Die Leipziger Sängerin Melanie Müller ist in Erklärungsnot, nachdem ein Video von ihr aufgetaucht ist, in dem sie den „Hitlergruß“ zeigt. Außerdem wurden im Rahmen des AfD-Spendenskandals heute mehrere Parteibüros durchsucht und Sachsens Ministerpräsident fordert eine Energiekrisenpolitik „ohne ideologische Schranken“. Die LZ fasst zusammen, was am Mittwoch, dem 28. September 2022, in Leipzig, Sachsen und darüber wichtig war.

Neues zur AfD-Spendenaffäre: Durchsuchungsaktion in der Parteizentrale

Im Rahmen der AfD-Spendenaffäre wurden heute bundesweit mehrere Parteibüros durchsucht, darunter auch die Bundesgeschäftsstelle in Berlin. Die Staatsanwaltschaft wirft der AfD einen möglichen Verstoß gegen das Parteiengesetz und Untreue vor. Konkret wird gegen den Ex-Parteichef Jörg Meuthen, der mittlerweile aus der Partei ausgetreten ist, und gegen den ehemaligen Bundesschatzmeister Klaus-Günther Fohrmann ermittelt.

Bei den Durchsuchungen ging es den Ermittler/-innen heute darum, die Kommunikation von Meuthen mit dem damaligen Vorstand nachvollziehen zu können. Dafür wurden Festplatten, Mail-Ordner und weitere Datenträger kopiert.

Anlass der Razzia sind demnach neue Hinweise, wonach die AfD verschiedene Wahlkämpfe teilweise illegal finanziert haben soll. Zudem soll die Partei in mehreren Rechenschaftsberichten, die dem Bundestag jährlich vorgelegt werden müssen, falsche Angaben gemacht haben.

Gegen Ex-AfD-Chef Meuthen, der als Abgeordneter im Europäischen Parlament sitzt, ermittelt die Berliner Staatsanwaltschaft schon seit Anfang des Jahres. Im Februar entzog das EU-Parlament Meuthen mit großer Mehrheit die Immunität, sodass gegen ihn ermittelt werden kann.

Er soll im Wahlkampf von einer Schweizer PR-Firma mit Werbeleistungen im Wert von rund 90.000 Euro unterstützt worden sein, ohne dass dieser Betrag und die Geldgeber/-innen korrekt von der AfD angegeben wurden. Die Unregelmäßigkeiten wurden vom Recherchekollektiv „Correctiv“ und vom ZDF-Magazin „Frontal 21“ an die Öffentlichkeit gebracht.

AfD spricht von gezielter Einschüchterung der Opposition

Die AfD bezeichnete die Durchsuchungen heute als „unverhältnismäßige Einschüchterungsmaßnahme“ und legt in ihrer Pressemitteilung die Existenz einer Staatsverschwörung nahe. Die AfD als „wichtigste Oppositionspartei in Deutschland“ solle vor dem Hintergrund ihrer gestiegenen Umfragewerte nun „gezielt eingeschüchtert“ werden.

„Wenn uns die Staatsanwaltschaft vorab gefragt hätte, hätten wir entsprechend geantwortet und Unterlagen zur Verfügung gestellt“, lässt sich AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla in einer Pressemitteilung zitieren. Dabei lässt Chrupalla allerdings die Tatsache außer Acht, dass der Überraschungseffekt bei derartigen Durchsuchungsaktionen Sinn und Zweck der ganzen Maßnahme ist. 2019 hatte die AfD im Zuge der Spendenaffäre dem Bundestag eine zumindest in Teilen gefälschte Spender/-innenliste vorgelegt, mutmaßlich um den Ursprung von Wahlkampfgeldern zu verschleiern.

Melanie Müller zeigt „Hitlergruß“ bei Auftritt vor rechtsextremen Hooligans

Die Leipziger Schlagersängerin und Trash-TV-Protagonistin Melanie Müller hat bei einem Auftritt auf einer privaten Feier der rechtextremen Lok-Leipzig-Hooligans „Rowdys Eastside“ den „Hitlergruß“ auf der Bühne gezeigt. Heute gelangte ein Video an die Öffentlichkeit, das die Sängerin beim mehrmaligen Zeigen des verbotenen Grußes zeigte.

Das wenige Sekunden lange Video zeigt Müller auf der Bühne. Sie stimmt den Hooligan-Slogan „Ost, Ost, Ostdeutschland“ an. Als die Menge einstimmt, nimmt sie das Mikrofon von der rechten in die linke Hand und streckt den Arm mindestens zweimal zum „Hitlergruß“ in die Höhe.

