Mehr als 60 Millionen Bürgerinnen und Bürger wählten am Sonntag den 20. Bundestag seit Gründung der Bundesrepublik im Jahr 1949. Wie nie zuvor steht dieser Urnengang im Zeichen völlig offener Koalitionsmöglichkeiten, dem Ende einer langen Regierungs-Ära und großer Fragen der Zukunft. Auf die neue Regierung wartet reichlich Arbeit. Außerdem: In Sachsen schließen die Impfzentren und der scheidende Bundesinnenminister hat nach dem kaltblütigen Mord an einem jungen Tankstellen-Kassierer vor den „Querdenkern“ gewarnt. Die LZ fasst zusammen, was am Wochenende, dem 25. und 26. September 2021, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Bundestagswahl 2021: Enges Rennen zwischen SPD und CDU

Die COVID-19-Pandemie, der Klimawandel und seine Folgen, der Umgang mit Flucht und Migration, die Spaltung und Fragmentierung der Gesellschaft, die Verschiebung der weltpolitischen Gleichgewichte … – die Liste an Problemen, vor denen das Land und die Menschheit stehen, ist denkbar lang. Ganz im Zeichen der komplexen Zukunftsfragen und dem Ende der Ära Merkel in Deutschland nach fast sechzehn Jahren wählten die Menschen am Sonntag einen neuen Bundestag.

Zwei Kandidaten und eine Kandidatin stellen sich zur Wahl, als künftiger Kanzler oder Kanzlerin die neue Bundesregierung anzuführen. Mehrere Koalitionsmöglichkeiten gelten als denkbar – diese Wahl ist spannend und zukunftsweisend wie selten, die Formation der neuen Regierung könnte ein regelrechtes Pokerspiel werden.

Seit 18 Uhr sind die Wahllokale bundesweit geschlossen. Die SPD liegt hauchdünn vor der Union, während letztere heftig abstürzt – womöglich auf das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte.

Die Rechtspopulisten der AfD landen nahezu unverändert bei 10 %, während die FDP und die Grünen ordentlich zulegen. Die Linke zittert um die 5 %-Hürde.

Aber: Noch steht nichts fest, der Abend und die Nacht dürften lang werden. Unsere Kolleginnen und Kollegen verfolgen die Leipziger Wahlparty im Neuen Rathaus und berichten im Live-Ticker.

Und hier geht es zu den aktuellen Hochrechungen.

„Sie können unser Land zersetzen“ – Seehofer warnt vor „Querdenkern“

Mit dieser Wahl wird sich auch das eine oder andere Schwergewicht von der politischen Bühne des Landes verabschieden. Zu dieser Liga zählt – ob man ihn mag oder nicht – ohne Zweifel Bundesinnenminister Horst Seehofer (72, CSU), der während seiner langen Laufbahn schon Vorsitzender seiner Partei, Ministerpräsident Bayerns sowie Gesundheits- und Landwirtschaftsminister von Deutschland war.

Auf den kommenden Ruhestand freue er sich, verriet er in diesem Jahr – nach vierzig Jahren im politischen Geschäft sei er „eigentlich weit über den Durst“ und sehne sich nach einem Leben abseits voller Terminkalender.

Wer auch immer ihm im Amt nachfolgen wird, bekam schon jetzt eine wichtige Botschaft: Mehr als eine Woche nach der kaltblütigen Erschießung eines jungen Tankstellen-Mitarbeiters in Idar-Oberstein hat der scheidende Seehofer nun vor einer Radikalisierung der deutschen „Querdenker-Szene“ gewarnt. Die Gruppe werde kleiner, aber auch immer brutaler, sagte Seehofer der „Bild am Sonntag.“

„Sie können unser Land zersetzen, wenn der Rechtsstaat sie nicht mit allen Mitteln bekämpft.“ Für Täter und Unterstützer von Verbrechen wie in Idar-Oberstein forderte der Noch-Minister harte Strafen.

Am 18. September war ein 20-jähriger Student, der als Aushilfe an einer Tankstelle in Idar-Oberstein jobbte, offenbar von einem Kunden erschossen worden. Der junge Kassierer hatte diesen kurz zuvor auf die geltende Maskenpflicht aufmerksam gemacht.

