Im Deutschen Bundestag, in Leipzig und anderswo wurde heute der Opfer des Holocaust gedacht. Bereits gestern erteilte Bundestags-Vizepräsident Kubicki einen Ordnungsruf, weil ein Abgeordneter die AfD als „Nazis“ bezeichnete. Außerdem: Das Landgericht Leipzig hat nach dem Todesschuss in Schkeuditz eine lange Haftstrafe verhängt. Die LZ fasst zusammen, was am Freitag, dem 27. Januar 2023, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Was denken Sie, wenn Sie hören, dass jemand die Bundestagsfraktion der AfD als „Nazis“ bezeichnet? Denken Sie „Na klar“? Oder vielleicht „Kann man so sagen“? Oder zumindest „Naja, geht vielleicht ein bisschen zu weit“? Oder denken Sie: „Das geht ja mal gar nicht.“

Letzteres dachte sich Wolfgang Kubicki. Er dachte das nicht an einem beliebigen Ort an einem beliebigen Tag, sondern im höchsten deutschen Parlament am Tag vor dem internationalen Holocaust-Gedenktag. Als der SPD-Bundestagsabgeordnete Dietmar Nietan die Mitglieder der AfD-Fraktion nach einem Zwischenruf als „Nazis“ bezeichnete, erteilte Kubicki ihm einen Ordnungsruf. Als Nietan diesen kommentierte, folgte ein zweiter.

Konsequent Anti-Antifa

Dass der Vizepräsident des Bundestags ein Problem mit engagiertem Antifaschismus hat, ist nicht neu. Bereits vor dreieinhalb Jahren erteilte er der Linken-Politikerin Martina Renner einen Ordnungsruf, weil diese mit Antifa-Anstecker am Redepult erschienen war.

Ungeachtet dessen gedachte der Bundestag heute der Opfer des Nationalsozialismus und legte dabei einen Fokus auf jene, die wegen ihrer sexuellen Orientierung oder Identität verfolgt wurden. Der 27. Januar hat sich als internationaler Gedenktag etabliert, weil Soldaten der Roten Armee an diesem Tag vor 78 Jahren die Überlebenden des KZ Auschwitz befreien konnten. Eine ausführliche Zusammenfassung der Veranstaltung im Bundestag findet sich hier.

Traditionell gedachten auch in Leipzig zahlreiche Menschen. So nahmen am Vormittag unter anderem Mitglieder des Stadtrates und Oberbürgermeister Burkhard Jung an einer Veranstaltung am Denkmal für die Opfer des „Massakers von Abtnaundorf“ teil (im Video).

Im Laufe des Tages folgte unter anderem noch eine Gedenkveranstaltung des Vereins „Friedenszentrum Leipzig“ am Mahnmal im Leipziger Hauptbahnhof:

Am Abend vor dem Holocaust-Gedenktag demonstrierten mehrere hundert Menschen in Mecklenburg-Vorpommern, warum es immer noch nötig ist, regelmäßig an die Verbrechen der Nationalsozialisten zu erinnern. Gemeinsam mit organisierten Neonazis versammelten sich „besorgte Bürger“ in Grevesmühlen vor dem Sitzungsgebäude des Kreistages, um gegen die Unterbringung von Geflüchteten zu protestierten.

Sie beließen es jedoch nicht bei kritischen Worten und verbalen Unmutsbekundungen. Zumindest einige von ihnen versuchten, die Kreistagssitzung zu stürmen. Die Polizei war mit mehr als 100 Beamt/-innen vor Ort und sicherte die Veranstaltung. Auch wenn der Kreistag in Grevesmühlen nicht das Kapitol in Washington ist, erinnerten die Bilder doch an die Szenen in den USA vor zwei Jahren.

Zehn Jahre in den Knast

Eine wichtige Entscheidung gab es heute am Landgericht Leipzig: Der Angeklagte im Fall Jesse L. wurde wegen Mordes an seinem Bekannten sowie Raubes mit Todesfolge, unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln und illegalen Waffenbesitzes zu zehn Jahren Haft nach Jugendstrafrecht verurteilt.

Das Schwurgericht unter dem Vorsitzenden Richter Michael Dahms sah es nach rund sieben Monaten Hauptverhandlung am Landgericht als erwiesen, dass Max D. (heute 21) seinen Bekannten Jesse L. (19) am Abend des 11. Januar 2022 auf einem Feldweg nahe Schkeuditz per Kopfschuss ermordete.

Max D. habe sich an einer Sporttasche von Jesse L. mit kiloweise Marihuana- und Cannabisblüten bereichern wollen, um seine hohen Schulden abzutragen. Sowohl Täter als auch Opfer waren in Drogengeschäfte verwickelt. Der Angeklagte und seine Verteidigung hatten das Geschehen im Prozess als Unfall dargestellt. Dem folgte die Strafkammer nicht. Die LZ hat den Urteilsspruch verfolgt und ausführlicher darüber geschrieben – siehe den nächsten Link.

Worüber die LZ heute berichtet hat: noch ausführlicher über das Urteil am Landgericht,

über die bedenkliche Entwicklung des Wetters in Sachsen, die sich auch im Jahr 2022 in den Statistiken zeigt, und

über den Protest der Grünen gegen Motorboote auf den Leipziger Seen.

Was heute außerdem wichtig war: Das 49-Euro-Ticket hat offenbar endlich einen Starttermin: Ab dem 1. Mai soll man zu diesem Preis, der sich künftig aber erhöhen könnte, mit dem Regionalverkehr durch Deutschland fahren können. Zudem deutet sich bezüglich Lieferungen an die Ukraine schon die nächste Debatte an, nachdem Frankreich und die USA in Aussicht gestellt haben, nicht nur Panzer, sondern auch Kampfjets zu liefern.

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