Bereits am gestrigen Dienstag ging ein Video durch die Medien, das die Sängerin offenbar bei derselben privaten „Oktoberfest“-Feier der „Rowdys Eastside“ am 17. September auf der Bühne zeigt. Vor ihr stehen zahlreiche Neonazis, die mehrmals hintereinander „Sieg Heil“ im Chor rufen, mindestens ein Mann hebt deutlich zu sehen den Arm zur verbotenen Grußgeste. Im Hintergrund ist Rockmusik zu hören, der Raum ist von einem brennenden Bengalo in rotes Licht getaucht. Als Reaktion auf die „Sieg Heil“-Rufe senkt Müller kurz lächelnd ihren Kopf, ruft dann voller Energie „Zicke Zacke, Zicke Zacke“ ins Mikrofon, worauf ihr Publikum „Heil, heil, heil“ antwortet.

„Rowdys Eastside“ seit Jahren in Sachsen aktiv

Die rechtsextreme Hooligan-Gruppe „Rowdys Eastside“ ist seit mindestens 2015 vor allem in Sachsen aktiv. Anfang 2018 stellte die Grünen-Fraktion im Landtag, nachdem ein Antifa-Blog seine Recherchen zu den „Rowdys Eastside“ veröffentlicht hatte, eine Kleine Anfrage zu den Aktivitäten der Gruppe. Sie soll in der Vergangenheit auch unter dem Namen „Bruderschaft 18“ aufgetreten sein. In der Neonazi-Szene ein Code für „Adolf Hitler“, da seine Anfangsbuchstaben jeweils den 1. und 8. Platz im Alphabet einnehmen.

Nach der Veröffentlichung gestern distanzierte sich Melanie Müller von rechtsextremem Gedankengut. „Fakt ist: In mein Publikum gehören keine Nazis“, schrieb die 34-jährige Sängerin auf ihrem Instagram-Profil. Den Auftritt am 17. September habe sie nach dem Ertönen der Naziparolen abgebrochen.

Ihr sei zum Zeitpunkt des Auftritts nicht klar gewesen, dass Videoaufnahmen gemacht wurden und „dass da die Hälfte der Lok Leipzig-Fans Hooligans waren“. Hätte sie vorab davon gewusst, hätte sie den Auftrag nicht angenommen, erklärte Müller gestern. Einen für heute geplanten Auftritt in Dresden sagte sie ab.

Müller hat private Verbindungen in die rechte Szene

Das heute veröffentlichte Video, das offenbar der „Bild“ zugespielt wurde, bringt Müller nun in Erklärungsnot, da es nicht so recht mit ihrer öffentlichen Distanzierung von Nazi-Gedankengut zusammenpasst. Müller scheint private Verbindungen in die rechte Szene zu haben. Ihr Lebenspartner Andreas Kunz trat in einem kürzlich gesendeten TV-Beitrag in „Thor Steinar“-Kleidung auf, eine Marke, die von Anhängern der rechtsextremen Szene gern getragen wird. Der sächsische Verfassungsschutz listet „Thor Steinar“ in einer Broschüre aus dem Jahr 2019 als Marke auf, „die Rechtsextremisten stark favorisieren“.

Müllers Partner Kunz soll laut Recherchen von NTV außerdem gut in der rechten Szene vernetzt sein. Das zuletzt gepostete Foto auf seinem Instagram-Profil zeigt Kunz mit „Daumen hoch“-Geste neben dem rechtspopulistischen Premier Ungarns, Viktor Orbán, aufgenommen beim Nations-League-Spiel zwischen Deutschland und Ungarn am letzten Freitag in der Red-Bull-Arena.

Die Polizei Leipzig ermittelt gegen Müller wegen des Verdachts der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

Energiekrise: Kretschmer warnt vor Abwanderung deutscher Firmen

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) forderte angesichts der steigenden Energiepreise heute einen Energiepreisdeckel und unmittelbare wirkende Entlastungen für Unternehmen und Bürger/-innen. Die Energiekrise sei die „größte Bedrohung für die Bundesrepublik Deutschland, was die Wirtschaft, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Perspektiven für unser Land angeht“, so Kretschmer in seiner Rede auf dem Ostdeutschen Energieforum heute in der Leipziger Spinnerei.

Sein Ziel sei es, dass Bund und Länder den deutschen Unternehmen für die kommenden ein bis zwei Jahre bestimmte „wettbewerbsfähige“ Strom- und Gaspreise garantieren können. Seine Vorschläge dazu: So zügig wie möglich langlebige Gasverträge mit Katar und anderen arabischen Ländern festmachen und in den kommenden zwei Jahren heimische Gasvorkommen erschließen. Außerdem solle die Bundesregierung im Bereich Strom „alles in die Waagschale werfen, was möglich ist“. Kretschmer plädierte für das Weiterbetreiben aller sechs bis vor Kurzem aktiven deutschen Atomkraftwerke.