Wegen Mordverdachts wurde ein 49-jähriger Mann in Untersuchungshaft genommen. Nach seiner Festnahme gab er gegenüber der Polizei an, die Corona-Schutzmaßnahmen abzulehnen. Die Tat hatte große Bestürzung und Entsetzen ausgelöst.

Letzte Impfzentren machen diese Woche dicht

Noch immer ist die seit Anfang 2020 weltweit grassierende COVID-19-Pandemie nicht ausgestanden. Immerhin wurden bundesweit bislang knapp 64 % der Bevölkerung zum zweiten Mal gegen das neuartige Virus geimpft. In Sachsen beträgt der Wert rund 54 %.

Die aufgebauten Impfzentren im Freistaat befinden sich nun in ihrer Endphase: Fünf der dreizehn Standorte sind bereits geschlossen, in einem – Belgern-Schildau – ist morgen die finale Gelegenheit, sich gegen COVID-19 immunisieren zu lassen. Alle weiteren Impfzentren, darunter das in Leipzig, schließen dann am Donnerstag, dem 30. September, ihre Pforten.

Die Verabreichung der Spritzen soll in Sachsen künftig durch Haus- und Betriebsärzte, Krankenhäuser und mobile Impfteams abgedeckt werden.

Derzeit bewegt sich das Infektionsgeschehen nur in zwei sächsischen Regionen unterhalb einer 7-Tage-Inzidenz von 25, nämlich im Kreis Nordsachsen und der Stadt Chemnitz. Leipzig weist knapp 30 Neuansteckungen innerhalb von sieben Tagen auf.

Neue Schutzverordnung für Sachsen in Kraft

Seit vergangenem Donnerstag gilt für Sachsen eine neue Schutzverordnung, die mit dem 2G-Optionsmodell den Verantwortlichen von größeren Veranstaltungen und Clubbetreibern das Recht gewährt, nur noch Geimpften oder von COVID-19 Genesenen Zutritt zu erlauben. Innerhalb der Räumlichkeiten kann dann auf Masken und Sicherheitsabstand verzichtet werden. Außerdem wird bei der Entscheidung über Schutzmaßnahmen gegen das Virus auch die Zahl der Krankenhauseinweisungen stärker gewichtet, um vor allem die Gefahr einer Überlastung des Gesundheitswesens im Blick zu haben.

Worüber die LZ am Wochenende berichtet hat: In Schönefeld, einem eher stiefmütterlich behandelten Ortsteil von Leipzig, tut sich künstlerisch so einiges. Warum bekommen Geschäftskunden der Stadt Leipzig ausgerechnet Tankgutscheine?, fragt sich nicht nur unser Redakteur Ralf Julke. Die Härte, Intriganz und Unmenschlichkeit im politischen Geschäft eines Provinzparlaments schildert ein Roman, den sich Julke für uns angesehen hat.

Zudem geht es um den Bau der B2 in Markkleeberg, einem Antrag zur Medien-Kompetenz als Schulstoff und das Industriebau-Ensemble Ludwig-Erhard-Straße.

Dazu hinterfragt Ralf Julke mal wieder Problemstellen für Radlerinnen und Radler in Leipzig.

Was am Wochenende sonst noch wichtig war: Neben der Wahl des neuen Bundestages waren am Sonntag die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin zusätzlich aufgerufen, über die neue Zusammensetzung ihrer Landesparlamente zu entscheiden. Erste Prognosen sehen die SPD im Norden klar vorn, während sich die Sozialdemokraten in der Hauptstadt ein enges Rennen mit den Grünen liefern.

Und auch ein Nachbar Deutschlands hatte zur Wahl aufgerufen: Die Bevölkerung der Schweiz entschied sich mehrheitlich für die Legalisierung gleichgeschlechtlicher Ehen. Damit wird nun für Schwule und Lesben bei den Eidgenossen der Gang zum Traualtar möglich – die Schweiz ist eines der letzten Länder Westeuropas, in denen dies bislang nicht der Fall war.

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