Verschieben wir also die eigentlich an dieser Stelle geplante Buchbesprechung noch einmal um einen Tag und besprechen dafür die letzte, wirklich letzte „Leipziger Zeitung“ auf Papier. Die nächste Ausgabe wird es in einem neuen Format als ePaper geben. Wir haben lange überlegt. Aber das Zeitalter der gedruckten Zeitung geht unbarmherzig zu Ende. Unsere Leser sind online. Folgen wir ihnen also.

Als vor sieben Jahren eine ziemliche bunte Truppe daranging, völlig gegen den Trend auf dem Zeitungsmarkt, eine neue Printzeitung unter dem Namen „Leipziger Zeitung“ herauszubringen, war das auch ein Versuch, den Leipzigern und Leipzigerinnen auf den Zahn zu fühlen: Wie stark ist ihr Bedürfnis tatsächlich, sich morgens mit einer gedruckten Zeitung hinzusetzen und in aller Ruhe zu lesen, was emsige Autorinnen und Autoren extra für sie zusammengetragen hatten? Erst einmal als Wochenzeitung und dann als Monatszeitung.

Haben die Leserinnen und Leser diese Geduld noch und dieses Lebensgefühl? Funktioniert das noch in einem Zeitalter, das seine digitalen Nutzer daran gewöhnt hat, alle Nachrichten – ob relevant oder nicht – quasi schon im Augenblick des Geschehens zu bekommen?

Mit Betonung auf relevant. Denn dass das schnelle Nachrichtengetrommel die Menschen eher nervös, unglücklich und orientierungslos macht, ist ja ein unverkennbarer Zustand in unserer Gesellschaft.

Papier wird Luxus

Was aber passiert, wenn immer mehr Menschen ihre Nachrichten nur noch über ihre kleinen digitalen Endgeräte abrufen, ist am Papiermarkt zu sehen. Seit Jahren kennen Papierpreise und Druckkosten nur noch eine Richtung: nach oben.

Viele Zeitungen haben diesen Trend mitgemacht und haben selbst die einst für Groschen erhältlichen Tageszeitungen immer teurer werden lassen. Zeitung wird zum Luxusgut. Während die Regionalzeitungen in Deutschland verschwinden. Darüber schreibt in dieser 111. Ausgabe Antonia Weber.

Natürlich nutzten wir die letzte gedruckte LZ dazu, noch einmal Bilanz zu ziehen.

Robert Dobschütz erzählt in „Ende Neu“ die ganze Geschichte von 1 bis 111 und erklärt, warum sich das Drucken der Zeitung im Jahr 2023 nicht mehr rechnet. Lucas Böhme und René Loch schauen auf sieben Jahre Gedrucktes-LZ-Abenteuer zurück. In „Die Finanzierungskrise“ analysiert Antonia Weber die mögliche Zukunft der Zeitung, wie wir sie kennen.

Und in „Was bleibt von der Zeitung“ bekennt sich auch Michael Fernau, Direktor der Deutschen Nationalbibliothek Leipzig, als eingefleischter Zeitungsleser. Er gehört zu jenen, die erzählen können, welch eine Kultur des Lesens mit dem Verschwinden der gedruckten Zeitung verloren geht. Wobei Zeitungen nicht gänzlich verschwinden. Schon seit Jahren sammelt die DNB alles, was als digitale Version von Zeitungen verfügbar ist – bis hin zum ePaper.

Und genau das wird ja die Zukunft der LZ sein: „Die Form ist ‚egal‘, es geht um Journalismus“, schreibt Robert Dobschütz.

Was bleibt, was kommt?

Und genau das steckt ja hinter all unseren Überlegungen. Die gedruckte Zeitung ist nur die Form, in der über 300 Jahre die Nachrichten zu ihren Lesern kamen. Doch seit 20 Jahren hat sich der Zeitungsmarkt weltweit digitalisiert und haben sich die Lesegewohnheiten drastisch verändert. Geblieben aber ist die Neugier der Leserinnen und Leser auf die wirklich wichtigen Nachrichten aus ihrer Stadt und ihrer Region.

Die wird die Redaktion der LZ auch künftig sammeln und in großen und kleinen Geschichten – dann mit deutlich mehr virtuellen Möglichkeiten – umsetzen.

Ganz klassisch gibt es in der 111 noch den jüngsten Bürgermeisterbesuch bei Arno Jesse in Brandis, die Doppelseite zu den jüngsten Stadtratsentscheidungen und das Interview mit dem Plagwitzer Brauer Jakob Treige.

Die jüngste Verfilmung von Remarques „Im Westen nichts Neues“ hat Jens-Uwe Jopp dazu animiert, mit „Der Weg zurück“ einen anderen Remarque-Klassiker einmal wieder zu lesen. Marko Hofmann erkundigt sich im Interview mit Katharina Neef nach dem Religionsunterricht in Sachsens Schulen. Und wer sie schon immer mal heulen sehen wollte, kann Ilse Schnickenfittichs „Abschied“ lesen.

Wobei das mal wieder ihr üblicher Quatsch ist.

Denn ab der 112 verzichtet die LZ lediglich auf Papier und Druckkosten. Die Zeitung gibt es dann für alle Abonnenten als ePaper. Mit mehr digitalen Möglichkeiten. Daran arbeitet das Technik-Team längst im Hintergrund.

Das Motto lautet also: Weiter geht’s.

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