Teilen der Bundesregierung warf Kretschmer vor, aufgrund von „ideologischen Schranken“ die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und somit den Wohlstand der Menschen zu gefährden.

„Dieses Land steht an einer gefährlichen Stelle“, warnte der sächsische Ministerpräsident. „Viele Kolleginnen und Kollegen berichten davon, dass Unternehmen in andere Staaten abwandern wollen.“ Die USA seien dabei, mit niedrigen Energiepreisen gezielt Firmen anzuwerben. Die Bundesregierung müsse gegen die drohende Abwanderung steuern.

Die Regierungschefinnen und -chefs der Länder und Teile der Bundesregierung hätten nicht das gleiche Verständnis einer Energiekrisenpolitik, so Kretschmer. Einige Mitglieder der Bundesregierung aber hätten kluge Gedanken, er nannte als Beispiel Finanzminister Christian Lindner (FDP) und den Ostbeauftragten der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD).

Heute tagte Kretschmer mit den anderen Ministerpräsident/-innen in Berlin im Rahmen einer Sonderkonferenz. Sie beraten über ein drittes Entlastungspaket. Für einen Zwischenstopp auf dem Ostdeutschen Energieforum fuhr er per Zug nach von Berlin nach Leipzig und direkt wieder zurück.

Berliner Wahlen 2021 müssen womöglich wiederholt werden

Worüber die LZ heute berichtet hat: über Forderungen der Umsetzung einer Markthalle auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz, über Leipzigs Sofortmaßnahmenplan zum Parkchaos und über den Bebauungsplan für Grundschule in der Döbelner Straße in Stötteritz

Was heute sonst noch wichtig war: Die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen 2021 müssen wahrscheinlich komplett wiederholt werden. Der Verfassungsgerichtshof Berlin gab heute im Rahmen der ersten Verhandlung eine entsprechende Einschätzung heraus. Laut Gericht sind die Wahlen teilweise chaotisch abgelaufen.

Bei den Wahlen war es zu langen Schlangen vor den Wahllokalen gekommen, teilweise gaben Menschen noch ihre Stimmen ab, als in den Medien bereits Hochrechnungen verbreitet wurden.

Was morgen passieren wird: Am morgigen Donnerstag bekommen die beiden geplanten Großforschungszentren im mitteldeutschen Revier und in der Lausitz offiziell den Zuschlag von Bund und Ländern. Die beiden Forschungskonzepte hatten sich gegen sechs andere Bewerber in der finalen Runde durchgesetzt. Die sächsische Landesregierung sieht die Forschungsprojekte als „zentrale Säulen für den gelingenden Strukturwandel in den Braunkohlerevieren“ an.

Die Großforschungszentren sollen jährlich bis zu je 170 Millionen Euro erhalten, so sollen insgesamt bis zu 3.000 neue Arbeitsplätze entstehen.

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Es gibt 2 Kommentare

Find ich Klasse von Herrn Kretschmer, er bekennt sich nach 8 oder 10 oder 12 Jahren seiner Regierungszeit zur Notwendigkeit für den Ausbau der Erneuerbaren Energien (EE). Das heist im Umkehrschluss, er hat die ganzen langen Jahre seiner Regierungszeit den Ausbau der Erneuerbaren Energien erfolgreich blockiert.
Irgendwie hat er auch noch bei seiner Blockadehaltung mit seiner “ideologischen Beschränktheit einer CDU Doktrin” übersehen, das die Wirtschaft schon lange viel zukunftsorientierter über die EE denkt und agiert, so das Wirtschaftsunternehmen ihre Standortentscheidungen vom Ausbau der EE abhängig machen, siehe jüngste Standortentscheidung für Magdeburg bzw. Sachsen-Anhalt, weil eben dort in den letzten Jahren die Windenergien ausgebaut wurden.

Zu Kretschmer und Energieforum ist doch das, was ihr da raus gesucht habt nur alter Hut. “Alles in die Waagschale werfen” ruft Kretschmer doch schon wochenlang. Aber! Es gab zwei Aussagen, die als News hervorgehoben werden dürfen und die hier aber fehlen.

Zum einen zog Kretschmer seine Aussage “Die Energiewende ist gescheitert” offiziell zurück:
https://twitter.com/DerMonologist/status/1575156064399798272

Und zum zweiten bekannte er sich zu Erneuerbaren Energien, wobei er es aber auch selbst als eine Art Neuigkeit darstellte, was nach mehr als 20 Jahren nach dem Start der Energiewende in Deutschland schon wirklich nur noch als eine Art Eingeständnis verstanden werden kann, dass bislang das Gegenteil der Fall war. Zitat: “Ich bekenne mich zu Erneuerbaren, spätestens heute, jetzt hab ich’s gesagt, kann mir niemand mehr vorwerfen.”
https://twitter.com/P4F_Leipzig/status/1575163483787710472

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