Ab Samstag, 2. April, zeigt die Galerie Schwind in Leipzig eine Ausstellung mit etwa 45 Zeichnungen und Gouachen der Leipziger Künstler Wolfgang Mattheuer und Werner Tübke und des Hallensers Willi Sitte. Die Arbeiten stammen alle aus den jeweiligen künstlerischen Nachlässen, die die Galerie Schwind betreut.

Die Zeichnung ist bekanntlich der unmittelbarste und spontanste Ausdruck des bildnerischen Denkens und gewährt dem Betrachter nahezu ohne Distanz Einblick, nicht nur in die Arbeits- und Herangehensweise des Künstlers, sondern vor allem in die Verwandlung des Sichtbaren in die zweidimensionale Darstellung. Nicht umsonst postulierte Vasari in seinen Viten das Disegno – also die Zeichnung – als gemeinsamen Ursprung aller drei Künste, der Malerei, Bildhauerei und Architektur.

Wolfgang Mattheuer, Liebespaar, 1964, Kohle, Kreide. Foto: Galerie Schwind
Wolfgang Mattheuer, Liebespaar, 1964, Kohle, Kreide. Foto: Galerie Schwind

Das zeichnerische Oeuvre der drei ausgestellten Künstler Wolfgang Mattheuer, Willi Sitte und Werner Tübke ist dabei erstaunlich umfangreich: Es umfasst bei jedem der drei mehrere tausend Blätter, von der kleinstformatigen schnellen Skizze, über vorbereitende Studien zu den bekannten Gemälden bis hin zur vollendet ausgeführten eigenständigen Gouache. Da zumeist die Malerei der drei Künstler im Vordergrund steht, will die Ausstellung einen kleinen Einblick in die zeichnerischen Nachlässe geben, die das Gesamtwerk um wichtige Facetten bereichern.

Von Wolfgang Mattheuer werden Vorstudien zu den bekannten Motiven des stürzenden Ikarus, Sisyphos im Rad, zum Campingkönig, zum Blauen Leipzig und dem Koloss zu sehen sein. Dabei sind die Studienblätter Mattheuers, teilweise mit handschriftlichen Notizen, bisher noch nie zu sehen gewesen.

Ergänzend werden zahlreiche Landschaftszeichnungen gezeigt: spontane Natureindrücke, direkt vor Ort entstanden, Gartenstücke des geliebten Reichenbacher Refugiums, Urlaubsimpressionen von der Ostsee, die Mattheuers Sehnsucht nach Schönheit und Harmonie bezeugen, aber auch allegorische Landschaftsbilder, wenn eine Vorzeichnung zu.

Ein Baum wird gestutzt auf die sinnbildhafte Begrenzung der eigenen Welt anspielt. Bis heute fast gänzlich unbekannt sind auch ganz frühe Studien aus den 40er und 50er Jahren, die zumeist mit Feder und Tusche feingliedrige, delikate Landschaftsausschnitte zeigen und die erstmalig öffentlich ausgestellt werden.

Willi Sitte, Gefesselt, 1986, Tusche, Feder, Caparol, Foto: Galerie Schwind
Willi Sitte, Gefesselt, 1986, Tusche, Feder, Caparol, Foto: Galerie Schwind

Willi Sittes Zeichnungen sind auch Spiegel seiner Malerei – an ihnen lässt sich seine künstlerische Entwicklung vortrefflich studieren. Während die früheste Zeichnung der Ausstellung von 1945 aus Sittes oberitalienischem Exil stammt und ganz der klassischen Figurenauffassung gewidmet ist, zeigt sich in den Zeichnungen ab den 1950er Jahren Sittes große Bewunderung für Pablo Picasso.

Hatte Sitte doch nie Kunst studiert, war er ein begnadeter Zeichner, der nach seiner Übersiedlung nach Halle 1951 hungrig nach Vorbildern war. Jahrelang zeichnete er uneingeschränkt offen nach Picasso, bis sich zum Ende des Jahrzehnts seine eigene Formsprache herausbildete.

In der Ausstellung bezeugen frühe Zeichnungen von Arbeitern, Turmspringerinnen und sich Entkleidenden diesen Stil der Übergangsphase. Schließlich entstehen ab den 60er Jahren nur noch großformatige Zeichnungen, die der drängenden Körperlichkeit der Darstellung entsprechen. Zunehmend vervielfältigt Sitte die Figuren auf seinen Arbeiten und es entsteht dieser typische, kraftvoll-dynamische Eindruck von Bewegung und Gleichzeitigkeit.

Eröffnet wird die Ausstellung „Wolfgang Mattheuer, Willi Sitte, Werner Tübke. Arbeiten auf Papier“ in der Galerie Schwind Leipzig (Springerstraße 5) am Samstag, 2. April, um 15 Uhr.

Ausstellungsdauer: 2. April bis 10. Mai 2022

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