Am 26. November fand im Werk 2 im Süden der Stadt die erste Leipziger Kulturmesse leku. statt. In den Hallen 5 und A stellten sich einen ganzen Tag lang unterschiedlichste kulturelle Projekte und Initiativen aus Leipzig vor. Die Messe bot Raum zum „über den Tellerrand schauen“, zur Vernetzung und auch zum Mitmachen.

Organisiert hat die leku. ein Team von Leipziger/-innen, die sich zum großen Teil über die vak., die Initiative Leipziger Kollektive, kennen. Wir haben Gwendolyn Mai (30) und Michael Ziegenhorn (26) von vak. Getroffen, mit ihnen ein Fazit der ersten leku. gezogen sowie über die Möglichkeiten und Schwierigkeiten für Kulturschaffende in Leipzig gesprochen. 

Die leku. ist vorbei – wie war’s?  

MZ: Wir sind sehr glücklich damit, wie es gelaufen ist. Wir haben viel positives Feedback bekommen. Was uns besonders freut: Durch die Messe konnten schon jetzt einige neue Projekte entstehen beziehungsweise ihren Ursprung finden. Manche Problemlagen, die in manchen Projekten herrschten, konnten gelöst werden. 
Insgesamt haben etwa 1000 Personen die Messe besucht, was ein toller Erfolg ist.

Das Publikum war gut durchmischt: Es waren viele Familien da mit Kindern, ältere Menschen genauso wie jüngere. Personen, die aus der Kulturbranche kommen und solche, die in diesem Bereich sonst weniger aktiv sind. Wir freuen uns, dass wir einen niedrigschwelligen Zugang bieten konnten – auch deshalb, weil der Eintritt komplett auf Spenden basierte. Auch für die Akteur/-innen war das positiv.  

Mehrere Personen im Gespräch
Das Team der leku. beim Orga-Treff. Foto: privat

GM: Durch diese Durchmischung hat sich eine interessante und entspannte Atmosphäre ergeben. Das hat sich angenehm vom Morgen in den Nachmittag hinein entwickelt. Auch das Vernetzungscafé auf der Bühne wurde super angenommen. Es ist genau das passiert, was wir uns erhofft hatten: dass die Menschen bei Kaffee ins Gespräch kommen, sich austauschen über ihre Projekte und miteinander ins Gespräch kommen. 

MZ: Auch die Podiumsdiskussion, die in Kooperation mit KREATIVES SACHSEN stattfand, war sehr gut besucht. Hier wurde die Frage besprochen, wie sich Kollektive in der Kreativ- und Kulturwirtschaft organisieren können. Zwischenzeitlich war es sogar so voll, dass keine Menschen mehr in die Halle eingelassen werden konnten.  

Es zeigt, dass viel Interesse besteht, sich untereinander zu vernetzen und gemeinsame Projekte zu initiieren. Das war genau unser Ansatz. 

Ist das eurer Meinung nach der Tenor in der Leipziger Kulturszene? Dass man auf Zusammenarbeit setzt? 

GM: Für mich ist das auf jeden Fall vermehrt zu beobachten, nicht erst seit der Pandemie. Und es reißt auch nicht ab. Es gibt ganz viele neue Akteur/-innen und Kollektive, die sich bilden und die ein großes Interesse daran haben, zusammenzuarbeiten. Ich denke, das ist in Leipzig und Sachsen absolut gewünscht und auch notwendig. Wir als Szene haben verschiedene Forderungen, die gehört werden sollen. Und dafür braucht es eine Gemeinschaft, die diese vermitteln kann. 

MZ: Was auch in Bezug auf die Messe für viele Personen interessant war, dass wir keine „Sparten“ bedient haben. Die Menschen, die sich als Akteur/-innen bei uns beworben haben, waren generell daran interessiert, zu sehen, was in Leipzig außerhalb ihres eigenen Bereichs passiert.

Dadurch, dass wir eine Bandbreite aufgemacht haben – von Körperkultur über Handwerk, Theater, Literatur bis zur Frage nach kultureller Teilhabe – hatten die Besucher/-innen, aber auch die Teilnehmenden die Gelegenheit, über den Tellerrand hinauszuschauen, was alles möglich ist. Und dadurch vielleicht neue Projekte in eine zuvor nicht bedachte Richtung anzustoßen.  

Viele Projekte sind im Vorhinein von sich aus auf uns zugekommen. Das heißt, es bestand von Anfang an die Lust und Motivation zur Vernetzung und Darstellung. 

