Und kommt auf eine vernichtende Einschätzung, wer nach den Wünschen der AfD alles so durchs Raster fallen soll. Kleiner Spoiler zum Interview: die Reichen der Gesellschaft sind es nicht.

Was wundert es da noch, wenn Jens-Uwe Jopp fast als sozialen und solidarischen Anti-Punkt in seiner „leicht pädagogischen Kolumne“ das „Wunder der Empathie“ feiert. Und Philosophin Dr. Konstanze Caysa noch eine Spur tiefer nach der „Istigkeit“, dem Zustand des wirklichen Bei-Sich-Selbst-Seins und der höchsten Sinneswahrnehmung taucht. Sehr verbreitet übrigens bei jenen Menschen, die spätere Generationen dann gern als Genies, große Schriftsteller und wegweisende Geister preisen.

Ein erster Schritt dafür? Man schaue sich die Welt an, wie sie ist und sei fröhlich dabei. Was Sascha Bethe für seine Kolumne „Heute hier, morgen dort“ in Sri Lanka mit einem gewissen Augenzwinkern getan hat.

Neue Wege im Sport? Aber immer …

Lokomotive Leipzig erneut gegen die BSG Chemie? Für manche ein Albtraum, für die Fans das höchste Derby-Gefühl und ewige Rivalität in Leipzig. Ab der kommenden Saison wird es wieder möglich, denn Chemie hat den Wiederaufstieg in die Regionalliga geschafft, während Lok trotz Profifußballbetriebes auf den Amateur-Rivalen in der Spielklasse gewartet hat.

Wie die Aktien der beiden Dauerkontrahenten derzeit stehen – im Sport ist es direkt nach einem spannenden Interview mit Prof. Dr. Anne-Marie Elbe von der Uni Leipzig rings um das Thema Doping und vor einem Bericht zur Wiederkehr von 800-Meter-Läufer-Ass Robert Farken (SC DhfK Leipzig) zu finden.

Dass das nicht alles in dieser Ausgabe ist, versteht sich von selbst. Aber irgendwo muss man ja beim Anpreisen einer durchaus gelungenen 68. Ausgabe (was, schon so viele?!) der schönsten Lokalzeitung aller Printklassen ja mal einen Punkt machen und zum Ende kommen. Also, man liest sich, sieht sich am 16. Juni 2019 auf der Leipziger Ökofete im Clara-Park und da kann man sogar eine LEIPZIGER ZEITUNG kostenfrei mitnehmen.

Nun aber … Punkt. Obwohl: Wie ist denn nun der „Rocker-Prozess“ in Leipzig ausgegangen? Steht auch drin. Und nun ….

Die neue „Leipziger Zeitung“ liegt an allen bekannten Verkaufsstellen aus. Besonders in den Szeneläden, die an den Verkäufen direkt beteiligt werden. Oder einfach abonnieren und direkt im Briefkasten vorfinden.

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