Titelblatt der Dezember der LEIPZIGER ZEITUNG, LZ 109.
Titelblatt der Dezember der LEIPZIGER ZEITUNG, LZ 109. Foto: LZ

Wie bewertet ihr die hiesigen Möglichkeiten der Entfaltung für Kultur?  

GM: Hier in Leipzig ist das sehr wohlwollend. In Berlin habe ich auch andere Erfahrungen gemacht. Dort sind die Menschen teilweise auch gesättigter. Hier gibt es mehr Raum zum Gestalten und es ist auch gewollt, dass das passiert. 

MZ: Die Wege zu Personen in Verantwortungspositionen in der Stadt sind in Leipzig auch kürzer, im Gegensatz zu Berlin beispielsweise. Wir haben auch für die Messe viel mit Nils Fischer, dem Beauftragten für Nachtkultur, zusammengearbeitet oder Claudia Wagner vom Kulturamt, die uns sehr offen und wohlwollend unterstützt hat.

Es ist eine sehr menschliche Ebene. Auch im Amt für Stadtgrün und Gewässer, das maßgeblich an der Erarbeitung des Freiflächenkonzepts beteiligt war, steht man der Kulturszene sehr offen gegenüber.  

Da Leipzig nicht so eine Riesenstadt ist, ist es leichter, Kontakte zu knüpfen und zu halten. Hier gibt es ja auch viele Organisationen und Initiativen, die Projekten Starthilfe und Unterstützung liefern, wie zum Beispiel Kreatives Leipzig, Leipzig plus Kultur, KREATIVES SACHSEN etc. Ich denke, es ist ein wohlwollendes Pflaster hier. Aber auch in Leipzig werden die Räume für Kultur weniger. Aber auch in der Politik weiß man, dass genau diese Kultur die Stadt für viele Menschen kreativ macht.  

Leipzig versucht schon, einen Sonderweg zu gehen und setzt viel auf Kooperation. Natürlich gibt es immer Stellschrauben, an welchen noch gedreht werden kann. Wenn ich mich aber in anderen Städten umhöre, weiß ich, dass Kultur hier in der Stadt gut unterstützt wird. Dass zum Beispiel Clubs als Kulturstätten anerkannt werden, ist ein großes Zugeständnis. 

Nach welchen Kriterien, falls es welche im Vorfeld gab, habt ihr die Projekte und Akteur/-innen ausgewählt? Schließlich war die übergeordnete Frage der leku. ja: Ist Kultur gleich Kultur? 

MZ: Wir haben uns ab September zweimal wöchentlich als Team von fünf Personen zusammengesetzt. Zunächst haben wir uns überlegt, wo unsere Interessen, aber auch unsere Kontakte liegen. Bereiche wie beispielsweise Bildende Kunst und Film haben wir an andere Personen übertragen, einfach, weil wir uns in diesen Sparten zu wenig auskannten.  

Es ging ja vor allem darum, den Kulturbereich so breitgefächert wie möglich darzustellen, um den Begriff „Kultur“ und was jede/-r damit verbindet, auch ein Stück weit infrage zu stellen. Der Ansatz war wohl schlicht gesagt: „Wir machen das jetzt einfach und schauen, ob und wie das funktioniert.“ Bei der Auswahl sind wir sehr nach unserem Gefühl gegangen und danach, wer Lust auf die Messe hatte. 

GM: Es gibt außerdem viele Sparten, die selten die Möglichkeiten haben, sich auf einer Messe zu präsentieren, weil damit auch hohe Standgebühren verbunden sind. Auch danach haben wir den Fokus zum Teil gelegt: Wem können wir den Zugang zu dieser Darstellungsmöglichkeit eröffnen? Das wurde dankbar angenommen. 

Und wie kam es eigentlich zu der Idee einer Leipziger Kulturmesse? 

MZ: Im Prinzip hat Katrin Gruel vom Werk 2 ein wenig den Anstoß gegeben. Sie hat mich während eines Anrufs auf diese Förderung hingewiesen. Das war an einem Freitag. Ideen zu einer Kulturmesse haben wir im vak auch vorher schon einmal gesponnen.

Und so haben wir am Sonntag, knapp vor Einreichschluss, den Antrag abgegeben. Danach passierte erstmal lange nichts und nachdem wir den Förderbescheid erhalten hatten, wussten wir: Es wird eine leku. geben, jetzt müssen wir unsere Idee auch umsetzen.  

Es ist nicht gerade ein Kinderspiel, eine Messe zu organisieren. Jetzt habt ihr es einmal erlebt – hat’s sehr wehgetan? 

MZ: Es war viel auf jeden Fall. Wir alle haben das ehrenamtlich gemacht, darauf muss man Lust haben. Für ein nächstes Mal würden auf jeden Fall mehr Personen im Team gebraucht. Natürlich – es hat alles wirklich gut funktioniert, aber manche Bereiche könnten vielleicht noch besser bedient werden. Wir alle haben vorher nie derartige Großveranstaltungen organisiert. Dafür hat es wirklich gut funktioniert. 

GM: Ich fand vor allem interessant, zu sehen, wie sich die Stimmung im Team entwickelte. Wir sind alle befreundet und daran hat sich glücklicherweise auch nach der Messe nichts geändert.  

MZ: Klar gab es vorher auch ein wenig Angst und die Frage „Funktioniert das jetzt wirklich?“ Zum einen wollten wir Kulturschaffende ansprechen und zum anderen die Kultur-„Konsumierenden“ einbeziehen. Das zusammenzubringen und für alle Gruppen etwas Interessantes zu erschaffen, war der Knackpunkt.  

GM: Vor allem war alles auch recht kurzfristig. Wir hatten einfach Glück, dass das Werk 2 und das Mjut für die Aftershowparty an diesem Tag und Abend noch frei waren.  

Wird es auch im nächsten Jahr eine leku. geben? 

GM: Natürlich haben wir den Wunsch, die Messe wieder zu veranstalten. Vor allem, weil auch genau aufgegangen ist, was unser Wunsch war. Das Format ist gut angekommen und die Menschen, zumindest diejenigen, die wir gefragt haben, haben auch Lust darauf, wieder mitzumachen.  

Es hängt eher an der Frage der Finanzierung. Wahrscheinlich wird es schwierig sein, diese Förderung noch einmal zu bekommen bzw. ist nicht klar, ob es diese Förderung, die recht explizit auf Veranstaltungsformate wie unseres ausgelegt war, wieder geben wird. Klar, es gibt auch andere Fördertöpfe, es bedarf einfach viel Arbeit, sich da „reinzuknien“.  

MZ: Das Hauptproblem ist, dass wir keine Eigenmittel haben. Die leku. wurde vollständig durch die Mittel des Programms „Kulturland 2022“ der Sächsischen Kulturstiftung. Der Punkt ist, dass solche Förderer ab einem Punkt auch eine gewisse Wirtschaftlichkeit der Projekte sehen wollen. Das allerdings geht ein wenig gegen unseren Ansatz. Wir wollen ja eben Akteur/-innen eine Chance bieten, die nicht die Möglichkeit haben, hunderte Euros für einen Stand zu bezahlen.

Würden wir keine Fördermittel bekommen, müsste auch der Eintritt erheblich höher, vielleicht bei 15 bis 20 Euro, liegen. Genau das wollen wir nicht. Die Förderpolitik ist leider nicht sehr ergebnisoffen. Sodass man immer nachweisen muss, welche Ergebnisse ein Projekt geliefert hat bzw. welche „Gewinne“. Gerade bei der leku. ist das schwierig. Das können wir vielleicht in einem halben Jahr auswerten, wenn wir verfolgen können, was die Vernetzung der verschiedenen Akteur/-innen bewirkt hat. 

Dennoch muss ich sagen, dass hier (in Sachsen) viel ermöglicht wird für einen relativ geringen Aufwand. Die Beantragung für die Mittel des „Kulturland 2022“-Programms war niedrigschwellig gehalten, sodass auch Menschen wie wir, die so etwas vorher noch nicht gemacht haben, keine Probleme damit hatten.  

GM: Noch einmal zur nächsten leku: Ich denke, das nächste Mal würden wir das Ganze gern noch größer aufziehen. Beispielsweise könnte man, zeitiger im Jahr als November, auch noch den Außenbereich nutzen oder mit größeren Räumlichkeiten noch mehr Akteur/-innen einladen. Mit ein bisschen Glück finden wir unseren Weg dahin.  

„Kooperation statt Alleingang: Die Leipziger Kulturmesse leku. im Fokus“ erschien erstmals am 16. Dezember 2022 in der aktuellen Printausgabe der Leipziger Zeitung (LZ). Unsere Nummer 109 der LZ finden Sie neben Großmärkten und Presseshops unter anderem bei diesen Szenehändlern.

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